Nach den Rechten sehen: Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung: Rechtsextremismus nimmt zu +++ Hanns-Seidel-Stiftung: "Nazivermögen" sinnvoll einsetzen +++ Berlin: Piraten und Linke mobilisieren gegen Demo von Pro Deutschland.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung: Rechtsextremismus nimmt zu
Rechtsextremes Gedankengut findet in Deutschland immer mehr Verbreitung: Einer Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge haben inzwischen neun Prozent der Bevölkerung ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild. In Ostdeutschland kommen die kruden Thesen besonders gut an. "Bestand in der Vergangenheit ein enger Zusammenhang zwischen zunehmendem Alter und rechtsextremer Einstellung, so findet sich dieser nun nicht wieder", warnt die Studie. "Die Brisanz dieser Situation darf keinesfalls unterschätzt werden." Es handle sich offensichtlich um eine Folge der Strukturprobleme in Ostdeutschland sowie des Gefühls einer Generation, nicht gebraucht zu werden. Der Verweis auf die soziale und wirtschaftliche Abkopplung zeige auch, dass es sich im Kern nicht um ein ostdeutsches Problem handle, betonten die Autoren. Entscheidend seien wirtschaftliche Strukturmerkmale. Im Osten gebe es nur besonders viele "abwärtsdriftende Regionen". (Spiegel Online, Tagesschau.de, Deutschlandradio) Angesichts der Studie forderte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) weitere Anstrengungen gegen Rechts: "Die Studie zeigt, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus eine Daueraufgabe ist", sagte die Ministerin der Nachrichtenagentur AFP. (Welt Online) Christian Demuth, Vorsitzender der Dresdner Initiative Bürger.Courage, sagte zu der Untersuchung: "Die Studie zeigt erneut: Wir haben ein grundsätzliches Problem mit Rassismus und Menschenfeindlichkeit, in West-, aber gerade auch in Ostdeutschland." Mit Blick auf Sachsen scheine zwar die NPD derzeit einen Niedergang zu erleben. Doch das Problem rechtsextremer Einstellungen sei damit nicht beseitigt, so Demuth. (Leipziger Volkszeitung) Im "Tagesspiegel" kommentiert Frank Jansen, der Abbau von Rassismus und Ressentiments sei eine Aufgabe "fürsorgender Politik". (Tagesspiegel) Wolf Schmidt stellt dagegen in der "taz" fest: "Innenminister Friedrich hatte also gleichzeitig recht und unrecht. Der Rechtsextremismus ist im Osten ein größeres Problem als im Westen. Aber von einer 'Unterwanderung' kann keine Rede sein. Vielmehr hat er sich in der Mitte festgesetzt." (taz) Die gesamte Studie als PDF zum Download gibt es hier.
Hanns-Seidel-Stiftung: "Nazivermögen" sinnvoll einsetzen
Wegen der NS-Vorwürfe gegen ihre Mäzene soll die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung nach dem Willen der Grünen künftig auf die Förderung der deutschen Volksmusik verzichten. Stattdessen solle die Einrichtung mit ihrem "Nazivermögen" die Amadeu Antonio Stiftung unterstützen, die gegen Rassismus und Antisemitismus kämpfe, schlug der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, gestern vor. Alternativ käme auch die Bundesstiftung Erinnerung, Verantwortung in Frage. (taz) In seiner neuesten Ausgabe hatte der "Spiegel" berichtet, dass Die Hanns-Seidel-Stiftung bis heute den “Tag der Volksmusik” aus dem Erbe zweier Nationalsozialisten der ersten Stunde finanziert. (Publikative.org)
Berlin: Piraten und Linke mobilisieren gegen Demo von Pro Deutschland
Die rechtspopulistische Bürgerbewegung hat für Dienstag eine Kundgebung in der Nähe des Flüchtlingscamps am Brandenburger Tor in Berlin angekündigt. Piratenpartei und Linke wollen ihre Solidarität mit den Flüchtlingen zeigen und mobilisieren zu einer Gegenveranstaltung. (Tagesspiegel, taz)
Stahlknecht: NSU-Morde hätten verhindert werden können
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat die Ermittlungen zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) scharf kritisiert. Einige, womöglich sogar alle Morde des Terrortrios hätten verhindert werden können, sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" in Halle. (Zeit Online, Welt Online)
