26.03.2012 ... Nach den Rechten sehen

Razzia bei Berliner NPD-Chef wegen “Feindesliste” im Netz +++ Opfer von Terrorgruppe NSU erhalten Entschädigung +++ Wahl im Saarland: Keine Freunde für Frank Franz - NPD bekommt nur 1,2 Prozent der Stimmen.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Razzia bei Berliner NPD-Chef wegen “Feindesliste” im Netz
Endlich geht die Polizei gegen die rechtsextreme Internetseite NW-Berlin vor, die unter anderem "Feindeslisten" der Neonazis mit Adressen veröffentlichte. Die Spekulationen, wonach der Berliner NPD-Chef Schmidtke hinter der Seite steht, könnten nun bestätigt werden. Bei einer Razzia stellte die Polizei Propagandamaterial, Computer und Speichermedien sicher (Störungsmelder, Berliner Zeitung, Tagesspiegel).

Opfer von Terrorgruppe NSU erhalten Entschädigung
Die Bundesregierung hat nach einem Zeitungsbericht bereits fast 500.000 Euro an die Opfer der rechtsextremen Terrorgruppe NSU und deren Angehörige gezahlt. An fast alle bisher bekannten Opfer und Hinterbliebenen seien in einem vereinfachten Antragsverfahren Härteleistungen als Pauschalbeträge gewährt worden, zitierte die "Neue Osnabrücker Zeitung" aus einem Sachstandsbericht des Bundesjustizministeriums. Ausgezahlt wurden demnach inzwischen rund 486.440 Euro. Laut dem Papier erhalten Ehepartner und Kinder der Getöteten eine Pauschale von 10.000 Euro, Geschwister 5000 Euro. Die Familien sollen zudem die Beerdigungskosten erstattet bekommen (stern.de).

Wahl im Saarland: Keine Freunde für Frank Franz - NPD bekommt nur 1,2 Prozent der Stimmen
Lange Gesichter bei der Saar-NPD: Mit 1,2 Prozent bleibt sie noch hinter ihrem Ergebnis von 2009 zurück (1,5 Prozent). Spitzenkandidat Frank Franz dürfte das mäßige Abschneiden nicht überrascht haben: Er hatte wenige Tage vor dem Wahltag seinen Rückzug vom Landesvorsitz erklärt(Endstation rechts, Welt online).

Demo in Bad Neuenahr: Mehr als 1000 Bürger setzen ein Zeichen gegen Rechtsextremismus
Mehr als 1000 Bürger des Kreises Ahrweiler haben am Samstag in Bad Neuenahr gegen Neonazis, Fremdenhass und Rassismus demonstriert, und damit einen Kontrapunkt zu den jüngsten Ereignissen um das sogenannte "Braune Haus" an der Weinbergstraße gesetzt. Parallel dazu hatte das linke "Bündnis 24. März" weitere 300 Personen zur Teilnahme an einem Demonstrationszug mobilisiert. Eine dritte Demo - diese von rechtsextremen Gruppen für ein "freies nationales Jugendzentrum" - wurde abgesagt, nachdem Verantwortliche bei der Razzia gegen das sogenannte "Braune Haus", der Zentrale des rechtsradikalen "Aktionsbüros Mittelrhein", am 13. März verhaftet worden waren (Generalanzeiger Bonn).

Frankfurt/Oder: Mit Blockaden wehren sich rund 1000 Bürger gegen einen Neonazi-Aufmarsch
Die rund 200 Rechtsextremen schaffen es am Samstag nicht in die Frankfurter Innenstadt oder zum Grenzübergang „Stadtbrücke“. Dabei hatten sie dort doch unter den Bürgern für ihr Motto „Raus aus der EU und Grenzen dicht“ neue Anhänger gewinnen wollen. Eine Sitzblockade von rund 100 Gegendemonstrant/innen hält den Zug auf. Insgesamt gingen rund 1.000 Bürger/innen gegen den Naziaufmarsch auf die Straße (Märkische Allgemeine, Berliner Morgenpost).

Delitzsch: Keine Konzerte mehr ohne Nazis?
Bei einem Überfall auf mehrere Konzertbesucher sowie -veranstalter in Delitzsch (Sachsen) in der Nacht vom 17. auf den 18. März sind mehrere Personen teils schwer verletzt worden. Ein junger Mann aus Tschechien könnte sogar teilweise sein Augenlicht verlieren, er liegt noch immer im Krankenhaus. Die Stadt zieht offenbar ihre ganz eigenen Schlüsse aus dem rechtsextremen Überfall: Konzerte, zu denen Neonazis nicht kommen dürfen, solle es nicht mehr geben. Die Stadt weist die Darstellung zurück (publikative.org). Am Wochenende fand eine Demonstration mit rund 250 Teilnehmer/innen statt, um dagegen zu protestieren . Die NPD wollte dazu eine Gegendemonstration organisieren, die aber untersagt wurde (DNN).

