Fußball wird nicht nur vom DFB gerne als großer Integrationsmotor dargestellt. Beim Sport können verschiedene Nationalitäten und Kulturen zusammenkommen, sich gegenseitig besser kennenlernen. Der Fußball kann daher ein lohnendes Mittel sein, um den Flüchtlingen in Deutschland zu zeigen, dass sie willkommen sind und ihren Alltag zu bereichern. Die psychologischen und finanziellen Hemmschwellen ermöglichen es diesem Personenkreis jedoch kaum, aus Eigeninitiative sportlich aktiv zu werden. Viele Vereine im Land haben dies erkannt und integrieren die Flüchtlinge mit unterschiedlichen Projekten in ihre Strukturen. Die folgenden Beispiele sollen einen kleinen Überblick über Möglichkeiten des Engagements vor Ort bieten.
von Marc Latsch
Champions ohne Grenzen
Gelebten Zusammenhalt gibt es seit nunmehr zwei Jahren beim Training der „Champions ohne Grenzen“. Jeden Mittwochabend trainiert das Freizeitteam im Stadion an der Wrangelritze in Berlin-Kreuzberg. Es besteht aus Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind und nun in Wohnunterkünften in Berlin und Brandenburg warten - auf die Bearbeitung ihres Asylantrags, einen sicheren Aufenthaltsstatus und das Recht zu arbeiten, lernen, studieren und sich frei bewegen zu dürfen. Einen Ausweg aus dieser Isolation bietet das Kooperationsprojekt von FSV Hansa 07 Berlin, der Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und MigrantInnen und „…weil Fussball verbindet! e.V.“ Doch es blieb nicht nur bei einem offenen und kostenlosen Trainingsangebot, es folgten zahlreiche Turniere und Freundschaftsspiele, Kontakte zu anderen Refugee-Teams entstanden.
Ein Gambier für Heumaden
Auch fernab der Hauptstadt bietet der Fußball Anlass zur Annäherung zwischen Flüchtlingen und Einheimischen. Beim TSV Heumaden in einem Außenbezirk Stuttgarts begann dies zunächst mit der Suche der „Free Boarders“ nach einem geeigneten Untergrund für ihre fußballerischen Aktivitäten. Durch die Vermittlung der Hausleitung gelangten die Fußballspieler der Flüchtlingsunterkunft schließlich in Kontakt mit dem ortsansässigen Heumadener Verein. Trotz anfänglicher Bedenken des Platzwarts stellte der Verein den Gästen seine Spielstätte zum Training zur Verfügung. Dies war aber erst der Anfang einer schrittweisen Annäherung, denn mit dem Gambier Abdullay Ceesay spielt bereits der erste der „Free Boarders“ auch ganz offiziell für den TSV Heumaden, weitere seiner ehemaligen Mannschaftkollegen könnten bald schon folgen (weitere Informationen bei der Stuttgarter Zeitung).
Fußballturniere mit Flüchtlingen
Dynamo Windrad, eine Freizeitmannschaft aus Kassel, engagiert sich bereits seit Jahren mit einer „Bolz-WM“ gegen Diskriminierung und Rassismus im Fußball. Insbesondere kümmern sich die Hobbykicker um die Belange der in Kassel und Region ansässigen Flüchtlinge. Bereits im vergangenen Herbst organisierte der Club einen integrativen Sport- und Kennenlerntag für die BewohnerInnen der Flüchtlingsheime. In diesem Jahr stand dann die „Bolz-WM“ ganz im Zeichen der Flüchtlinge, die mit ihren Mannschaften zum Turnier eingeladen wurden. Diesem Ansatz folgend organisierte auch das Internationale Kultur- und Wohnprojekt aus Greifswald ein antirassistisches Fußballturnier. Unter dem Motto „Kick it like K. P. Boateng“ trafen Flüchtlinge auf junge Menschen aus der Region und kamen beim Sport ins Gespräch über ihre unterschiedlichen Lebensrealitäten. Das „Antiracist Tournament Sankt Pauli“ machte darüber hinaus in Hamburg für die Lampedusa-Flüchtlinge mobil, die auch mit einer eigenen Mannschaft antraten.
Prominenz auf dem Trainingsplatz
In Frankfurt-Bornheim fanden sich dieses Frühjahr 22 Lampedusa-Flüchtlinge zum gemeinsamen Fußballtraining zusammen. Die Westafrikaner, die damals Unterschlupf in einer evangelischen Kirche gefunden hatte, waren dabei nicht auf sich alleine gestellt. Fußballprofi Bakary Diakite leitete ehrenamtlich das wöchentlich stattfindende Training und gab den Spielern eine professionelle Anleitung. Leider beendeten die Regelungen des Europäischen Flüchtlingsrechts das Projekt schon bald wieder, ein Großteil der Beteiligten musste Deutschland bereits verlassen. Und doch war auch dieses Engagement wertvoll, brachte es doch Struktur und Anerkennung in den zermürbenden Alltag der Westafrikaner. Ähnliche Projekte finden andernorts weiterhin statt. Auf Bestreben der Uni Oldenburg treffen sich die dort ansässigen Flüchtlinge mit Oldenburgern zum Training in der Sporthalle und auch der SV Werder Bremen hat sein Trainingsgelände einer Gruppe aus Kindern und Jugendlichen aus Flüchtlingsfamilien zur Verfügung gestellt.
Gemeinsamer Stadionbesuch als Kontaktaufnahme
Doch nicht nur der aktive Sport kann eine gelungene Abwechslung bieten, auch ein Stadionbesuch stellt, zumindest bei den Profivereinen, ein besonderes Erlebnis dar. Diesem Gedanken folgend lud im April die antirassistische Faninitiative 1953International der SG Dynamo Dresden eine Gruppe in Pirna lebender Flüchtlinge zum Heimspiel gegen Energie Cottbus ein. Getreu dem Motto „Love Dynamo, Hate Racism“ stand hierbei nicht nur die Freude der Menschen am Spielbesuch im Mittelpunkt, sondern man wollte auch zwischen DresdnerInnen und den Flüchtlingen vermitteln und Kontakte schließen (weitere Informationen bei Pro Asyl). Noch weiter ging im vergangenen Herbst die soziale Plattform „Kiezhelden“ des FC St. Pauli. 35 Freikarten für das Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf waren bereits von Vereinsseite in Aussicht gestellt worden, für die gleiche Anzahl an Freikarten wurde ein erfolgreicher Spendenaufruf gestartet, sodass schließlich 70 Lampedusa-Flüchtlinge in den Genuss eines Stadionbesuches kamen.