Nach den Rechten sehen: Schäuble nach Auftritt vor NSU-Ausschuss in der Kritik +++ NPD-Verbotsverfahren rollt an - Spitzenpolitiker skeptisch +++ Prozess um den Tod von Oury Jalloh: Staatsanwaltschaft legt Revision ein.
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Schäuble nach Auftritt vor NSU-Ausschuss in der Kritik
Ihm fehle echtes Interesse an der Aufklärung der NSU-Taten - diese Anschuldigung muss sich Wolfgang Schäuble nach seiner Befragung durch den Bundestags-Untersuchungssauschuss gefallen lassen. Er habe sich in seiner Zeit als Innenminister "nicht als oberster Polizist in Deutschland verstanden", so Schäuble. (Deutschlandradio, Zeit Online) Der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) warf dem damaligen Innenminister Desinteresse an der Aufklärung der Morde vor. "Ich kann nachvollziehen, dass Herr Schäuble in diesen Wochen vor einer erheblichen zeitlichen Belastung steht", sagte Edathy der "Mitteldeutschen Zeitung". "Aber ein bisschen mehr Respekt gegenüber seinen Kollegen im Untersuchungsausschuss wäre angemessen gewesen." Dem RBB-Inforadio sagte Edathy: "Er hat sich für die Sache nach meinem Eindruck so gut wie gar nicht interessiert." Zudem seien 2006 in Schäubles Ministerverantwortung zwei gravierende Fehlentscheidungen getroffen worden. (Handelsblatt.com) Mit spitzen Bemerkungen und Belehrungen hatte Schäuble am Freitag einen "denkwürdigen" Auftritt im NSU-Ausschuss hingelegt. (Zeit Online, Spiegel Online) Der heutige Finanzminister erklärte: "Ich kann nichts erkennen, was mich in irgendeiner Weise belasten würde." (Sueddeutsche.de, Faz.net)
NPD-Verbotsverfahren rollt an - Spitzenpolitiker skeptisch
Der Bundesrat gibt grünes Licht für das NPD-Verbotsfahren, Bundestagspräsident Norbert Lammert erneuert seine Bedenken gegen den Plan: Bei dem NPD-Verbotsverfahren sind die Parteien sind hin- und hergerissen. Bei den Grünen stehen Hans-Christian Ströbele und Wolfgang Wieland für das Pro und Contra. (Der Westen) NPD-Parteichef Holger Apfel hofft derweil auf Solidarisierungseffekte. (Endstation Rechts) Unterdessen kündigten die Grünen im Bundestag an, ein erneutes NPD-Verbotsverfahren nur unter Bedingungen mittragen zu wollen. Die von den Ländern und dem Bund erklärte Abschaltung der V-Leute müsse zweifelsfrei nachweisbar sein, forderte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast in der "Welt". (Welt Online) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigt sich immer noch zögernd, wie die "taz" kritisiert: "Merkels Bedenken, so nachvollziehbar sie sind, produzieren dieses Mal gleich mehrere kontraproduktive Effekte." (taz) In der "Süddeutschen Zeitung" kommentiert Heribert Prantl, ein Verbotsantrag reiche nicht aus: "So einfach ist es nicht. Die Neonazis sitzen nicht nur in Landtagen und Stadträten, sondern als Bürger in Elternbeiräten und Kneipen. Die Arbeit für demokratische Kultur braucht einen längeren Atem als den, der bis Karlsruhe reicht. Der Verbotsantrag kann nur ein Zusatz sein." (Sueddeutsche.de) Ähnlich argumentiert Harald Martenstein im "Tagesspiegel": Viel wichtiger als das Verbot einer rechtsextremen Splitterpartei findet er die Aufklärung der NSU-Pannenserie bei Verfassungsschutz und Polizeibehörden. (Tagesspiegel)
NPD-Verbotsverfahren: Bouffier verteidigt Stimm-Enthaltung
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier hat sein Ausscheren aus der Länderfront beim angestrebten NPD-Verbotsverfahren verteidigt. "Wenn man diesen Weg geht, dann muss man davon überzeugt sein. Diese Überzeugung haben wir nicht", sagte der CDU-Politiker in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Die NPD müsse in erster Linie politisch bekämpft werden. Als einziges Bundesland hatte Hessen am Freitag bei der Abstimmung im Bundesrat zum Verbotsverfahren sich der Stimme enthalten. Die SPD-Opposition sprach von einem Skandal, da sich Hessen in Sachen NPD-Verbot immer mehr isoliere. (Welt Online)
Prozess um den Tod von Oury Jalloh: Staatsanwaltschaft legt Revision ein
