11.06.2012 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Frankreich: Marine LePen hofft auf Einzug in Nationalversammlung durch Stichwahl +++ Protest gegen Neonazi-Kundgebung: Hunderte Meininger zeigen Farbe gegen rechtsextremen "Thüringentag der deutschen Jugend". +++ Erste Rassismus-Vorfälle bei der EM.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Frankreich: Marine LePen hofft auf Einzug in Nationalversammlung durch Stichwahl

Beim ersten Durchgang der Parlamentswahl in Frankreich bekam die rechtsextreme Front National „bloß“ 13,5 Prozent der Stimmen und liegt auf dem dritten Platz. Dies ist aber nur scheinbar ein geringes Ergebnis für die Rechtsextremen. Nicht nur mit den bekanntesten Exponenten in wenigen „Hochburgen“, sondern auch mit völlig unbekannten Kandidaten in ländlichen Wahlkreisen sammelte der FN oft mehr als 30 Prozent der Stimmen ein. Die braunen Kleckse auf der politischen Landkarte breiten sich also aus. Marine Le Pen sitzt noch nicht im Parlament, doch sie gilt als Favoritin in der Stichwahl um den Abgeordnetensitz in Hénin-Beaumont. Damit hat sie gute Chancen für den Einzug in die Nationalversammlung - ein Durchbruch, von dem ihr Vater, Jean-Marie Le Pen immer nur träumen konnte (taz, DiePresse.com).

Protest gegen Neonazi-Kundgebung: Hunderte Meininger zeigen Farbe

In Meiningen haben am Sonnabend mehrere Hundert Menschen friedlich gegen eine Neonazi-Kundgebung und die NPD demonstriert. Die rechtsextreme Partei hatte zu einem "Thüringentag der nationalen Jugend" in die Stadt eingeladen. An der Veranstaltung nahmen nach Polizeiangaben rund 300 Rechtsextremisten teil. Die Veranstaltungen und Gegendemonstrationen sicherten 1.000 Polizeibeamte ab (mdr).

Reisewarnung Ost – Wie groß ist das Nazi-Problem bei der EM?

Kürzlich warnte der ehemalige englische Nationalspieler Sol Campbell davor, als dunkelhäutiger Ausländer in die Ukraine zu reisen. Vor allem das westukrainische Lwiw soll ein Sammelplatz für Nazis und Hooligans sein. Wie ist es wirklich? (Endstation rechts).

Amnesty: Misshandlungen in Ukraine an der Tagesordnung

Zum Auftakt der Fußball-EM erhebt Amnesty International schwere Vorwürfe gegen den Gastgeber Ukraine: In dem Land gebe es Folter und Rassismus, die Justiz sei nicht unabhängig, sagt Generalsekretär Wolfgang Grenz. Zum Boykott des Turniers ruft Amnesty jedoch nicht auf. Wer hinreise, solle auf Einhaltung der Menschenrechte drängen, fordert Grenz. Vvor allem aber gelte es nach der EM "am Ball zu bleiben" (Deutschlandradio).

"Eine Peinlichkeit": Gullit verurteilt Affenlaute

Krakau. Der ehemalige niederländische Fußball-Nationalmannschaftskapitän Ruud Gullit hat in einer Kolumne für die britische Zeitung Daily Mail die Rassismus-Attacke gegen die Oranje-Auswahl während des EM-Trainings in Polen scharf verurteilt (Rheinische Post).

Nach Rassismus-Vorwürfen gegen russische Fans: Disziplinarverfahren gegen Russland eröffnet

Die Europäische Fußball-Union (UEFA) hat wegen des Verhaltens russischer Fans beim EM-Spiel Russland gegen Tschechien (4:1) ein Disziplinarverfahren gegen den nationalen Verband eröffnet. Der Kontroll- und Disziplinarausschuss der will sich am Mittwoch mit den Vorfällen bei dem Spiel in Breslau beschäftigen. Das teilte die UEFA am Samstagabend mit. Mitarbeiter der von der UEFA mit der Beobachtung der Spiele beauftragten Organisation Football Against Racism in Europe (FARE) hatten von rassistischem Verhalten und rechtsextremen russischen Fahnen berichtet. Abwehrspieler Theodor Gebre Selassie, der aus Äthiopien stammt und der erste schwarze Nationalspieler Tschechiens ist, soll von russischen Fans beleidigt worden sein. Zudem hatten einige Anhänger Feuerwerkskörper abgefeuert (spox.com, Rheinische Post, Welt online).

