Rassismus in Deutschland: Herr Krause fürchtet um sein Leben +++ Neonazi-Mordopfer: Die einsamen Tränen der Familie K. +++ Nazis prüfen? Nicht so schnell!
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Rassismus in Deutschland: Herr Krause fürchtet um sein Leben
Vier Wochen sind lang genug, um zu verdrängen, sich ein wenig zu beruhigen. Um zu denken, vielleicht war es nur ein dummer Scherz. Vier Wochen sind aber auch zu kurz, um die Angst wieder loszuwerden. Vier Wochen lagen zwischen den beiden Morddrohungen, die im Briefkasten der Familie Krause* landeten. Im August 2011 kam der erste Brief. Der Absender hatte Buchstaben aus einer Zeitung ausgeschnitten, die sagten, dass Herr Krause und seine Familie getötet werden sollten, falls sie nicht weggingen aus Deutschland. Weil Frau Krause und die beiden Kinder des Ehepaars dunkle Haut haben, weil Frau Krause aus Ostafrika kommt. Seitdem haben die Krauses Angst. Die Polizei sagt, sie sollen nur noch da hin gehen, wo "Licht, Lärm und Leute" sind - mehr könne man nicht tun. Es handle sich wohl um einen Verrückten. Aber auch "verrückte" Nazis töten (Spiegel online).
Neonazi-Mordopfer: Die einsamen Tränen der Familie K.
Am 4. April 2006 haben die Neonazis Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos Elifs Ehemann in seinem Kiosk mit einer Pistole der Marke Ceska, Typ 83, Kaliber 7,65 Millimeter, kaltblütig erschossen. „Es war wie ein schwarzer Vorhang, den man zugezogen hat“, sagt die Witwe über diesen Tag im April. Der schwarze Vorhang ging nie wieder auf. Auch nicht vor zwei Wochen, als Elif K. endlich erfuhr, wer ihr den Mann genommen und ihre drei Kinder zu Waisen gemacht hat. Der "Härteausgleich" aus dem Fonds für Opfer "extremistischer Gewalt" ist der Familie weniger wichtig als der Besuch desGrünen-Vorsitzenden Cem Özdemir, der ihnen zuhört (Welt).
Nazis prüfen? Nicht so schnell!
Deprimierende Spiegel online-Recherche: Die Redakteure wollten wissen, ob es in den Landeskriminalämtern schon Erkenntnisse über weitere mögliche untergetauchte Neonazis gibt. Sie fanden aber nur heraus: Obwohl die Chefs im Fernsehen anderes erzählen, haben die Überprüfungen noch nicht einmal begonnen.
Neonazi-Morde und der BND: Patzer, Pannen, Peinlichkeiten
Auch der Auslandsgeheimdienst BND war in die Suche nach dem untergetauchten Terrortrio einbezogen. Dabei waren die drei nicht in Südafrika, sondern in Sachsen. Nun erkennt der Chef des Bundeskriminalamts, dass es sich bei den anonymen Hinweisen über den Aufenthalt der Neonazis in Ungarn und Südafrika "möglicherweise bewusst fehlgesteuerte Informationen" handelte, "die den Eindruck erwecken sollten, als seien diese Leute nicht mehr im Lande". (taz)
Geht ein NPD-Verbot mit V-Leuten?
Innenminister Friedrich will V-Leute nur aus der Führungsebene abziehen, in den unteren Ebenen will er seine Informanten behalten. Aber wozu, wenn die Behörden die Informationen offenbar nicht auswerten können oder wollen? Patrick Gensing vom publikative.org kommentiert (Tagessschau.de)
Neonazistische Übergriffen in Peine
Nach den rechtsextremistischen Anschlägen auf Geschäfte türkischer Unternehmer in Peine sind die Bürger heute zu einer Demonstration gegen rechte Gewalt aufgerufen. Die Polizei sucht seit Montag nach den unbekannten Tätern, die ein Reisebüro, einen Imbiss, einen Juwelier- und einen Friseurladen beschädigt und zum Teil mit einem Hakenkreuz beschmiert hatten (t-online).
