22.11.2012 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Beamte spähten als Journalisten getarnt NSU-Opfer aus +++ Rechtsterrorismus: Acht Verdächtige aus dem Umfeld des NSU +++ Amadeu Antonio: Kampf um die Erinnerung.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Beamte spähten als Journalisten getarnt NSU-Opfer aus

Bei ihren Ermittlungen zu der Mordserie an Migranten, die heute der Neonazi-Zelle NSU zur Last gelegt wird, haben sich Ermittler einem Zeitungsbericht zufolge als Journalisten ausgegeben. Der "Zeit" zufolge handelte es sich um fünf Beamte, die von August 2005 bis April 2007 bundesweit im Auftrag der Behörden im Umfeld der NSU-Opfer recherchieren sollten. Die vermeintlichen Journalisten schalteten demnach sogar Annoncen, in denen sie sich als Freiberufler ausgaben, die Informanten zur Mordserie suchten. Erkenntnisse habe die Aktion nicht gebracht. Im Mai war vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags bekannt geworden, dass bayerische Ermittler für ihre früheren Untersuchungen zu den Morden sogar einen eigenen Döner-Imbiss eröffnet hatten. Er sollte nach den Worten des damaligen Nürnberger Oberstaatsanwalts Walter Kimmel dem Zweck dienen, Ausländer aus dem Bereich der organisierten Kriminalität anzulocken. (Welt Online, Tagesspiegel, Frankfurter Rundschau)

Rechtsterrorismus: Acht Verdächtige aus dem Umfeld des NSU

Fünf Personen sind im NSU-Verfahren angeklagt, gegen weitere Verdächtige laufen noch Ermittlungen. Die acht Frauen und Männer haben angeblich ihre Identität zur Verfügung gestellt oder Waffen besorgt. "Spiegel Online" berichtet über die mutmaßlichen Helferinnen und Helfer der Rechtsterroristen. (Spiegel Online) Unterdessen beklagten die Verteidiger der Angeschuldigten im NSU-Verfahren, sie seien einer "Übermacht" ausgesetzt. (Tagesspiegel) Beate Zschäpe wird indes weiter zu den Vorwürfen gegen sie schweigen. Dies teilte ihr Verteidiger mit. (Frankfurter Rundschau)

NSU-Ausschuss: Verwirrung um Einladung von Staatssekretär Hanning

Eigentlich wollten die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses Ex-Staatssekretär August Hanning vernehmen. Doch daraus wird nichts - und der Grund wirft kein gutes Licht auf den Ausschuss. Hanning sagte ab, weil er angeblich die Einladung zu kurzfristig bekommen habe. (Tagesspiegel) Der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) nannte den Vorgang "unprofessionell". (taz)

Amadeu Antonio: Kampf um die Erinnerung

Um die Erinnerung an Amadeu Antonio tobt in Eberswalde seit anderthalb Jahren ein Streit. Im April 2011 hatte die Kampagne "Light me Amadeu" gemeinsam mit im afrikanischen Kulturverein Palanca organisierten angolanischen Freunden und Angehörigen von Antonio den Vorschlag gemacht, einen Teil der Eberswalder Straße nach ihm zu benennen. Doch dagegen gab es Protest. Am heutigen Donnerstag soll nun das Stadtparlament entscheiden, in welcher Form Amadeu Antonio in Zukunft gedacht wird. (taz)

Tillich weist Kritik nach Neonazi-Angriff in Hoyerswerda zurück

Nach dem jüngsten Neonazi-Angriff von Hoyerswerda hat sich Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) gegen den Vorwurf der Tatenlosigkeit verteidigt. "Ich nehme den Vorfall ernst", sagte Tillich der Wochenzeitung "Die Zeit". "Für mich gilt ganz klar, dass Menschen, die bedroht werden, von der Polizei geschützt werden müssen." Bei dem Übergriff im Oktober, der erst vergangene Woche bekannt geworden war, hatten Neonazis ein Paar bedroht und versucht, in dessen Wohnung einzudringen. Die Frau und der Mann leben seitdem außerhalb von Hoyerswerda. Nach eigener Aussage wurden sie von der Polizei gedrängt, aus Sicherheitsgründen die Stadt zu verlassen. Derweil beschuldigte die Opposition die sächsische Regierung, vor der Neonazi-Gewalt zu kapitulieren. (Welt Online)

Langzeitstudien: Doch nicht so viel Rechtsextremismus in Ostdeutschland?

In Sachsen-Anhalt und Thüringen gehen rassistische und rechtsextreme Einstellungen in der Bevölkerung zurück. Zu diesem Ergebnis kommen sogenannte Monitore, die seit Jahren von den Landesregierungen in Auftrag gegeben werden. Die von der Universität Jena erstellte Studie registriert in Thüringen beispielsweise nur noch einen Anteil von 12 Prozent Menschen mit einem rechtsextremen Weltbild. Das sind fünf Prozentpunkte weniger als im Vorjahr und ist der bislang niedrigste Wert in 12 Jahren. Soziologieprofessor Heinrich Best wies allerdings auf die Gleichzeitigkeit einander widersprechender Haltungen hin. So hält die Hälfte der etwa 1.000 Befragten die Bundesrepublik für "gefährlich überfremdet". Gleichzeitig befürworten 60 Prozent eine stärkere Öffnung gegenüber den Wertvorstellungen anderer Kulturen. Festzustellen ist auch eine Tendenz zur Verharmlosung des Nationalsozialismus, dem 16 Prozent "auch gute Seiten" abgewinnen. Jeder Vierte stimmt der Aussage zu, dass es wertvolles und unwertes Leben gebe. Eine solche Aussage bejahen in Sachsen-Anhalt nur 8 Prozent. Der unter Leitung von Everhard Holtmann an der Universität Halle-Wittenberg erstellte Sachsen-Anhalt-Monitor stellt andere Fragen, kommt aber auch zu dem Schluss, dass rassistische und rechtsextreme Einstellungen auf dem Rückzug seien. Nur 9 Prozent der Befragten wollen beispielsweise bei knapper Arbeit Ausländer in ihre Heimatländer zurückschicken. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zog daraus den Schluss, dass Fremdenfeindlichkeit kein besonderes ostdeutsches Phänomen sei. (taz, Berliner Zeitung, Frankfurter Rundschau)