Task Force soll Zuzug Rechtsextremer nach Dortmund verhindern
Dortmund-Dorstfeld ist das Synonym für von Neonazis dominierte Stadtteile. Das wollen Polizei, Politik und Verwaltung ändern und werden verstärkt Präsenz rund um den Wilhelmplatz zeigen. Den Rechten soll das Leben so unangenehm wie möglich gemacht werden.
„Sie sollen merken, dass wir ganz nah dran sind“, mit diesen Worten stellte Polizeipräsident Norbert Wesseler auf dem Wilhelmplatz gemeinsam mit OB Ullrich Sierau die Aktivitäten von Stadt und Polizei gegen die rechtsextreme Szene in Dorstfeld vor. Die gemeinsame Task Force hat nun ihre Arbeit aufgenommen (DerWesten).

Nazis bedrohen Bundeswehr-Reservisten in Sachsen
Neonazis haben in Sachsen offenbar Mitglieder des Reservisten-Verbands der Bundeswehr bedroht. Die Rechtsextremen hätten Verbandsmitglieder mit Telefonanrufen terrorisiert und deren Fahrzeuge beschmiert, berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" unter Berufung auf Mitglieder, weil dieser nun gegen Nazis in den eigenen Reihen vorgehe (DerWesten).

Ermittler haben Hinweise auf Mittäterschaft Zschäpes bei NSU-Morden
Die unter Terrorverdacht inhaftierte Beate Zschäpe könnte nach Erkenntnissen der Ermittler als Mittäterin an den der Zwickauer Neonazi-Zelle zugeschriebenen Morden beteiligt gewesen sein. Es gebe viele Beweismittel, die belegten, dass Zschäpe "an den Taten beteiligt war, zumindest durch logistische Hilfe" (Thüringer Allgemeine, heute.de).

Generalbundesanwalt Harald Range steht einem NPD-Verbot skeptisch gegenüber
Generalbundesanwalt Harald Range hat sich skeptisch über ein neues NPD-Verbotsverfahrens geäußert. Der Staat dürfe mit dem Parteiverbot nicht überreagieren, eine systematische Unterstützung der Terrorzelle NSU durch die NPD habe es nicht gegeben. (Focus online).

SPD Sachsen fordert „NPD-Kriminalstatistik“
SPD-Bundestagsfraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann fordert in der Debatte um ein NPD-Verbotsverfahren eine vollständige Auflistung der durch Parteifunktionäre verübten Straftaten. „Der Verfassungsschutz und der Innenminister müssen eine Gesamt-Gewaltbilanz der NPD aufstellen“, sagte Oppermann der Nachrichtenagentur dpa in Dresden. „Zahlreiche NPD-Funktionsträger sind wegen Gewaltdelikten und Übergriffen schon rechtskräftig verurteilt.“ Durch eine „NPD-Kriminalstatistik“ ließe sich das Gewaltpotenzial und das aggressiv-kämpferische Moment belegen, das von der Partei ausgehe (Sächsische Zeitung).

Coburg: Widerstand gegen rechten Aufmarsch
Eine Jugendorganisation der NPD aus dem Raum Coburg, Lichtenfels und Nürnberg demonstriert auf dem Schlossplatz. Viele Coburger Bürger gehen friedlich dagegen an (Neue Presse).

Wuppertal zeigt Protestkultur
Die angemeldete Demonstration einer rechtsextremer Gruppierung aus Wuppertal auf dem Parkplatz am Barmer Bahnhof ist am Samstag nach Angaben der Polizei ohne größere Zwischenfälle verlaufen. Den etwa 90 rechtsextremen Demonstranten, die größtenteils mit der Bahn aus anderen Städten angereist sein sollen, standen etwa 300 Gegendemonstranten gegenüber (wz-newsline).

