19.10.2011 ... Nach den Rechten sehen

Proteste gegen die Euro-Rettung unter rechtspopulistischer Beteiligung +++ Rechtsextreme Holocaust(leugner)-Konferenz im Januar in Nürnberg? +++ Senftenberg: Neonazis greifen 70-Jährige, ihren Enkel und zwei schwarze Studenten an.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Proteste gegen die Euro-Rettung unter rechtspopulistischer Beteiligung
Rechtspopulisten und Rechtsextremen ist die ganze EU und auch der Euro ein Dorn im Auge - kein Wunder also, dass sie auch bei den aktuellen Protesten dabei sind.

In Frankfurt will am Samstag die „Partei der Vernunft“ demonstrieren. Mit deren Mitgliedern möchten die Bewohner des "Occupy Frankfurt"-Camps nichts zu tun haben. „Das ist eine rechtspopulistische Gruppierung, die die Idee hat, Probleme nur auf nationaler Ebene zu lösen“, sagt Pfarrer Hans-Christoph Stoodt, Sprecher der Anti-Nazi-Koordination (Frankfurter Rundschau).

In Wien wollen sich Neonazis an den Protesten beteiligen. Wenn am Samstag die weitgehend unbekannte "Österreichische Bürgerpartei" (laut Homepage "liberal und EU-kritisch") zu einer Anti-Euro-Rettungsschirm-Kundgebung am Wiener Ballhausplatz lädt, ist mit einem Aufmarsch von Neonazis zu rechnen. Diese werben auf einschlägigen Homepages eifrig für die Demo (Wiener Zeitung, Die Presse).

Rechtsextreme Holocaust(leugner)-Konferenz im Januar in Nürnberg?
Im Januar soll Nürnberg drei Tage lang zum Zentrum für Neonazis werden. Rechtsextreme aus der Region bereiten im Geheimen eine „Holocaust-Konferenz“ vor, zu der braune Gesinnungsbrüder aus vielen Ländern erwartet werden. Eine gleichartige Veranstaltung, die vor fünf Jahren im Iran stattfand, löste weltweite Proteste aus (Abendzeitung Nürnberg).

Senftenberg: Neonazis greifen 70-Jährige, ihren Enkel und zwei schwarze Studenten an
Am Samstag wurden in der Zeit von 10 bis 13 Uhr durch zwei alkoholisierte Männer mehrere Passanten in Senftenberg grundlos beleidigt, tätlich angegriffen und verletzt. Immer wiederkehrend wurden durch die beiden Beschuldigten nationalsozialistische Parolen skandiert. Eine 70-jährige Frau erlitt bei dem körperlichen Angriff auf ihre Person und auf ihren 31-jährigen Enkelsohn Prellungen am Oberkörper. Kurze Zeit später wurden zwei afrikanische Studenten der Fachhochschule Lausitz durch die Beschuldigten mit ausländerfeindlichen Sprüchen beleidigt und ebenfalls körperlich angegriffen. Die Polizei konnten die beiden Beschuldigten in ihrer Wohnung in Senftenberg festnehmen(Märkische Allgemeine).

Angriffe auf Falken-Häuser mehren sich
Am Fritz-Erler-Haus der Falkenjugend und an 13 in der Nähe geparkten Fahrzeugen haben bislang unbekannte Täter auf verfassungsfeindliche Weise „verewigt“. Sie beschmierten Fassade und Fahrzeuge mit Hakenkreuzen. Auch in Dortmund und Herne wurden in den vergangenen Wochen von Nazis Falkenhäuser beschmiert, unter anderem mit der Parole "Falken Töten". In Berlin ist Anfang des Jahres sogar ein Falkenhaus von Nazis angezündet und schwer beschädigt worden. Julia Rakowski, Vorsitzende der Falken Gelsenkirchen: "Das zeugt davon, dass Nazis eine demokratische und antifaschistische Erziehung für Kinder und Jugendliche als Gefahr ansehen." (DerWesten)

Katholische Erzdiozöse verweigert "Lebensschützern" Kirchenräume
Wie verschiedene, den "Lebensschützern" zugewandte Internetseiten berichten, hat das katholische Erzbistum München und Freising entschieden, weder die St.-Paul-Kirche noch ein anderes Kirchengebäude für eine Messe von katholischen "Lebensschützern" bereitzustellen. Am 24.10. findet unter der Leitung der EuroProLife der diesjährige Gebetszug „1000 Kreuze für das Leben“ in München statt. Die Erzdiözese erklärte, dass die Veranstaltung rechtsextrem unterwandert sei, und “aus diesem Grund ist den Teilnehmern der Veranstaltung die Nutzung des Kirchenraums der Pfarrei St. Paul und anderer Kirchenräume nicht gestattet”, heißt es in der Erklärung des Erzbistums (Hintergrund auf indymedia).

