Nach den Rechten sehen: Rieger und Pastörs: Trümpfe im NPD-Verbotspoker +++ Gauck: Sicherheitsbehörden müssen Schutz der Bürger garantieren +++ Dresden bereitet sich auf Neonazi-Aufmarsch vor.
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Rieger und Pastörs: Trümpfe im NPD-Verbotspoker
Seit Jahren wird über ein erneutes NPD-Verbotsverfahren gestritten. Die Länder haben nun einen neuen Anlauf beschlossen. Basis dafür ist eine rund 1.000-seitige Materialsammlung, die sich wie das Who-is-Who der NPD liest. Ein hochrangiger Verfassungsschützer bezeichnete ihn vor Jahren als "eine Art Multitalent der rechtsextremen Szene": Die Rede ist von Rechtsanwalt Jürgen Rieger, dem 2009 verstorbenen Neonazi aus Hamburg. Seine Versuche, unter anderem in Delmenhorst, in Faßberg im Landkreis Celle oder im Landkreis Verden Immobilien für eine rechtsextreme Begegnungsstätte zu erwerben, machten zum Teil bundesweit Schlagzeilen. Jetzt tragen Riegers rassistische Hetzreden möglicherweise dazu bei, dass seine Partei, die NPD, verboten werden kann. (Publikative) Dies sieht der sächsische Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi anders. Er kommentiert: Nach einem Jahr Debatte um ein NPD-Verbot, dem Fortgang der NSU-Ermittlungen und der Materialsammlung der Innenminister sei klar, dass die rechtlichen Voraussetzungen eines NPD-Verbots nicht vorliegen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte würde ein Verbot schon deshalb aufheben, weil Parlamentarier der verbotenen Partei nach deutschem Recht zwingend ihr Mandat verlieren. (taz)
Gauck: Sicherheitsbehörden müssen Schutz der Bürger garantieren
Bundespräsident Joachim Gauck hat die parlamentarischen Aufarbeitung der NSU-Mordserie gewürdigt. Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses trügen in "konstruktiver Weise" Informationen zusammen. Er wolle, dass die Sicherheitsorgane auf Länder- und Bundesebene, "imstande sind, Schutz und Sicherheit aller Bürger, die hier leben, zu garantieren", sagte Gauck am Dienstag im Schloss Bellevue vor einem Treffen mit den Mitgliedern des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag. Am 18. Februar will Gauck sich mit Angehörigen der Opfer treffen. Gauck sagte, er sei nicht nur als Bürger, "sondern auch als Bundespräsident von Anfang an sehr interessiert an der Aufklärung dieser schrecklichen Mordserie gewesen". Den Familien der Opfer müsse solidarisch beigestanden werden, betonte das Staatsoberhaupt. (Welt Online)
Dresden bereitet sich auf Neonazi-Aufmarsch vor
Der alljährliche Neonazi-Aufmarsch in Dresden im Februar wird wohl erneut deutlich kleiner ausfallen als bei den Krawallen vor zwei Jahren. Am 13. Februar würden zwischen 800 und 1.200 Neonazis in der Stadt erwartet, sagte Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll am Dienstag, nachdem er an einer Kabinettssitzung teilgenommen hatte. Er rechne zudem mit 10.000 zumeist friedlichen Gegendemonstranten. Gegen Blockierer werde die Polizei wie in den Vorjahren vorgehen. Der Polizeipräsident erwartet jedoch insgesamt eine deutlich entspanntere Lage als bei den Aufmärschen 2010 und 2011, als es am Rande zu Krawallen kam, bei denen Polizisten verletzt wurden. Rund 3.000 Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet sollen diesmal für Sicherheit sorgen, darunter sieben Hundertschaften aus Sachsen. Im vergangenen Jahr waren 4.500 Polizisten aus mehreren Bundesländern im Einsatz. Trotz Krolls positiver Prognose sollen aber auch in diesem Jahr Wasserwerfer aufgefahren werden. (Welt Online)