Akten für den NSU-Untersuchungsausschuss - aber mit verfassungsrechtlichen Bauchschmerzen
Die Herausgabe von Akten an den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags ist bei den Innenministern der Länder auf verfassungsrechtliche Bedenken gestoßen. Das berichtet der "Spiegel" vorab. Dennoch winkten die Ressortchefs auf der Sonder-Innenministerkonferenz (IMK) einen entsprechenden Beschluss durch."Dem Ausschuss Akten zu verweigern wäre, angesichts der Morde der NSU- Terroristen, nicht vermittelbar gewesen", sagt einer der Teilnehmer, "aber so ein Beschluss geht an die Wurzeln des Föderalismus." (Berliner Umschau)

Terror ohne Reue? Nicht alle NSU-Unterstützer müssen mit Anklage rechnen
Mehrere Unterstützer der rechtsextremen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) können wegen Verjährung ihrer Taten strafrechtlich nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Allerdings geht es dabei vor allem um ehemalige Helfer aus dem "Thüringer Heimatschutzbund" aus. Gegen die fünf mutmaßlichen NSU-Helfer zu, die sich aktuell in Untersuchungshaft befinden, wird unter anderem wegen versuchter Beihilfe zum Mord ermittelt. Die zehnjährige Verjährungsfrist sei bei ihnen daher kein Thema (Berliner Morgenpost).

Frankreich: Antisemitische Islamisten feiern der Mörder von Toulouse
Antisemitische Islamisten haben auf Facebook eine Ehrenseite für Mohammed Merah angelegt, der vor einer Woche in Toulouse einen Rabbi und drei Kinder vor einer jüdischen Schule erschossen hat. Außerdem störten Lehrer und Studenten die Schweigeminute, die an die Opfer erinnern sollte, oder hielten eine Schweigeminuten für den Täter ab (israelnationalnews.com, englisch).

Französische Juden: "Wir und die Muslime sind nie nur Franzosen"
Die Verbindungen französischer Juden nach Israel sind eng, die Hälfte aller jüdischen Paare aus Paris heiratet dort. Und immer mehr Juden verlassen das Land für immer – aus Angst (Welt online).

Neoanzis und Islamisten - Zwillings-Albträume?
In Toulouse standen zunächst drei frühere Neonazi-Soldaten unter Verdacht, die antisemitischen Morde begangen zu haben, dann stellte sich der Täter als Islamist heraus. In Utøya im letzten Juli wurden zunächst islamistische Terroristen verdächtigt, bis klar wurde, dass es sich um einen islamfeindlichen Rechtsextremen handelte. Wenn es um Antisemitismus geht, erscheinen Neonazis und Islamisten immer mehr als zwei Seiten der gleichen Medaille (Presseuorpe, englisch).

Nach Angriff auf Kamerateam: Mutmaßlicher Neonazi-Aussteiger steht vor Gericht
Während einer Neonazi-Demonstration in Teterow griff ein Neonazi ein Kamerateam an und muss sich dafür nun in der kommenden Woche vor Gericht verantworten. Erst vor Kurzem hat Michael M. von den „Autonomen Nationalisten Oder Spree“ seinen mutmaßlichen Ausstieg aus der Szene kundgetan (Endstation rechts).

Ver.di-Jugend startet Onlineprojekt gegen Diskriminierung
Zum internationalen Aktionstag gegen Rassismus, hat die Ver.di-Jugend ein neues Onlineportal gelauncht. Aktiv-gegen-Diskriminierung.info soll als Austauschplattform für Ansätze der Antidiskriminierungsarbeit im Alltag dienen und Engagement gegen Rechtsextremismus fördern (Störungsmelder).

Brauner Druck: Neonazis schüchtern ihre Gegner/innen ein
Eingeschlagene Autoscheiben, zerkratzter Lack, zerstochene Reifen: eine Spur des Vandalismus zieht sich derzeit durch Franken. Die Opfer: Bürger, die sich offen gegen den Rechtsextremismus stellen. Ihre Vermutung: die Täter kommen aus der Neonazi-Szene. Denn die schüchtern ihre Gegner mittlerweile systematisch und gezielt ein. Aber bis jetzt wurde keiner der Fälle richtig aufgeklärt. Den Nazi-Gegnern bleibt nur eins – mutig bleiben.

Kundgebung gegen Rassismus von "Hamburg steht auf!"
Mit Veranstaltungen und einem Demonstrationszug sind am Sonnabend die internationalen Wochen gegen Rassismus in Hamburg zu Ende gegangen. Am Fischmarkt am Hafen hatten sich am Nachmittag Hunderte Menschen versammelt. Sie zogen dann über die Reeperbahn zum Spielbudenplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Die Polizei sprach von etwa 500 Teilnehmer/innen (Welt online, Hamburger Abendblatt).

Hessen: 250 Menschen demonstrieren in Altenstadt
Beim NPD-Landesparteitag wird Daniel Knebel von rund 80 Neonazs zum neuen Landeschef gewählt.Etwa 250 Menschen haben am Samstagnachmittag in Altenstadt gegen den Landesparteitag der hessischen NPD demonstriert (Frankfurter Rundschau).