Nazi der Kasseler Kameradschaft "Sturm 18" scheitert mit Revision am Bundesgerichtshof
Der Kasseler Neonazi-Führer Bernd T. muss ins Gefängnis. Wegen Bedrohung und Beleidigung einer Frau, deren minderjährige Tochter unter den Einfluss des 37-Jährigen geraten war, wurde der Gründer der Kameradschaft „Sturm 18“ bereits im März zu zehn Monaten Haft verurteilt. Seinen Revisionsantrag gegen diese Entscheidung des Kasseler Landgerichts hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe jetzt zurückgewiesen. Und es könnte auch noch weitaus härter kommen für den üppig vorbestraften Neonazi - denn es sind noch weitere Verfahren anhängig (Frankfurter Rundschau).

Sächsisches Ministerium verliert Streit mit der NPD
Das Wirtschaftsministerium warf dem NPD-Abgeordneten Andreas Storr vor, eine "Kleine Anfrage" missbraucht zu haben, um polenfeindliche Ressentiments zu äußern. Der Sächsischer Verfassungsgerichtshof urteilte nun: Die Anfrage müsse trotzdem inhaltlich beantwortet werden (Tagesspiegel).

Mecklenburg-Vorpommern: Richter sich gegen Reduzierung der Amtsgerichte
Der Richterbund Mecklenburg-Vorpommerns hat vor negativen Folgen einer formalen, allein an Verwaltungsstrukturen orientierten Gerichtsreform gewarnt, durch die die Zahl der Amtsgerichte in Mecklenburg-Vorpommern von 21 auf 8 reduziert würde. "Der Rechtsstaat muss auch in der Fläche Präsenz zeigen. Unsere kleinen Gerichte befinden sich vorwiegend in ländlichen Bereichen, in denen wir ohnehin schon Probleme mit rechtsextremen Gruppierungen erkennen können. Hier könnte der Rückzug der Gerichte als falsches Symbol verstanden werden", erklärte der Vorsitzende des Richterbundes, Peter Häfner, am Dienstag (Ostseezeitung).

Emmendingen: Keine Neonazi-Versammlung am Samstag
Die Stadt Emmendingen hat eine Versammlung von Neonazis am Samstag verboten. Der 22. Oktober sei auch der Jahrestag der Deportation der südbadischen Juden nach Gurs, hieß es zur Begründung. Der Zusammenfall dieser beiden Termine berge Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Boulevard Baden).

Tatorte rechter Gewalt in Berlin: "In ihrer Straße"
Eine Ausstellung unter dem Motto »Berliner Tatorte« im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt zeigt Orte in ganz Berlin, an denen rechtsextreme oder antisemitische Gewalttaten verübt wurden - eine Fotodokumentation der Opferberatungsstelle ReachOut Berlin. Der 45-jährige Fotograf Jörg Möller wollte bewusst die Orte in Szene setzen: "Ich möchte den Besuchern zeigen, dass es in ihrer Straße zu rechtsextremen Taten kommen kann." (nd)

Warum ist in Sachsen das Demokratiedefizit so groß?
Angesichts der Proteste gegen die jahrelang von der Stadt geduldeten Neonazi-Aufmärsche im Februar in Dresden antwortet der sächsische Staat mit Überwachungsdrohnen, uferloser Telefonüberwachung, Hausdurchsuchungen, der Entnahme von DNA-Proben und sogar gegen Antifaschisten gerichtete Ermittlungen nach Paragraph 129 wegen »Bildung einer kriminellen Vereinigung«. Warum? Darüber spricht die Junge Welt mit Karl Nolle, der für die SPD im sächsischen Landtag sitzt.

Ungarn: Rechtsextremer Theaterchef will "nationale" Stücke antisemitischer Dichter spielen
Bis vor kurzem hatte Budapest ein "Neues Theater" mit einem Intendanten, der es 13 Jahre lang ausgezeichnet führte. Jetzt heißt das Theater auf Wunsch seines neuernannten Chefs "Heimatfronttheater" und wird vom Schauspieler György Dörner geführt, der sich selbst als rechtsradikal bezeichnet und in seinen Bewerbungsunterlagen viel von nationalsozialistischer Ideologie und "Kunst"-Idee spricht. Der Mann wurde vom Budapester Oberbürgermeister eingesetzt, obwohl seine Bewerbung in der Bestellungskommission 6 zu 2 abgelehnt worden war. Der neue Theaterleiter kündigte an, dass er nunmehr in diesem Theater nur national gesinnte Stücke spielen werde, die "die Einheit des Landes fördern", zum Beispiel Stücke eines gewissen Isztvan Csurka - weit über Ungarns Grenzen hinaus als rabiater Antisemit bekannt (taz, Live-PR).

