Großraum Karlsruhe: Hier sollte ein rechtsextremes Fußballturnier stattfinden.
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"Hakenkreuz Cup" - Fußballturniere zur "Vernetzung der nationalen Kräfte"

120 Neonazis versammelten sich Anfang Juli 2012 auf einem Bolzplatz im Raum Karlsruhe, um ein Fußball-Turnier abzuhalten. Doch die Stadt entzog den Rechtsextremisten die Nutzungsgenehmigung für den Sportplatz und verhinderte so den "Svastika-Cup" erstmalig. Ein Blick auf die Geschichte dieses Turniers zeigt exemplarisch die Funktion und die Bedeutung solcher Veranstaltungen für die rechtsextreme Szene.

Von Joachim Wolf

"Heimatschutz Donnersberg", "Division Duisburg", "NS Raststatt"- das sind nur einige Mannschaften, die bisher am "SV Astika Cup" (lies: "Hakenkreuz Cup") teilgenommen haben. Neben der offenen Spielerei mit NS-Symbolen im Turnier-Namen sagt aber bereits diese Auswahl an Teilnehmern einiges über den Charakter der Veranstaltung aus: Der "Heimatschutz Donnersberg" stand im Dezember 2011 wegen zwei Angriffen auf Döner-Imbisse in der Pfalz im Fokus staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Eine Hooligan-Gruppe mit dem Namen "Division Duisburg" soll im Februar 2012 nach einem Spiel des FC St. Pauli gegen den MSV an einem Angriff auf Fans des Hamburger Vereins beteiligt gewesen sein. Und die "Nationalen Sozialisten Rastatt" gehörten laut Verfassungsschutz zu den aktivsten Nazi-Kameradschaften in Baden-Württemberg. 2010 und 2011 traten sie als Veranstalter von mehreren neonazistischen Konzerten in der Region auf.

Vernetzung: Zusammenarbeit zwischen NPD und militanten Neonazis

Die baden-württembergische NPD hat dabei keinerlei Berührungsängste mit derart militanten Neonazis – und auch am Namen des Fußballturniers stört sie sich offenbar nicht. In einer im Internet veröffentlichten Stellungnahme zum "Cup" verteidigt ein Autor im Namen der NPD Karlsruher Land vielmehr die Teilnahme seiner Partei an dem rechtsextremen Turnier. Mehr noch: Er erklärt dort die "uneingeschränkte Solidarität" mit dem Veranstalter des Turniers - schließlich habe das "Karlsruher Netzwerk" die rechtsextreme Partei beim Wahlkampf unterstützt. Fußballturniere würden somit "ein vorbildliches Engagement zur Vernetzung der nationalen Kräfte" darstellen, schreibt der Neonazi weiter.

Dass Fußballturniere in der Tat der Vernetzung der rechtsextremen Szene dienen, zeigen die Teilnehmerlisten solcher Fußballturniere – dort finden sich neben regionalen rechtsextremen Gruppierungen und Parteien oftmals auch die Namen von neonazistischen Strukturen aus dem gesamten Bundesgebiet. Aber auch Rechtsextremisten aus dem Ausland nahmen anscheinend schon am "SV Astika Cup" teil. Jedenfalls schreibt ein Aktivist (in sehr schlechtem Englisch) am Ende eines Berichts über das Turnier: "Special thanks to at the comrades from Italy, Spain and the Alsace. Thank you very much that its the far would travel taken has on you. We are happy on a meet again in the next year."

Rechtsextreme Erlebniswelt : "Stürmer" im "19/8"-Trikot

Die  "Sportvereinigung Astika" selbst nahm aber offenbar auch an Fußballturnieren anderer rechtsextremer Gruppen teil – so Ende Juli 2012 am vom "Freien Netz Jena" und der "Hausgemeinschaft zum Löwen" in der Gemeinde Kahla veranstalteten "Löwen Pokal". Teilnehmer an diesem Turnier waren außerdem unter anderem: das "Krampfader-Geschwader", die "Jugend der ewigen Nation (Ju.d.e.N.)", der "1. FC KAHLAschnikow" und "Die Stürmer" – der letztgenannte Name ist als eine Anspielung auf die antisemitische NS-Hetzzeitung "Der Stürmer" zu verstehen.

"Der Kreativität der einzelnen Mannschaften war keine Grenzen gesetzt. Selbstbedruckte oder -bemalte Trikots und manch verrückte, aber lustige Namenswahl machten den Tag noch schöner, als er sowieso schon war", heißt es in einem Bericht über den "Löwen-Pokal" auf einer rechtsextremen Seite dazu. Wie "kreativ" die Neonazis nicht nur bei der Namengebung, sondern auch bei der Trikot-Gestaltung waren, zeigt ein Bild auf der Website der NPD Weimar: Dort ist ein Spieler mit der Rückennummer "19/8" zu sehen – diese Zahlenkombination steht dem rechtsextremen Zahlencodes entsprechend für "Sieg Heil".

