In Regensburg (Symbolfoto) ist eine junge Frau vergewaltigt worden. Etliche Internet-Kommentatoren nehmen das zum Anlass für Lynchjustizaufrufe. Das hilft aber dem Opfer kein bisschen.
flickr/ Creative Commons / b k

Rassismus hilft Vergewaltigungsopfern nicht!

In Regensburg ist am vergangenen Wochenende eine junge Frau brutal vergewaltigt worden. Seitdem tobt ein rassistischer und demokratiefeindlicher Mob durch die Kommentarspalten der Lokalpresse und des Internet. Wer dessen Hassausbrüche, Gewaltfantasien und Lynchjustizaufrufe betrachtet, kann nur zu dem Schluss kommen: Diesen Menschen geht es kein bisschen um das Opfer. Denn wer Opfern von Vergewaltigungen wirklich helfen will, wählt andere Wege, als Rassismus im Internet zu verbreiten, das Rechtssystem in Frage zu stellen und am Ende noch die Polizei von ihrer Ermittlungsarbeit abzuhalten.

Die Tat: Eine 22-jährige Frau ist am Sonntagabend in Regensburg von einem Mann in einen dunklen Kombi gezogen worden. Der Mann fuhr mit ihr und zwei weiteren Männern, die sich in einer "slawischen Sprache" (so die Opferaussage) unterhielten, an einen unbekannten Ort, hielt nach rund fünf Minuten wieder an, und die 22-Jährige wurde vergewaltigt. Anschließend fuhren die Täter sie zurück zum Ursprungsort und stießen sie nackt wieder aus dem Auto und fuhren davon. Die Polizei sucht Zeugen, noch sind die Täter nicht gefasst.

Ein Kommentar von Johannes Hartl

Die brutale Vergewaltigung in Regensburg hat uns alle entsetzt. Menschenverachtende und verfassungsfeindliche Kommentare, die jetzt überall in Kommentarspalten und auf Facebookseiten im Internet zu lesen sind, sind trotzdem inakzeptabel. Wer wirklich etwas tun will, soll auf diese rassistischen und demokratiefeindliche Aussagen verzichten und lieber Hilfsangebote unterstützen.

Die schreckliche Vergewaltigung einer jungen Frau in Regensburg hat auch mich zutiefst geschockt. Mein ganzes Mitgefühl und meine gesamte Solidarität gelten dem Opfer dieser Tat. Ich hoffe sehr, dass die Polizei die Täter bald in Gewahrsam nehmen kann und sich diese später in einem fairen, rechtsstaatlichen Prozess für ihr Verbrechen verantworten werden müssen.

Gleichwohl schockiert es mich, sehen zu müssen, wie diese schlimme Tat derzeit von Menschen für ihre Zwecke instrumentalisiert wird. All denjenigen, die jetzt u.a. auf Facebook Lynchjustiz fordern, geht es in Wahrheit kein Stück um das Opfer. Das physische wie psychische Leid dieser jungen Frau ist diesen Menschen sogar völlig gleichgültig — hier geht es um nichts anderes als um deren verfassungsfeindliche oder rassistische Propaganda. Würde es diesen Menschen wirklich um das Leid der Frau gehen, stünden in deren Kommentaren sicherlich nicht die Täter im Mittelpunkt, sondern das Mitgefühl mit dem Opfer.

Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass viele Menschen auf diese Tat emotional reagieren. Auch ich war fassungslos, als ich die Pressemitteilungen der Polizei zu dieser Tat gelesen habe; wie viele andere Menschen war ich natürlich auch entsetzt über die Brutalität des Verbrechens. Aber es ist ein sehr entscheidender Unterschied, ob man entsetzt von einer Tat ist oder – was leider oft passiert – gefordert wird, die Prinzipien des Rechtsstaates über Bord zu werfen.

Letzteres hat mit einer emotionalen Reaktion nichts mehr zu tun, es ist bloß verfassungsfeindlich und schlicht nicht akzeptabel. Lynchjustiz widerspricht den Prinzipien des mühevoll erkämpften Grundgesetzes, sie ist mit einer Demokratie niemals, unter überhaupt keinen Umständen zu vereinen. Ein demokratischer Rechtsstaat zeichnet sich eben gerade dadurch aus, dass er auch auf für die Öffentlichkeit emotional aufgeladene Taten besonnen reagiert. Ich möchte keine Polizei und auch keine Staatsanwaltschaft, die – wie viele Kommentatoren das gerne hätten – mit Schaum vor dem Mund ermittelt. Im Gegenteil: Ich bin froh, dass die Polizei – soweit ich das von außen beurteilen kann – mit großer Mühe und mit viel Besonnenheit versucht, dieses schlimme Verbrechen aufzuklären.

Schließlich kann die einzig mögliche Antwort auf ein solches Verbrechen sein, dass die Polizei durch sorgfältige Ermittlungen die Täter festnehmen kann, und diese dann später auf der Basis von Beweisen vor Gericht für ihre Tat verurteilt werden. Ein Rechtstaat darf auf ein solches Verbrechen nur mit rechtsstaatlichen Prinzipien antworten. Lynchjustiz ist – egal, wie emotional das Thema auch sein mag – ohne Ausnahme inakzeptabel und zu verurteilen.

Und ein Hinweis an all diejenigen, denen es wirklich um die Opfer geht: Wenn Sie wirklich etwas für Vergewaltigungsopfer tun wollen, dann ist es hilfreich, wenn Sie seriöse Initiativen wie den Frauennotruf Regensburg oder ähnliche lobenswerte Aktionen unterstützt. Anders als die Gewaltfantasien einiger Irrer unterstützen die die Betroffenen nämlich mit konkreter Hilfe, die bei der überaus belastenden psychischen Verarbeitung solcher Taten hilft.

Denn wenn sich ein Volksmob zusammenrottet und selbst Straftaten begeht, wird dies definitiv keinem Opfer sexualisierter Gewalt helfen; wenn aber seriöse Hilfsangebote bei ihrer Arbeit gefördert werden, die Opfer beim Umgang mit solchen Verbrechen unterstützen, dann kann dies – zumindest langfristig – auch tatsächlich helfen. Allen Vernünftigen will ich hiermit also die Unterstützung solcher seriöser Initiativen ans Herz legen.

Und alle, die nur menschenverachtenden, verfassungsfeindlichen Mist loslassen wollen, sollen sich ihre Kommentare einfach sparen. Sie helfen dem Opfer kein Stück und können im extremen Fall, wenn z.B. strafrechtlich relevante Inhalte verbreitet werden, die geahndet werden müssen, sogar die Polizei von ihren Ermittlungen im Fall der Vergewaltigung abhalten.

Also, an all die Lynchjustiz-Poster: Einfach mal die Finger von der Tastatur nehmen und die Klappe halten!

drucken