Erlangen: Uni verlinkt zu rechter Burschenschaft
Die Universität Erlangen verlinkt auf ihrer Web-Präsenz auf die Erlanger Burschenschaft Frankonia. Die pflegte enge Kontakte zur Nazi-Szene der Stadt. Nun diskutieren die Stadtpolitiker den Umgang. Der Universitätsdirektor findet, das gehöre zur Meinungsfreiheit (nordbayern.de).

Berlin-Mitte führt die Extremismusklausel ein
Auch im Berliner Bezirk Mitte gilt künftig: Ohne Unterschrift unter die Extremismusklausel keine bezirkliche Förderung mehr (taz).

"Entmystifizierung" der Nazi-Kunst: "Große Deutsche Kunstausstellungen" 1937-1944 online recherchierbar
Ein Online-Projekt ermöglicht erstmals einen umfassenden Blick auf die Präsentationen, die im Hitler-Regime zum Sinnbild der Gleichschaltung und der Unterdrückung freier Kunst wurden. Unter dem Namen "GDK Research" (GDK = "Große Deutsche Kunstausstellung") startet an diesem Donnerstag (20.10.) eine Forschungsplattform zu den Ausstellungen. Die Nationalsozialisten hatten sie von 1937 bis 1944 alljährlich veranstaltet. Auf der Plattform können Wissenschaftler und Interessierte sich ein Bild von den großen Propaganda-Ausstellungen machen, die seinerzeit bis zu 600.000 Besucher pro Jahr anzogen. Ziel des Projektes ist eine "Entmystifizierung" der großen Schauen, wie Projektreferent Christian Fuhrmeister vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München sagte. Vieles, was dort ausgestellt worden sei, sei nicht pompös und offen propagandistisch. «Wir wollen einen Prozess anstoßen, der die Sicht auf Nazi-Kunst korrigiert und zeigt, wie sie wirklich war - zum Teil völlig banal», sagte der neue Leiter des Hauses der Kunst, Okwui Enwezor (Dattelner Morgenpost).

Respekt gewinnt!
Noch bis zum 31. Oktober können sich Berliner Projekte und Initiativen beim Wettbewerb "Respekt gewinnt!" des Berliner Ratschlags für Demokratie bewerben.

Jubiläumswoche im Jüdischen Museum Berlin
Das Jüdische Museum in Berlin feiert 2011 sein 10-jähriges Bestehen. In der „Jubiläumswoche“ vom 24.-30. Oktober stehen zahlreiche Veranstaltungen auf dem Programm, bei vielen ist der Eintritt frei.

Forderung nach Todesstrafe nützt den Opfern von Kindesmissbrauch nicht
Der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist offenbar zurückgegangen. Dies ist zumindest das Ergebnis einer Studie vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen - weil die Opfer inzwischen ernster genommen werden. Die NPD äußert sich oft zum Thema Kindesmissbrauch – und fordert „Todesstrafe für Kinderschänder!“ Dies zeige, dass die Neonazis von dem Thema keine Ahnung haben, wie die Leiterin der Beratungsstellte „Zartbitter“, Ursula Enders, betont (publikative.org)

USA: Mörderisches Neonazi-Duo
In Nordkalifornien stellten die Behörden jetzt ein Neonazi-Paar, das mindestens zwei Morde begangen haben soll. Der 31-jährige Neonazi David Joseph Pedersen, der zeitweilig zur Neonazi-Gang "Aryan Death Squad" gehörte, und die 24-jährigen Gleichgesinnten Holly Ann Grigsby werden beschuldigt, am 28. September Pedersen Stiefmutter, die 69-jährige Leslie Mae Pederson, brutal ermordet haben. Seit dem Mord ist der Ehemann des Opfers, der 56-jährige David Jones Pedersen, verschwunden. Die Behörden befürchten, dass der reiseunfähige Veteran auch ermordet wurde. Ebenfalls zu Tode kam der 19-jährige Cody Myers, der Besitzer des gestohlenen PKWs.

raf

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