Nazi-Fußball und Nazi-Musik

Dass Fußballturniere also ebenso zur Erlebniswelt rechtsextremer Jugendlicher gehören wie beispielsweise Musik, zeigt das Ende eines Berichtes über den "SV Astika Cup" auf einer rechtsextremen Website: "Als wir am späten Abend dann zur Heimreise ins Auto stiegen, waren wir gekennzeichnet von Schmerz und Erschöpfung. Ich startete das Auto und aus dem Radio hallte "Stärke Körper und Geist" von Hassgesang. Welche Ironie. Wir konnten uns kaum noch bewegen, haben unsere Grenzen schmerzhaft aufgezeigt bekommen und hörten dabei Musik, in der davon gesungen wird Körper und Geist ausreichend zu stählen."

Bei "Hassgesang" handelt es sich um eine Rechtsrock-Band aus Brandenburg, deren beiden ersten Alben in Deutschland gleich auf dem Index landeten, weil sie offen rassistisch und volksverhetzend waren. Doch noch vier weitere Alben von der Band wurden in Deutschland veröffentlicht, ohne auf dem Index zu landen, da die Songtexte deutlich abgeschwächt wurden. Der Refrain des im Bericht erwähnten Songs lautet übrigens: "Stärke Körper und Geist für die nächste Schlacht/Sie haben dich besiegt, aber nicht umgebracht/Es macht dich härter und du weißt es einmal mehr/Du musst stärker sein als sie: Setz dich zur Wehr."

Kritik aus den eigenen Reihen: "Nationaler Widerstand auf RTL2-Niveau"

Der "SV Astika Cup" scheint in der rechtsextremen Szene allerdings nicht unumstritten gewesen zu sein. Zum einen wegen der Teilnahme der NPD an diesem Turnier. Zum anderen aufgrund seines Namens.

So wurde die Zusammenarbeit der rechtsextremen Partei mit militanten Neonazis anscheinend in einem Beitrag auf der Seite "DeutschlandEcho" kritisiert. Als Konsequenz fordert der Autor ein "hartes Vorgehen gegen sektierische Ghetto-Schwachmaten". Da die Seite "DeutschlandEcho" vor kurzem gehackt wurde, ist dieser Beitrag nicht mehr verfügbar. Der oben zitierte Text des Vertreters der NPD Karlsruher Land ist aber eine Reaktion auf den Artikel auf dieser Seite.

Ein anderer Neonazi stört sich auf der rechtsextremen Website altermedia am Namen des Fußballturniers: Er kritisiert, dass die Veranstalter "wie der BRD-Pöbel" vom "Cup" sprechen und nicht vom "Pokal"!" Für ihn ist das "Nationaler Widerstand auf dem kulturell-geistigen Niveau von RTL2." Außerdem schreibt er: "Wer so unreif ist, dass er dem System auch noch aus pubertärer Lust an der Provokation infantile Steilvorlagen liefert, darf sich nicht wundern wenn er die Rote Karte kriegt".

Hass auf den Staat: "Von Judasrael gesteuerte Staatssimulation"

Kurz nachdem die Behörden den "SV Astika Cup" verhindert hatten, kam es zu einer Spontandemo der Neonazis vor Ort mit insgesamt 50 Teilnehmern. Auf ihrer Website versuchten sich die Veranstalter vom "Karlsruher Netzwerk" dann außerdem in so etwas wie einer Hetzkampagne gegen den Bürgermeister der Gemeinde. Und auch in den Kommentarspalten des Internets ist die Wut über das Eingreifen der Behörden groß. So nennt ein Nutzer auf altermedia gleich die gesamte Bundesrepublik "eine real existierende, Menschenverachtende, Judasrael gesteuerte Staatssimulation!".

Alle diese Reaktionen sind dabei durchaus typisch für die rechtsextreme Szene: Sie zeigen nicht nur den offenen Antisemitismus der Neonazis und deren Hass auf den Staat, sondern spiegeln auch die Diskussion der Rechtsextremisten über Strategien und Auftreten wider. So wird das provokative Auftreten von Teilen der Kameradschaftsszene und die Verwendung von englischen Begriffen durch die "Autonomen Nationalisten" von Teilen der rechtsextremen Szene kritisiert. Sie zeigen aber auch, wie wichtig der Szene solche Turniere sind. Und dass die Verhinderung eines solchen Turniers durchaus einen Nerv der Szene getroffen hat.

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