Sexismus ist im Fußball (leider) immer wieder Thema - immer mehr Fans machen sich jedoch auch dagegen stark.
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Von sozialpädagogischen Maßnahmen und Kerem Demirbay's „Emotionen“

Fortuna Düsseldorf gewann am 29.November  mit 2:1 beim FSV Frankfurt, dabei erzielte Kerem Demirbay zwei Treffer und flog mit einer gelb-roten Karte vom Platz. Für die Fans der Fortuna war es kurz danach einer der schöneren Spieltage. Im Nachhinein ist davon jedoch wenig zu spüren, denn die Schlagzeilen bezüglich der sexistischen Äußerungen von Kerem Demirbay gegen Bibiana Steinhaus standen deutlich im Vordergrund.

von Robin Dullinge

„Frauen haben im Fußball nichts verloren“

Es war die 85. Spielminute, ein Foulspiel an Düsseldorf's Sararer leitet die Szene ein. Es bildet sich ein Tumult, wie so oft im Männerfußball, Bibiana Steinhaus wartet auf die Auflösung und zeigt Demirbay die gelb-rote Karte. Er beleidigte die Schiedsrichterin sexistisch als er zu ihr sagte, dass Frauen im Fußball nichts verloren haben. In den folgenden Tagen berichteten diverse Medien über den Vorfall, die Kommentarspalten füllten sich, Demirbay entschuldigte sich telefonisch bei Bibiana Steinhaus und öffentlich:

„Mir tut es extrem leid, was ich zu Frau Steinhaus gesagt habe. Diesen Satz hätte ich niemals sagen dürfen, denn es entspricht auch nicht meinem Frauenbild. Ich war am Sonntag sehr emotional, weil das Spiel super wichtig für uns als Mannschaft war. Ich habe überreagiert und hatte meine Emotionen in diesem Kampfspiel einfach nicht im Griff.[...]“

Eine Entschuldigung war notwendig, angebracht und wird für den Spieler im Nachhinein vor dem Sportgericht von Vorteil sein. Die Frage ob es tatsächlich nicht seinem „Frauenbild“ entspricht, ist weiterhin unbeantwortet. Allzu oft werden Diskriminierungen im Fußballkontext mit emotionalen Ausbrüchen gerechtfertigt oder entschuldigt. Dabei gibt es keine Ausnahmen, ob es nun Spieler_innen sind wie Demirbay, die ihrem Sexismus freien Lauf lassen und Fußball als harten, männlichen Sport verstehen, Fans in der Kurve, die sich über „schwule“ Pässe beklagen, Trainer wie Torsten Ziegner, der zuletzt einen Babelsberger Spieler als „Scheiß Türken“ bezeichnete oder gar ganze Vereinsvorstände wie der des FSV Zwickau, die solche Äußerungen relativieren und verharmlosen.

Es ist bezeichnend, dass sich Demirbay in seiner Entschuldigung vor allem auf das Spiel bezieht. „Sehr emotional“, „weil das Spiel super wichtig für uns als Mannschaft war“, „Ich habe  überreagiert“, „hatte meine Emotionen in diesem Kampfspiel einfach nicht im Griff“. Würde er tatsächlich seine Äußerung und das offensichtlich sexistische Weltbild hinterfragen und reflektieren, so hätte er dies nicht noch versucht mit vermeintlichen „Emotionen“ zu rechtfertigen.

Sozialpädagogen, die keine sind

Der aktuelle Vorstandsvorsitzende Paul Jäger, der gelernter Diplom-Kaufmann ist, versuchte sich zudem als Sozialpädagoge als er verlauten ließ:

„Es wäre doch eine gute Sache, wenn Kerem sein wirkliches Frauenbild noch einmal dadurch unterstreicht, dass er bei einem Mädchenfußballspiel als Schiedsrichter auf den Platz geht.“

Wahrscheinlich hatte Jäger gute Absichten bei dem Gedanken, doch die sozialpädagogische Maßnahme ist so diskriminierend wie die Aussage des Spielers. In der Öffentlichkeit wird in weiten Teilen von einer „kreativen Strafe“ gesprochen. Im Vorhinein wird es wahrscheinlich keine Anfrage an eine Frauen- oder Mädchenmannschaft diesbezüglich gegeben haben, bleibt also noch die Frage ob diese das überhaupt möchten. Weiterhin ist die Wahrnehmung der Öffentlichkeit als Strafe umso fataler, verdeutlicht es das Sexismus im Fußball ein gravierendes Problem ist und Frauen in diesem Sport offenbar als „Ausnahme“ gelten. Paul Jäger dürfte in diesem Zusammenhang spätestens aufgefallen sein, dass die Fortuna selbst keine Fußballabteilung für Frauen hat, was für einen Profifußballverein in einer vermeintlichen Sportstadt wie Düsseldorf ein Armutszeugnis ist.

Festzustellen ist, dass es bei der Fortuna dringenden Handlungsbedarf beim Thema Sexismus gibt, denn auch die Kommentare innerhalb der Fangemeinde offenbaren, dass diskriminierende Äußerungen verharmlost und relativiert werden und das meistens von Männern.

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