Erkenntnisreich: Sachsen-Anhalt befragt zum zweiten Mal die Bürgerinnen und Bürger des Landes zu ihren politischen Einstellungen. Jetzt wurde der "Sachsen-Anhalt-Monitor 2009" veröffentlicht. Auch Rassismus und Antisemitismus sind Thema.
Von Simone Rafael
Der "Sachsen-Anhalt-Monitor" wird im Auftrag der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt vom Institut für Politikwissenschaften und Japanologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg durchgeführt. Befragt wurden 1.000 wahlberechtigte Menschen ab 18 Jahren im Juni und Juli 2009.
Interessant im Zusammenhang mit der Arbeit für Demokratie sind die Ergebnisse zu Demokratieverständnis, Rassismus und Antisemitismus.
- Insgesamt sind Sachsen-Anhaltern Werte nicht so wichtig, die das politische System betreffen: Machtausübung finden 16 Prozent wichtig, politisches Engagement finden 39 Prozent wichtig.
- 7 Prozent der Menschen interessieren sich nicht für Politik.
- 57 Prozent der Sachsen-Anhalter glaubt, aktiv am politischen Leben teilnehmen zu können. Zwischen 10 und 29 Prozent haben schon einmal an legalen Formen der politischen Partizipation teilgenommen (z.B. Demonstration, Kontaktaufnahme zu Politiker, Mitarbeit in Bürgerinitiative oder Partei).
- Die Mehrheit der Sachsen-Anhalter ist überzeugt, dass die Demokratie die beste aller denkbaren Staatsideen ist (79 Prozent). Sie sind auch zufriden mit dem Grundgesetz (74 Prozent). Und: die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie ist in den letzten 2 Jahren gewachsen.
- Aber: Unter den 18- bis 34-Jährigen wächst die Zahl derjenigen, die zur Idee der Demokratie auf Distanz gehen. Unter den 18-24 Jährigen finden 43 Prozent nicht, dass die Demokratie die beste Staatsform ist, bei den 25- bis 34-Jährigen sind es 32 Prozent.
- Aber: 70 Prozent der Sachsen-Anhalter nehmen die gegebenen Verhältnisse als ungerecht wahr.
- Fremdenfeindliche Einstellungen haben seit 2007 etwas abgenommen.
- 9 Prozent sind der Meinung, Ausländer sollten nur unter ihresgleichen heiraten (2007: 10 %).
- 10 Prozent finden, Ausländern sollte man politische Betätigung in Deutschland untersagen (2007: 8 %).
- 12 Prozent finden, Ausländer sollten bei knapper Arbeit wieder in ihre Heimat zurückgeschickt werden (2007: 13 %). Nur 56 Prozent der Befragten lehnen das komplett ab.
- 19 Prozent sind der Meinung, Deutschland wäre durch hier lebende Ausländer in gefährlichem Maß überfremdet (2007: 23 %).
- 40 Prozent finden, Auländer sollten "ihren Lebensstil ein bisschen besser an den der Deutschen anpassen" (2007: 45 %).
- Interessant: 2007 war der Zusammenhang von Alter und Fremdenfeindlichkeit linear: Je älter, desto fremdenfeindlicher. 2009 äußern nicht nur die Ältesten (über 60 Jahre), sondern vor allem auc die Jüngsten (18-34 Jahre) fremdenfeindliche Äußerungen.
- Das Ausmaß der Fremdenfeindlichkeit wird aber am stärksten durch schulische Bildung beeinflusst: Je höher die Schulform, desto weniger Fremdenfeindlichkeit. Schlechtere Schulbildung führt zu geringerer Toleranz und höherer Vorurteilsbereitschaft.
- Überdurchschnittlich fremdenfeindlich sind Arbeitslose, Nichtwähler und Hauptschulabsolventen.
- 1,5 Prozent der Befragten sympathisieren mit rechtsextremen Parteien wie NPD und DVU. 2007 waren das nur 0,5 Prozent.
- Der Aussage "NPD und DVU sprechen Themen an, die von anderen Parteien vernachlässigt werden", stimmen 9 Prozent zu (2007: 11 %).
- "Parteien wie NPD und DVU kümmern sich in unserer Gegend um die Probleme der Menschen" finden nur 2 Prozent (2007: 2 %).
- Auch die Tendenz, sich Autoritäten unterzuordnen, nimmt leicht ab (z.B. finden 28 Prozent, ein Kind sollte lernen zu gehorschen, 2007 waren es noch 30 Prozent; 9 Prozent (2007: 11) finden, man solle dankbar sein für führende Köpfe, die sagen, was jeder tun soll).
- Interessant: Besonders die über 60-Jährigen und die Jüngeren (18-24) neigen dazu, sich Führungspersönlichkeiten unterzuordnen. Bei den jüngeren ist die Bereitschaft seit 2007 gestiegen (um 5 Prozent).
- Auch hier gibt es den Zusammenhang mit der schulischen Bildung: Hauptschüler finden gut, sich am meisten Autoritäten unterordnen (z.b. 44 Prozent finden, Kinder sollten lernen, zu gehorchen).
- Antisemitismus ist in Sachsen-Anhalt nicht stark ausgeprägt.
- 63 Prozent schämen sich für die Verbrechen der Deutschen an den Juden (2007: 68 %). Die Älteren schämen sich stärker als die Jungen (über 60 Jahre: 79 Prozent; 18-24 Jahre: 39 Prozent)
- 4 Prozent finden, Juden hätten zu viel Einfluss auf der Welt (2007: 6 %.) Hier stimmen die Jüngeren stärker zu (18-24 Jahre: 6 Prozent, 25-34 Jahre: 8 Prozent, über 60: 4 Prozent).
- 13 Prozent finden, Juden versuchten aus der Vergangenheit des Dritten Reiches einen Vorteil zu ziehen (2007: 15 %).
- Auch antisemitische Einstellungen sind am stärksten ausgeprägt bei Menschen mit Haupt- oder Realschulabschluss und Menschen, die sich mit keiner Partei identifizieren (dazu gehören auch NPD- & DVU-Anhänger, nach denen wurde nämlich hier nicht extra gefragt).
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