Kuhkrieg in Schöneweide
Seit Sommer tobt in der Nazihochburg Schöneweide ein "Kuhkrieg". Auf die Aktionen eines Jugendbündnisses, die "Schöner weiden ohne Nazis"-Plakate und Aufkleber verteilten, reagieren die Neonazis mit Gewalt (taz).
Oldenburg: Farbbeutel-Anschlag auf Jüdischen Friedhof
Unbekannte werfen Farbbeutel auf den jüdischen Friedhof in Oldenburg und verletzen einen Polizisten. Die Polizei glaubt an einen rechtsextremen Hintergrund (taz).
Schafft das Wort Extremismus ab!
Die Regierung mag nicht ablassen von dem Dogma, Rechts- und Linksextreme seien das gleiche Problem unterschiedlicher Ausprägung. Das ist gefährlich. Lesenswerter Kommentar von Christian Bangel auf ZEIT Online.
Rechtsextremismus-Prävention: Schule kann es richten
In vielen Regionen Deutschlands dominieren bis heute nationalsozialistisch orientierte Kameradschaften die Kinder- und Jugendarbeit. Sie besetzen ein Vakuum, da es an attraktiven kommunalen Angeboten der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit fehlt. Auch an den Schulen überwiegen insbesondere im Osten der Republik häufig rechtsextrem orientierte Freundschaftscliquen. Die Terroristen von Zwickau haben seit ihrer frühen Jugend genau so eine rechtsextremistische Sozialisation durchlebt, sie gingen im selben Ort zur Schule, verlebten Kindheit und Jugend im selben Milieu und pflegten im innerjugendlichen Dialog gemeinsam ihre Ressentiments gegenüber Migranten, Linken und den Institutionen des demokratischen Staates. Was genau erlebten sie an ihren Schulen? Wie fanden sie gemeinsam den Weg in den Thüringer Heimatschutz? Und an welcher Stelle hätte eine präventive Arbeit in Kinder- und Jugendjahren noch einen Richtungswechsel in ihren Werten und ihrer Biografie herbeiführen können? Fragen wie diese werden gern als unpolitisches Gutmenschentum denunziert. Das verspricht Distinktion, ist aber dumm. - Kommentar von Eberhard Seidel und Sanem Kleff (Schule ohne Rassismus) in der taz.
Feier rechtsextremer Gewalt: Gründer der Wehrsportgruppe Hoffmann tritt in Leipziger NPD-Zentrum auf
Er scharte mehr als 400 schwer bewaffnete Rechtsextremisten um sich, bis heute wird Karl-Heinz Hoffmann in der Szene als Held verehrt. Während Politiker und Sicherheitsbehörden seit Wochen über den Umgang mit Rechtsterrorismus diskutieren, werden am Samstag in Leipzig Hunderte Neonazis zu einem Vortrag des Gründers der berüchtigten Wehrsportgruppe Hoffmann erwartet. Stattfinden soll das Nazitreffen in einem NPD-Zentrum im Stadtteil Lindenau. Die Polizei sieht keine Möglichkeit, den Vortrag zu unterbinden. Schließlich handele es sich um eine private Veranstaltung (Störungsmelder).
Wie umgehen mit rechtsextremer Gewalt?
Bei "Maybritt Illner" war die NSU-Mordserie und die Folgen Thema - mit Bundesinnenminister Friedrich, Rainer Wendt, dem Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, SPD-Vorsitzendem Sigmar Gabriel und Anetta Kahane von der Amadeu Antonio Stiftung. Zwei TV-Kritiken auf stern.de und auf Spiegel online - und das Video der Sendung bei zdf.de.
Funkhausgespräche im WDR: "Wird die braune Gefahr unterschätzt?
