Für manche Fußballfans gehören rassistische Beschimpfungen schwarzer Spieler oder antisemitische Gesänge fast schon zur alltäglichen "Folklore" im Stadion, der kaum mehr als achselzuckend begegnet wird. Damit soll bei der EM 2012 nun Schluss sein: Erstmals werden Aktivist*innen des FARE-Netzwerks im Auftrag der UEFA bei allen Spielen im Stadion sein, um rassistische und diskriminierende Kommentare und Vorfälle zu beobachten und festzuhalten. Ein erstes Ergebnis hat die Zusammenarbeit schon gebracht: Gegen den russischen Fußballverband wurde wegen des Verhaltens russischer Fans ein Disziplinarverfahren eröffnet.
Von Simone Rafael
Seit zehn Jahren setzten sich Aktivisten und Aktivistinnen gegen Rassismus in Fußballstadien dafür ein - nun gibt es zur Europameisterschaft 2012 in der Ukraine erstmals eine Kooperation zwischen der Europäischen Fußball-Union (UEFA) und dem internationalen Netzwerke FARE (Football against Racism in Europe), um Rassismus in der Fankurve und auf dem Platz bei einer Fußball-Europameisterschaft besser zu dokumentieren und zu bearbeiten. 30 Männer und Frauen aus allen an der EM beteiligten Ländern nehmen als Beobachter und Beobac hterinnen an den Spielen teil - mindestens zwei pro Spiel. Sie sollen rassistische, rechtsextreme und sonstige diskriminierende Vorfälle festhalten, damit die UEFA sich dann einen Umgang damit überlegen kann.
Außerdem gibt es eine Hotline, bei der Fans rassistische und diskriminerende Vorfälle melden können.
Aus Polen: Tel. 0 800 20 12 12
Aus der Ukraine: Tel. +48 503 628 665
Oder online hier: www.footballunites.net/reporting-discrimination/
Erstes Ergebnis
Ein erstes Ergebnis dieser Zusammenarbeit gibt es bereits: Gegen den russischen Fußballverband wird ein Disziplinarverfahren eröffnet. FARE-Mitarbeiter berichteten von rassistischem Verhalten und rechtsextremen russischen Fahnen unter den Fans der russischen Mannschaft beim Spiel Russland gegen Tschechien am 09.06.2012 in Breslau. So ist der tschechische Abwehrspieler Theodor Gebre Selassie, der aus Äthiopien stammt, von russischen Fans beleidigt worden. Die UEFA hat deshalb ein Disziplinarverfahren gegen den nationalen russischen Fußballverband eröffnet.
Wie geht es weiter?
UEFA-Präsident Michel Platini hat die Schiedsrichter der EM angewiesen, Spiele bei rassistischen Vorfällen zu unterbrechen oder sie schlimmstenfalls gar abzubrechen. Dafür müssen die Schiedsrichter diese aber zunächst einmal mitbekommen. Wichtig ist also auch ein Bewusstsein der Spieler, wie es der niederländische Kapitän Mark von Bommel nach einem rassistischen Vorfall im Training in Krakau ankündigte: Wenn so etwas während des Turniers passiere, "werden wir sofort zum Schiedsrichter gehen und ihn bitten, einzuschreiten."
Rassistische und diskriminierende Vorfälle der EM 2012, die bereits berichtet worden sind
- 06.06.2012: Affenlaute beim Training der niederländischen Mannschaft in Krakau (Welt online)
- 09.06.2012: Russische Fans beleidigen den tschechischen Abwehrspieler Theodor Gebre Selassie mit Affenlauten und zeigen rechtsextreme Fahnen (rp-online)
- 10.06.2012: Spanische Fans machen Affenlaute, um den italienischen Spieler Mario Balotelli zu beleidigen (dailymail)
- 12.06.2012: Der italienische Stürmer Antonio Cassano sagt auf einer Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Kroatien: "Ich hoffe, dass keine Schwulen in der Mannschaft sind".
- 12.06.2012: Rechtsextreme Hooligans aus Russland und Polen schlagen sich in Warschau (faz)
- 14.06.2012: Kroatische Fans machen Affenlaute, um den italienischen Spieler Mario Balotelli zu beleidigen, und werfen Bananen auf das Spielfeld (Spiegel online).
- 17.06.2012: Während des EM-Spiels Deutschland : Dänemark posten Unbekannte über ein falsches Twitter-Profil 3.000 rassistische Einträge gegen den deutschen Nationalspieler Mesut Özil. Bundesinnenminister Friedrich (CSU) verurteilt dies und äußert überdies sein Unbehagen angesichts von "Sieg!"-Massensprechchören in polnischen und ukrainischen Fußballstadien (ngn).
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