In Gedenken an Silvio Meier

Zwanzig Jahre ist es her, dass Silvio Meier in Friedrichshain von Neonazis ermordet wurde. Unmittelbar nach dem Tod Silvio Meiers wurde eine Mahnwache am Tatort eingerichtet, einen Tag später fanden sich mehrere Tausend Menschen zu einem Schweigemarsch durch Friedrichshain und Prenzlauer Berg zusammen. Diesen Samstag soll Silvio Meier erneut gedacht werden. Dann findet zum 20. Mal die alljährliche Silvio-Meier-Demonstration statt. "Silvio Meier ist gestorben, weil er Gesicht gezeigt hat gegen rechts", sagt Lars Laumeyer vom Silvio-Meier-Bündnis, das die Demo organisiert. Der Tag beginnt aber schon viel früher. Um 13 Uhr hat die NPD eine Demonstration an der Rudower Spinne in Neukölln angemeldet. Das Silvio-Meier-Bündnis ruft dazu auf, sich den Nazis in den Weg zu stellen. Auch findet ab 11 Uhr ein Putzspaziergang durch Johannisthal statt, bei dem Nazisticker und -plakate entfernt werden sollen. Initiator der Aktion ist die Gruppe Uffmucken, die sich in Schöneweide gegen Neonazis engagiert. (taz)

Rechtsextremer Schornsteinfeger verliert endgültig seine Arbeit

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gegen den rechtsextremen Bezirksschornsteinfeger setzt das Land Sachsen-Anhalt den Mann vor die Tür. Die Aufgabe werde einem anderen Schornsteinfeger übertragen, teilte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt am Mittwoch in Halle mit. Lutz Battke solle deshalb binnen zwei Wochen alle mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Unterlagen abgeben. Das Gericht habe ein deutliches Zeichen gesetzt, hieß es zur Begründung. "Rechtsextremes Gedankengut muss von einem öffentlichen Arbeitgeber nicht geduldet werden", betonte der Präsident des Landesverwaltungsamtes, Thomas Pleye. Die Bürger müssten Schornsteinfeger in ihre Wohnung lassen. Insofern sei es wichtig für die Menschen zu wissen, dass auch ein Schornsteinfeger mit Recht und Gesetz im Einklang stehe. (Mitteldeutsche Zeitung, MDR Online)

Lernfähige Neonazis: Neues Netzwerk soll HNG-Verbot unterlaufen

Allenthalben gelten Verbote als wirksames Mittel im Kampf gegen rechtsextremistische Strukturen. Doch die Neonazis sind lernfähig – sie zeigen sich als Hydra. So tritt offenbar die "Gefangenenhilfe" (GH) die Nachfolge der verbotenen HNG an und unterstützt beispielsweise den mutmaßlichen NSU-Helfer Ralf Wohlleben. Verbindungen zur NPD sind dabei kaum von der Hand zu weisen. (Endstation Rechts)

"Das Problem heißt Rassismus": Aktion gegen Buschkowsky-Buch in Buchhandlung

"Das Problem heißt Rassismus!" Unter diesem Motto haben rund 30 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte am vergangenen Samstag in einem Buchladen am Neuköllner Hermannplatz eine Erklärung verlesen und das Buch des Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky (SPD) mit Aufklebern verschönert. (Mut gegen rechte Gewalt)

Angriff auf NPD-Kader: Wie sich die NPD bei Spitzel-Gerüchten verhält

Am Sonntag gegen 11 Uhr überfielen zwei Maskierte den schleswig-holsteinischen NPD-Landessprecher Jörn Lemke. Als der 38-Jährige seine Wohnung im Lübecker Stadtteil St. Gertrud verließ, schlug ihn ein Unbekannter mit einer Dachlatte nieder. Verletzt wurde Lemke nicht. Pech für die Angreifer: Zeugen konnten sich das Kennzeichen des Fluchtautos merken. Den 20-jährigen Halter hat die Polizei bereits vernommen. Zu den Tätern und dem Tathintergrund wollen die Ermittler nichts sagen. "Dies ist mit der Staatsanwaltschaft so auch abgesprochen", sagt ein Sprecher der Polizei. Die Zurückhaltung könnte dem Vorwurf aus der rechten Szene geschuldet sein, Lemke sei ein V-Mann. In der Szene, berichten Aussteiger, sei es nicht unüblich, "Verräter körperlich zu belehren". (taz)

"Volkstreue" als "Korrektiv" an den Gerichten

Die rechtsextreme Szene scheint erneut die laufende Schöffenbewerbung für Sozial- und Amtsgerichte, deren Frist am 30. November endet,  in ihren Fokus genommen zu haben. Auf der Homepage des Internetportals "MUPINFO" werden die "Kameraden" dazu aufgerufen, sich als Schöffe zu bewerben, damit "volkstreue Oppositionelle" und "Nationalisten" als "Korrektiv" an den Gerichten wirken können. Verantwortlich für "MUPINFO " zeichnet der NPD-Landtagsabgeordnete David Petereit , registriert ist es im so genannten "Thinghaus" von Grevesmühlen. (blick nach rechts)

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