Solingen: Bunter und friedlicher Protest gegen "Pro"-Partei
Das Bündnis "Bunt statt Braun" hat erneut dafür gesorgt, dass Pro NRW nicht Fuß fassen konnte in Solingen. Die machten eine Kundgebung mit rund 100 Anhänger/innen, denen mehrere hundert Gegendemonstranten gegenüberstanden (Rheinische Post).

Grube in Aufruhr: 60 Linke, 30 Rechte, 40 Polizisten: Das Dorf als Schauplatz eines Konflikts, der eigentlich nach Berlin gehört
Es gab ein böses Erwachen für Grube (Brandenburg) an diesem schönen Frühlingssonntag: Von einigen Straßenbäumen baumelten Galgenschlingen, auf Beton und Asphalt waren mit Kreide rechte Parolen geschmiert, Thor-Steinar-Aufkleber verunzierten die Leitplanken. Zwar hatten Ordnungsamt und Polizei das meiste schnell entfernt, doch sahen viele Gruber ihre böse Vorahnung bestätigt: Bereits als in der letzten Woche die Antifa und die Fraktion „Die Andere“ eine Demonstration in dem kleinen Ortsteil angekündigt hatten, um dem Vermieter eines Geschäftes für „rechte“ Bekleidung in Berlin-Weißensee ihren Protest vor die Haustür zu tragen, zeigte sich der Ortsbeirat besorgt, dass damit „politische Auseinandersetzungen“ in die „Privatsphäre“ getragen würden. Die Demo fand in Grube statt, weil hier der Vermieter des "Thor Steinar"-Ladens in Berlin-Weißensee wohnt. Er war allerdings gerade in Urlaub. Die linke Demo mit 60 Teilnehmer/innen blieb friedlich, nur 30 Neonazis wollten stören (Märkische Allgemeine, PNN).

600 Leipziger demonstrieren gegen Neonazis
Mehrere hundert Menschen haben am Samstag im Leipziger Osten gegen Neonazis protestiert. Unter dem Motto "Im Osten nichts Neues. Gegen Nazis und rechte Alltagskultur" zogen die Demonstranten vom Friedrich-List-Platz im Zentrum-Ost bis zum Lene-Voigt-Park. Polizei und Veranstalter zählten rund 600 Teilnehmer – 100 mehr als erwartet (Doeblener Allgemeine).

Gerede über Selbstverständlichkeiten
Die Diskussion um eine Neuauflage des NPD-Verbotsverfahrens verdrängt die eigentlich wichtigen Themen aus der öffentlichen Debatte. Während Selbstverständlichkeiten diskutiert werden, gerät das Wesentliche aus dem Blick (mut-gegen-rechte-gewalt.de).

Stellungnahme zum 3. Opferschutzbericht Schleswig-Holstein
Der von der Schleswig-Holsteineschen Landesregierung vorgelegte „3. Opferschutzbericht“ ermöglicht nach eigenen Angaben „einen umfassenden Überblick über die Tätigkeit der Landesregierung auf dem Gebiet des Opferschutzes“. Die Amadeu Antonio Stiftung wurde zur Stellungnahme angefragt und kritisiert die mangelnde Berücksichtigung von Opfern rechtsextremer und rassistischer Gewalt (Amadeu Antonio Stiftung).

Streitgespräch: Wie weit müssen Aussteiger gehen?
Programme sollen Neonazis helfen auszusteigen. Die Anforderungen sind umstritten: Reicht der Rückzug aus der Szene oder muss es der "radikale Bruch" sein? Ein Streitgespräch mit Jochen Schmidt und Martin Beyer und Tore Moland (taz).

Warum man in den USA wegen eines Kapuzenpullis sterben kann
Der Tod eines 17-jährigen Schwarzen löst in den USA eine heftige Debatte über tödlichen Rassismus, archaische Waffengesetze und eine Polizei aus, die wegsieht, wenn es ernst wird. Wie immer in solchen Fällen wirkt die Waffenlobby im Hintergrund (DerWesten).

Lübeck: Neonazis wollen Demo gerichtlich durchsetzen
Die Stadt Lübeck hat die Demonstration am 31. März verboten - die Organisatoren gehen jetzt gerichtlich gegen das Verbot vor: Die NPD will ihre Demo veranstalten. Am Freitagnachmittag sei ein Eilantrag gegen das Verbot beim Verwaltungsgericht in Schleswig eingegangen, teilte das Gericht mit (shz).

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