Der Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle geht möglicherweise in eine weitere Verhandlungsrunde. Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau hat Revision gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg eingelegt. Der leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann erklärte, der angeklagte Polizeibeamte sei zwar wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Landgericht habe aber nicht geklärt, ob die Verstöße gegen das Polizeigesetz auch anders hätten bewerten werden können. So müsse geprüft werden, ob es sich nicht um eine Freiheitsberaubung mit Todesfolge handele. (MDR Online)
Rechtsextreme verherrlichen NSU-Morde
Nach dem Auffliegen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) rüstet die rechtsextreme Szene in Thüringen wieder auf. In Crawinkel etwa brüsten sich Neonazis offen mit den NSU-Morden. (MDR Online)
Beate Zschäpe lehnt psychiatrisches Gutachten vor NSU-Prozess ab
Die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe lehnt eine Untersuchung durch einen Gutachter ab. Der vom Gericht bestimmte Psychiater soll dennoch ein erstes Gutachten erstellen - auf Grundlage der Ermittlungsakten. (Spiegel Online)
Die "Identitären": JN springen auf den fahrenden Zug
Kaum eine Kampagne der extremen Rechten hat in den letzten Monaten mehr Beachtung erfahren als die "Identitären", die mit einem ausgefeilten viralen Marketing und wenigen öffentlichkeitswirksamen Aktionen die Szene durcheinander wirbelten. Deshalb versucht nun die NPD, auch mangels eigener Ideen, anzudocken. Allerdings könnte die unterschiedliche ideologische Schwerpunktsetzung den NPD-Vorstoß schnell verpuffen lassen. (Endstation Rechts, Störungsmelder)
"Ich möchte endlich Gesicht zeigen!" – Neonazi-Aussteiger Patrick Wiedorn im Interview
Patrick Wiedorn lebt vegan, ist konsum- und gesellschaftskritisch und setzt sich für eine offene Gesellschaft ein. Diese Freiheit genoss er nicht immer, über zehn Jahre war er Führungsaktivist in der neonazistischen Kameradschaftsszene. Zwei Jahre nach seinem Ausstieg spricht er für "Endstation Rechts" mit Felix Benneckenstein über seine Zeit als Neonazi, den Ausstieg und die Rolle technisch hochwertiger Neonazi-Projekte damals und heute. (Endstation Rechts)
Kameradschaft an der letzten Bushaltestelle
Eine im November veröffentlichte Studie zeigt: In Ostdeutschland vertreten mehr Jugendliche denn je ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild. Warum ist das so? Und was lässt sich dagegen tun? Begegnungen mit Menschen, die täglich mit diesen Fragen konfrontiert sind. (Sueddeutsche.de)
Weißenfels: Mit Bässen und Kerzen gegen Neonazis
Weißenfels hat gegen einen Aufmarsch von Neonazis Flagge gezeigt: Mit hämmernden Bässen, mit Worten, mit Andachten, Kerzen und Liedern haben Menschen am Sonnabend deutlich gemacht, dass Nazis in der Stadt in Sachsen-Anhalt nicht willkommen sind. Sie folgten damit einem Aufruf des "Weißenfelser Bündnisses für Toleranz - gegen Rechtsextremismus und jede Gewalt". Am Saaleufer, am sogenannten Stadtbalkon gegenüber des Bahnhofs, waren es laut Polizei etwa 60 Frauen und Männer, die lautstark gezeigt haben, was sie davon halten, dass sich am anderen Flussufer Neonazis zu einem Marsch durch die Stadt versammelt haben. "Gegen diese braune Brut muss man sich doch wehren", sagte ein Demonstrant, während eine Gruppe Jugendlicher immer wieder "Nazis raus!" brüllte und ihre Worte mit deutlichem Fingerzeig untermauerte. Insgesamt waren es laut Jörg Bethmann, Sprecher des Polizeireviers Burgenlandkreis, etwa 110 Neonazis gewesen, die vom Weißenfelser Bahnhof aus in die Neustadt zum Märchenbrunnen marschiert sind, im Anschluss auf den Parkplatz unterhalb der Langendorfer Straße und dann zurück zum Bahnhof. Begleitet war der Marsch, bei dem Parolen skandiert wurden, von einem massiven Polizeiaufgebot. Laut Bethmann gab es keine Ausschreitungen. Allerdings gebe es drei Anzeigen gegen Neonazis, unter anderem wegen der Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen, so Bethmann. (Mitteldeutsche Zeitung)
Alsfeld: Neonazi-Festnahmen auf Weihnachtsmarkt
Auf dem Alsfelder in Osthessen war am Samstag eine 15 Mann starke Gruppe durch rassistische Beleidigungen aufgefallen, wie die Polizei am Sonntag berichtete. Neun Rechtsextreme seien vorübergehend in Gewahrsam genommen worden. Die angetrunkenen Männer stammten überwiegend aus dem Kreis Gießen. (HR Online)