15.05.2012 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: NSU: Gehörten zum Blood & Honour-Netzwerk + Pannenreport erwartet +++ Geithain: Bürgermeisterin fordert intensive Polizei-Aufklärung zu Sprengstoffanschlag +++ Montessorischule Vilshofen: Wirbel um Ex-Funktionär der NPD.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

NSU und Blood & Honour: Blut-und-Ehre-Mörder aus Jena

Der NSU hatte nicht nur Kontakt zur Blood-&-Honour-Bewegung, sondern war womöglich Teil des militanten Netzes. Im September 1998, ein Dreivierteljahr nach dem Abtauchen des Trios, schrieb das für die Zielfahndung zuständige Dezernat 12 des LKA: die drei gehörten „zum harten Kern der Blood-&-Honour-Bewegung“ in Jena. Das hätte auch die Bundesbehörden aufhorchen lassen müssen, die in die Suche eingebunden waren. Denn in dem militanten, internationalen Neonazinetzwerk wurde genau zu dieser Zeit der Untergrundkampf propagiert. Unter den zwölf Männern und Frauen, die heute als NSU-Helfer beschuldigt werden, sind zwei frühere Blood-&-Honour-Männer aus Sachsen. Einer von ihnen, der heute 44-jährigen Thomas S., organisiertem it seinen Chemnitzer Skinheadkameraden die erste Wohnung im Untergrund für das NSU-Trio. (taz).

NSU II: Pannenreport und neue Spuren zur NPD

Am Dienstag legt die Schäfer-Kommission ihren Bericht über die Pannen bei der Fahndung nach Bönhardt, Mundlos und Zschäpe vor. Der MDR zitiert vorab aus dem Papier, das gravierende Pannen auflistet. Zudem berichtet der Sender, die drei Rechtsterroristen hätten sich nach ihrem Abtauchen noch in Jena aufgehalten, möglicherweise seien sie bei einem damaligen NPD-Funktionär untergekommen (publikative.org).

Geithain: Bürgermeisterin fordert intensive Polizei-Aufklärung zu Sprengstoffanschlag

Nach dem Sprengstoffanschlag auf die Pizzeria "Bollywood" in Geithain fordert Bürgermeisterin Romy Bauer (CDU): „Diese Übergriffe reihen sich ein in kriminelle Handlungen mit – nach meiner Wahrnehmung – eindeutig rechtsextremem Hintergrund", erklärte sie auf LVZ-Nachfrage. Seit Mohammed Abid Sayal seine Pizzeria in Geithain im Januar eröffnete, sei er dreimal bedroht worden und es habe zwei Anschläge gegeben. „Die Verfolgung krimineller Übergriffe hat viel zu wenig Erfolg! Werden wir nicht ernst genommen? Schöpft die Polizei bei ihren Ermittlungen wirklich alle Möglichkeiten aus?", fragte die Stadtchefin und forderte Erfolge in der Strafverfolgung. Das Leben von nahezu 6000 Menschen könne nicht von wenigen Kriminellen in den Bann geschlagen werden. Bauer: „Die menschenverachtenden Machenschaften sind sehr ernst zu nehmen, ihnen muss Einhalt geboten werden!" Bisher kann die Polizei allerdings keine Ermittlungserfolge vorweisen (LVZ, mdr).

Montessorischule Vilshofen: Wirbel um Ex-Funktionär der NPD

Was hat ein ehemaliger NPD-Aktivist bei der Montessorischule zu suchen − noch dazu in der Vorstandschaft des Trägervereins? Kann man so jemanden aus dem Verein ausschließen, obwohl die NPD nicht verboten ist? Diese ungewöhnliche Frage hat in den zurückliegenden Wochen für heftigen Wirbel in der Schulgemeinschaft gesorgt. Am Sonntag hat der umstrittene Mann nun einen Schlussstrich gezogen und seinen Austritt aus dem Montessori-Verein erklärt. Aus der Vorstandschaft war der 53-Jährige bereits im Februar ausgeschieden, als kurz nach seiner damaligen Wahl bekannt wurde, dass er zeitweiliges Bundes- und Landesvorstandsmitglied der NPD war. Die Schule äußert sich beruhigend: Es sei zu keiner rechtsextremen Agitation gekommen. Beratungsstellen sehen eine größere Gefahr (Vilshofner Anzeiger).

Verfassungsschutzbericht Hamburg: Bröckelnde Neonazi-Szene

Der Hamburger Verfassungsschutz sieht in der eigenen Behörde keine Fehler bei Ermittlungen zum Neonazi-Untergrund, legt aber aktuell besondere Aufmerksamkeit auf die rechtsextreme Szene. Die sei in Hamburg allerdings eher im Zerfall begriffen, auch wenn das „böse alte Tandem“, die Neonazi-Kader Thomas Wulff und Christian Worch zum 2. Juni wieder gemeinsam an einem Strang zieht. „Hamburg ist keine Hochburg der Neonaziszene und ihren bösen Geistern“, sagte Murck. „Es gibt jedoch viele Leute, die fremdenfeindlich denken“ und bei denen die Überfremdungs-Thesen der Nazis auf Nährboden stoßen, konstatierte Murck (taz).