Another Brick in The Wall. Antisemitismus und Pop-Kultur
Benjamin Netanjahu baut eine Mauer, in der arabisch aussehende Menschen elendig zugrunde gehen. Der Zement dieser Mauer ist das Blut dieser (palästinensischen?) Opfer. Dieser Cartoon ist am Sonntag in der Londoner Sunday Times erschienen – am internationalen Holocaust-Gedenktag, mit dem der Befreiung des Lagers Auschwitz gedacht wird. Die Darstellung des wahrscheinlich auch nächsten israelischen Premiers erinnert dabei an alte antisemitische Klischees. Es ist schockierend, dass eine einstmals seriöse Zeitung wie die "Times" ein solches Stück Hasspropaganda veröffentlicht. Nachdem einige jüdische Organisationen protestiert haben, verteidigt sich die "Times" nun mit merkwürdigen Argumenten. (Zeit Online)
Rassismus: Ein Mensch 2. Klasse
Es hat eine gewisse Logik, wenn ein Euro City (EC) am späten Abend Verspätung hat, dass sich die Fahrgäste am End und Sackbahnhof Altona nach vorne begeben. Denn sonst müssten sie noch mehrere hundert Meter auf dem Bahnsteig zum Ausgang zurücklegen und würden noch mehr Zeit verlieren. Einem in Ottensen lebenden Ghanaer mit deutschem Pass hat sein Gang durch den Zug nun eine Strafanzeige eingebracht. Ein Zugbegleiter der Deutschen Bahn, der die anderen Fahrgäste durch die 1. Klasse die Waggons passieren ließ, wollte dem schwarzen Mann den Durchgang aus der 2. Klasse verwehren. Es kam zum heftigen Disput. Nun ermittelt die Bundespolizei nach Anzeige des Zugbegleiters. (taz) Der Frankfurter Stadtverordnete Martin Kliehm (Piraten) kritisiert indes die Polizei, vor allem aufgrund deren Praxis des Racial Profilings: Sie dürfe nicht länger stigmatisieren und müsse transparenter arbeiten. (Frankfurter Rundschau)
Geert Wilders ohne Buch
Das neueste Buch des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders wird zumindest vorerst nicht auf Deutsch erscheinen. Der "HJB-Verlag" aus Radolfzell hatte das Buch eigentlich am 28. Januar unter dem Titel "Zum Abschuss freigegeben – Die Wahrheit über den Krieg des radikalen Islamismus gegen den Westen" herausbringen wollen. Ursprünglich hatte der Untertitel einer ersten Ankündigung des Verlags zufolge sprachlich weniger zurückhaltend "Die Wahrheit über den Krieg des Islam gegen den Westen" lauten sollen. Einen Tag nach dem vorgesehenen Erscheinungsdatum machte HJB nun einen Rückzieher. "Verlag und Autor konnten sich nicht auf eine nach deutschem Recht vertretbare deutsche Ausgabe einigen", teilte Hansjoachim Bernt mit, der Geschäftsführer des Verlags, der ansonsten vor allem Science-Fiction-Romane veröffentlicht. Er distanziere sich "ausdrücklich von einer nun möglicherweise in einem anderen Verlag erscheinenden deutschen Version". (blick nach rechts)
"Rassismus der Mitte"
Machen Krisenzeiten Rechtspopulisten wieder salonfähig? Darüber wurde gestern Abend in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin diskutiert. Unter den Gästen war auch die griechische Journalistin Kaki Bali, die zunächst eine schockierende Geschichte erzählte: "Letzte Woche haben Griechen einen pakistanischen Jungen erstochen, weil er ihnen mit seinem Fahrrad den Weg versperrte", erzählte sie und ergänzte, dass die Staatsanwaltschaft darin kein rassistisches Motiv erkennt. Vor einem Jahr wäre das "unerhört" gewesen. Heute stoße das Verhalten der Staatsanwaltschaft auf Verständnis. (Der Tagesspiegel)