Aktenschredder-Affäre in Berlin: Rücktritt unwahrscheinlich
In der Affäre um die rechtswidrige Vernichtung von möglicherweise NSU-relevanten Nazi-Akten rechnet die Innenverwaltung nicht mit personellen Konsequenzen, sondern prüft Abläufe. (Berliner Zeitung)
Rassismus bei der Frankfurter Polizei: Ermittlungen in eigener Sache
Nach den Prügel-Vorwürfen von Derege Wevelsiep gegen Frankfurter Polizisten wird erneut die Forderung nach Einführung von Beschwerdestellen und einer Kennzeichnungspflicht für Beamte laut. In vielen Ländern gibt es bereits beides. Doch Innenminister und Gewerkschaft der Polizei sind vehement dagegen. (Frankfurter Rundschau)
Neueste Rechte: Die identitäre Bewegung Deutschland
Die antiliberale Jugendbewegung "Identitäre Bewegung Deutschlands" ist ein Phänomen, die im Internet ihren Ursprung zu haben scheint. Doch dahinter stecken bekannte rechte Kreise. (Frankfurter Rundschau)
Berlin: Neonazis nach Gewaltausbruch in Kreuzberg angeklagt
Es waren schockierende Szenen: Prügelnde Neonazis machten Jagd auf Migranten und Gegendemonstranten. Nun soll der Gewaltausbruch vom Mehringdamm im Mai 2011 ein juristisches Nachspiel haben. Die Beschuldigten sind in der Szene bekannt. (Tagesspiegel)
Rechtsextremismus: Generation Nazi
"Wo sind hier Neonazis?": Anfang der 1990er Jahre kümmerte die Behörden der zunehmende Rechtsextremismus in der Ex-DDR nicht. Diese Erfahrung prägte die NSU-Terroristen mehr als alles andere. (Zeit Online)
Brauner Strukturaufbau: Splitterpartei "Die Rechte" wildert in NPD-Gefilden
"Totschweigen" lautet die Parole. Die NPD-Führung gibt sich im Bezug auf die Partei "Die Rechte" wortkarg. Dabei wird sie zum echten Problem: In NRW baut die Worch-Partei ihre Strukturen aus und meldet eine Konkurrenzveranstaltung am 1. Mai an. Und in Niedersachsen laufen die ersten kommunalen NPD-Mandatsträger über. (Endstation Rechts)
Mecklenburg-Vorpommern: Protest gegen Flüchtlingseinrichtung Horst
In Nostorf-Horst bei Boizenburg haben laut Polizei etwa 100 Menschen für die Abschaffung eines Asylbewerberlagers demonstriert. Sie kritisierten vor allem die Abgeschiedenheit der Einrichtung fernab jeglicher Infrastruktur. In dem Wald bei Horst sei es aus der öffentlichen Wahrnehmung verbannt, so die Demonstranten. (NDR Online, Ostsee Zeitung)
Neonazis in Niedersachsen trotz Verbot und Gegenwind aktiv
Die rechtsextreme Gefahr in Niedersachsen ist noch nicht gebannt: Zwar hat sich die Aufregung ein Jahr nach der Festnahme des inzwischen von der Bundesanwaltschaft angeklagten NSU-Terrorhelfers bei Hannover gelegt – wohl auch, weil weitere Taten im Norden nicht geplant waren. Allerdings laufen Propaganda und die Bedrohung von Gegnern durch Neonazis im Internet unvermindert weiter. Und dies obwohl die Behörden mit dem Verbot von "Besseres Hannover" der aktivsten Neonazi-Gruppe im Land einen Riegel vorschoben. (Hamburger Abendblatt)
Feine Sahne Fischfilet: "Wenn wir die Spitze des Linksextremismus sein sollen, kann sich der Verfassungsschutz freuen."
Sie machen Punkrock, in ihren Songs geht es um Freundschaft, Trinken, Feiern und die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Seit Samstag ist mit "Scheitern und Verstehen" das erste, professionell aufgenommene Album von "Feine Sahne Fischfilet" auf dem Markt. Dazu erzählen Sänger Monchi (25) und Trompeter Martin (21), wie ihre Jugend in Vorpommern ihre Musik beeinflusst und warum sie im aktuellen Verfassungsschutzbericht auftauchen. (Sueddeutsche.de)
Polen: Rechtsextreme Randale zum Unabhängigkeitstag in Warschau
Wie schon beim letzten Mal ist es auch in diesem Jahr beim polnischen Unabhängigkeitstag in Warschau zu Gewalt und Randale gekommen. Es waren offenbar rechtsextreme Demonstranten, die mit der Polizei zusammenstießen. Auch wurde das Büro einer Homosexuellenorganisation angegriffen. (Tagesspiegel, Stern.de, n-tv)