Attacke auf dem Weihnachtsmarkt: Vier Neonazis in Dortmund vor Gericht

Vier Dortmunder Neonazis müssen sich ab heute unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Dortmunder Landgericht verantworten. Sie hatten im November 2011 auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt zwei türkischstämmige Jugendliche angegriffen und brutal zusammengeschlagen haben. Einer der Angeklagten ist bereits wegen Totschlags vorbestraft, weil er im Jahr 2005 in Dortmund einen Punk erstochen hatte (Bild).

Bochum: Neonazi-Attacke auf 60jährigen Fußgänger

Ein Neonazi (50) aus Bochum, der auf seiner Hand Nazi-Symbole tätowiert hat, soll einen ausländerfeindlichen Angriff auf einen türkischstämmigen Fußgänger (60) begangen haben. Der Täter schweigt vor Gericht, das Opfer berichtet von massiver und völlig grundloser Gewalt (DerWesten).

Österreich: Geschworene lassen Neonazi-Prozess platzen - mutmaßlich aus Angst

22 Laienrichter waren geladen, um im Prozess gegen Neonazi-Führer Gottfried Küssel zu urteilen. 15 kamen nicht und ließen den Prozess platzen. In einem früheren Prozess gegnen Küssel (1993) hatte die rechtsextreme Szene den Richter und den Staatsanwalt auf eine "Todesliste" gesetzt. Damals machte auch eine Liste mit den Namen der Geschworenen die Runde, und die rechtsradikale Szene rief dazu auf, die Laienrichter mit Protestbriefen zu bombardieren. Nun will die Richterin versuchen, die ausgebliebenene Geschworenen zu überzeugen (kurier.at).

Überlebende beim Breivik-Prozess: „Er hat verloren“

So sagte unter anderem die 1993 geborene Frida Holm Skoglund mit leiser Stimme aus, wie sie sich trotz eines Beinschusses mit zahlreichen anderen Jugendlichen schwimmend vor dem Attentäter retten konnte. Sie hatte als erste der Zeugen verlangt und durchgesetzt, dass Breivik während ihrer Aussage den Gerichtssaal verlassen und aus einem Nebenraum zuhören musste. Am Ende der Schilderung ihrer furchtbaren Erlebnisse bei dem anderthalbstündigen Massaker antwortete sie auf die Frage einer Anwältin, ob sie eine Botschaft an den Täter habe: „Wir haben gewonnen, er hat verloren, und die norwegische Jugend kann schwimmen.“ Sie bezog sich damit auf eine frühere Aussage Breiviks, dass er vorgehabt habe, 100 junge Teilnehmer des sozialdemokratischen Sommerlagers auf Utøya in den eiskalten Fjord zu treiben und dort bei Fluchtversuchen ertrinken zu lassen. (Focus online).

Hamburg: Linke wollen Neonazis am 02. Juni mit Veranstaltung blockieren

Und zwar wollen die Linke-Politiker*innen eine öffentliche Sitzung der Bürgerschafts- und Bezirksfraktionen auf der Demo-Route einberufen - die so lange dauern kann, dass die Nazis nicht laufen könnten (Hamburger Morgenpost). Auch zahlreiche weitere Gegenproteste sind angekündigt.

„Rock für Deutschland“ für den 07. Juli in Gera geplant

Zum zehnten Mal in Folge plant die NPD eine als politische Veranstaltung getarnte Rechtsrockveranstaltung in Gera. Als Termin wird Samstag, der 07. Juli beworben.
In enger Anbindung an die sog. „freien Kräfte“ soll Rock für Deutschland wieder einmal die Bühne für rechtsradikale Propaganda bieten. Bei den angekündigten Bands handelt es sich Gruppen, die zum Teil in Verfassungsschutzberichten benannt werden oder deren Alben indiziert wurden (dtoday). Beworben werden aktuell als Redner der Ex-NPD-Bundesvorstzende Udo Voigt, Matthias Fischer, Patrick Wieschke, Dieter Riefling und Karl Richter. Als Bands sind angekündigt: Max Resist, Oidoxie, Tätervolk, Words of Anger, Exzess (lautgegennazis).

Merkel widerspricht CDU-Konservativen in Islam-Frage

Innenminister Friedrich und Unionsfraktionschef Kauder wollen den Islam nicht als Teil Deutschlands anerkennen. Die Kanzlerin sieht das anders. Für sie ist der Islam inzwischen ein fester Bestandteil Deutschlands. "Die Muslime gehören heute zu unserer Lebenswelt dazu", sagte sie bei einem Besuch einer Schule in Berlin. Viele Muslime seien Deutsche. "Deshalb gehört der Islam heute dazu." (ZEIT online)

Berlin erhält eine "Silvio-Meier-Straße"

Durch das vielfältige Engagement der Initiative „Aktives Gedenken“  wird es in Berlin- Friedrichshain endlich ein würdiges Gedenken für den 1992 von Neonazis ermordeten Antifaschisten Silvio Meier geben (mut-gegen-rechte-gewalt.de).

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