Bitterfeld ist die "Stadt ohne Rassismus - Stadt mit Courage"
Der Programmablauf zur festlichen Titelverleihung "Stadt ohne Rassismus - Stadt mit Courage" an Bitterfeld-Wolfen im Wasserzentrum war minutiös geplant. Doch ohne Oumarou Hamani Ousman. Der machte am Montag lautstark aufmerksam auf die Situation im Asylbewerberheim Friedersdorf. "Wann passiert hier endlich etwas", fragte er die versammelte Gästeschar bei der Titelverleihung. (Mitteldeutsche Zeitung)
Worch-Partei stellt sich neu auf
Die von dem Neonazi Christian Worch ins Leben gerufene Partei "Die Rechte" hat am Wochenende einen dritten Landesverband gegründet: in Brandenburg. Landesvorsitzender wurde der Ex-DVU-Funktionär Klaus Mann aus dem zur Gemeinde Schorfheide zählenden 5.000-Einwohner-Ort Finowfurt. Mann, ehemals Mitglied des DVU-Landesvorstands, hat sich in der extremen Rechten einen Namen gemacht, weil er sein Grundstück wiederholt für Veranstaltungen seiner Deutschen Volksunion und der NPD zur Verfügung gestellt hatte. Seine Ehefrau Sybille Mann wurde bei der Gründungsveranstaltung des DR-Landesverbandes am Samstag als stellvertretende Vorsitzende gewählt. Sie ist Mitglied der Gemeindevertretung Schorfheide – gewählt als Kandidatin der DVU. Zum Landesvorstand gehören zudem Georg Woywod und Manfred Werner. (blick nach rechts)
Viktor Orbán: Die rechten Ideengeber des ungarischen Premiers
"Ehrlich, sauber, authentisch" - so preisen sich Ungarns Rechtsextremisten der Jobbik-Partei gern an. Besonderen Wert legen die "Rechteren" und "Besseren", wie der Parteiname übersetzt lautet, auf die Authentizität ihrer Programmatik. Doch sie haben ein ernstes Problem: Ständig, so beschweren sich führende Jobbik-Politiker, würde die Regierungsmehrheit unter Ministerpräsident Viktor Orbán der Partei "Themen und Ideen stehlen" und sie dann als ihre eigene Politik verkaufen. EU-Partner wollen das nicht wahrhaben - und schauen weg. (Spiegel Online)
Ausstellung: Von Auschwitz bis Zwickau
Mit einer Ausstellung erinnert die evangelische Kirchengemeinde Bad Soden an nationalsozialistische Verbrechen in der Vergangenheit und Gegenwart. Die Schau will aufzeigen, wie der Holocaust und aktuelle rassistische Taten zusammenhängen. Eine Chronik antisemitischer Vorfälle des Jahres 2011 macht deutlich, dass auch heute noch Menschen aufgrund der Nazi-Ideologie sterben. "Warum wurde und wird jemand zum Nazi und was kann ich persönlich gegen Rechtsextremismus tun?" − das sind Fragen, die durch die Ausstellung aufgeworfen werden. (Frankfurter Rundschau)
Hausverbot für rassistische Pöbeleien
Die Basketball-Gemeinschaft Kamp-Lintfort distanziert sich nachdrücklich von Schmährufen während des Niederrhein-Derbys gegen den Regionalliga-Rivalen Bayer Uerdingen. Dabei sollen Ausdrücke gefallen sein, die John F. Bruhnke, Trainer der Gästemannschaft als "rassistisch" bezeichnet. Was Bruhnke allerdings noch mehr erbost als das Verhalten des offenbar angetrunkenen jungen Mannes in der Halle, waren Äußerungen des Rüpels nach dem Spiel auf dem Parkplatz. (RP Online)