Unter dem Motto "Demokratie braucht Diskussion" lädt der WDR jeden Donnerstag ins Funkhaus am Wallrafplatz. Diesmal war das Thema "Wird die braune Gefahr unterschätzt?" mit Christoph Butterwegge, Sozialwissenschaftler und Rechtsextremismusforscher an der Uni Köln; Hans-Peter Killguss, Leiter der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln; Dr. Ingo Wolf: FDP-Landtagsabgeordneter und ehemaliger NRW-Innenminister (Podcast zum Download).
Sehenswerter "Deutsche Welle TV"-Bericht zu "Frauen in der rechtsextremen Szene"
Wie aktiv sind Rechtsextreme im Landkreis Ludwigsburg?
Der Fall um das Thüringer Neonazi-Trio, das offenbar lange Zeit unbeobachtet agieren konnte, wirft die Frage auf, wie aktiv Rechtsextreme im Landkreis Ludwigsburg sind. Eine Spurensuche (Bietheimer Zeitung).
Prozess gegen Neonazi nach Brandanschlag
Der rechtsextremistisch motivierte Brandanschlag in Zossen (Teltow-Fläming) vor knapp zwei Jahren hat Entsetzen ausgelöst - seit Donnerstag nun steht der mutmaßliche Anstifter vor Gericht. Der 25-Jährige gilt als Anführer der rechten Szene in Zossen und soll Jugendliche aufgefordert haben, im Januar 2010 das Haus der Demokratie anzuzünden. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft wirft ihm Anstiftung zur Brandstiftung vor. Zu diesem Tatvorwurf äußerte sich der Angeklagte - ein bekennender Neonazi - zu Prozessbeginn nicht (Welt).
Brandenburger Präventionspreis für die Koordinierungsstelle Eberswalde
Innenminister Dietmar Woidke und Bildungsministerin Martina Münch zeichneten den Leiter der Koordinierungsstelle für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit Eberswalde, Kai Jahns, mit dem Landespräventionspreis des Landes Brandenburg aus. Außerdem wurden das Deutsche Bahn Education Team Eberswalde und das Tanzhaus Senftenberg geehrt sowie die Zusammenarbeit der Nordend-Schule und des Polizeireviers in Eberswalde. Die Amadeu Antonio Stiftung gratuliert.
Wir erinnern uns: Heute vor 21 Jahren jagte der rassistische Mob Amadeu Antonio Kiowa
Heute vor 21 Jahren wurde Amadeu Antonio Kiowa von einem rassistischen Mob in Eberswalde ins Koma geprügelt, bevor er am 06.12. im Krankenhaus starb (netz-gegen-nazis.de)
Beratungsbörse auf Usedom
„Gab es wirklich ein Anwachsen der Kriminalität?“ Das Projekt „perspektywa“ klärt über polenfeindliche Ressentiments in Mecklenburg-Vorpommern auf. Am 26. November findet eine kriminalpräventive Beratungsbörse im Seebad Heringsdorf statt (Amadeu Antonio Stiftung).
Initiative ruft zu Mahnwache für Neonazi-Opfer in Ulm auf
Die Ulmer Initiative „Gedenken an die Opfer rassistischer Gewalt“ ruft für den kommenden Samstag, 26. November, von 15.30 bis 16.30 Uhr zu einer Mahnwache beim Einstein-Denkmal in der Ulmer Bahnhofstraße auf. Dabei will die Gruppe der zehn Opfer der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ gedenken – stellvertretend für viele andere Opfer rassistischer Gewalt (schwaebische.de).
Gedenkveranstaltung am Montag in Erfurt für die Opfer des Nazi-Terrors
Zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens, darunter Landespolitiker der Regierung und Opposition, VertreterInnen der Gewerkschaften, Kirchen und Glaubensgemeinschaften, die Oberbürgermeister der Städte Erfurt, Weimar und Jena und eine Vielzahl von Menschen, die sich in den letzten Jahren in Bündnissen gegen Rechtsextremismus für Demokratie engagiert haben, rufen für kommenden Montag, den 28. November 2011, 16 Uhr, zu einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des neuen nationalsozialistischen Terrors im Hirschgarten in Erfurt auf (dtoday).
raf