In Thüringen verhaftete Rechtsextreme haben offenbar NSU als Vorbild genommen

Die vergangene Woche festgenommenen Rechtsextremen aus Thüringen haben sich womöglich die Zwickauer Zelle zum Vorbild genommen. Laut "Spiegel" tauschten zwei der insgesamt drei Beschuldigten entsprechende SMS-Nachrichten aus. Eine SMS endete demnach wohl in Anspielung auf die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe mit "Heil Beate", eine andere Nachricht lautete "Beate wird stolz auf uns sein". Die Polizei hatte vergangene Woche zwei Thüringer Rechtsextremisten wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat festgenommen. Einzelheiten zu den Vorwürfen nannten die Behörden nicht. Laut "Spiegel" richten sich die Ermittlungen zudem gegen einen dritten Mann, der auf freiem Fuß blieb (otz.de)

Bundesanwaltschaft gegen eine Verlegung Zschäpes

Die Bundesanwaltschaft hat sich gegen eine Verlegung der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe aus der Justizvollzugsanstalt Köln ausgesprochen. Zschäpe hatte einen Antrag gestellt, ihre Untersuchungshaft in einem "heimatnäheren" Gefängnis absitzen zu dürfen (Welt online).

Heiteres Fest mit ernstem Anliegen in der Kölner Keupstraße

„Ich dachte zuerst, da sei ein Glas kaputt gegangen oder Ähnliches.“ Fesih Atalay erinnert sich noch genau an das Nagelbomben-Attentat am 9. Juni 2004. Am Wochenende fand auf der Keupstraße ein Solidaritätsfest zum Gedenken an das Attentat statt (Kölnische Rundschau).

Kroatien zivilisiert sich und schützt Gay Pride

Je weiter man in den Süden des Balkan kommt, desto größer werden die Vorurteile gegenüber Lesben und Schwulen. Immerhin hat jetzt die neue sozialdemokratische Regierung Kroatiens in der südlichen dalmatinischen Hafenstadt Split ein klares Zeichen gesetzt. War es noch im letzten Jahr ein Mob von Tausenden von Menschen, der militant gegen den Gay Pride vorging, so verhinderte an diesem Wochenende ein großes Polizeiaufgebot die Mobilisierung dieser Leute. Indem sich sechs Minister an die Spitze der Demonstration setzten, zeigten sie Flagge für ein europäisches und vor allem für ein aufgeschlossenes Kroatien. Es geht dabei nicht nur um Vorurteile gegenüber Homosexualität. Es geht bei diesem Kampf um Menschenrechte allgemein. Intoleranz gegenüber Minderheiten darf in Gesellschaften, die in das Europa der EU integriert werden wollen, nicht geduldet werden. Die kroatische Regierung will das europäische Gesicht des Landes stärken (taz).

Berlin: Zwei rassistische Übergriffe in der Nacht auf Samstag

In Neukölln ist eine Marokkanerin rassistisch angepöbelt worden. Wenige Stunden später attackierten Unbekannte in Weißensee einen Mann und beleidigten ihr Opfer wegen dessen Hautfarbe (Tagesspiegel).

Hamburg: Manuela K.: Gesichtslähmung nach Polizei-Prügel auf Anti-Nazi-Demo

Der Gesundheitszustand von Prügelopfer Manuela K. hat sich dramatisch verschlechtert. Die 42-Jährige war am vergangenen Wochenende am Rande der Neonazi-Demo in Hamburg von sächsischen Polizeibeamten verprügelt worden. Am Freitag wurde sie mit einem Rettungswagen ins Asklepios-Klinikum Altona eingeliefert – mit halbseitiger Gesichtslähmung. Bei der Attacke am vergangenen Sonnabend hatte Manuela K. eine Fraktur des Felsenbeins erlitten – das ist der härteste Knochen des Schädels. Bisher ist keine Besserung eingetregen (Hamburger Morgenpost).

"Insel ist kein Therapiedorf"

Wie eine Gemeinde gegen zwei Sexualstraftäter kämpft - und sich mit der NPD verbündet. Reportage aus dem Dorf, dass zwei ehemaligen Sexualstraftäter vertreiben möchte, sich aber empört, wenn man ihnen vorwirft, damit Menschenrechte zu beschneiden (Welt online).

Kündigung von Konten: Deutsche Banken sortieren Extremisten aus

Ob linke, rechte oder religiöse Extremisten: Deutsche Banken wollen keine Verfassungsfeinde als Kunden. Nach FOCUS-Informationen kündigen die Geldinstitute politischen und religiösen Fanatikern gezielt ihre Konten – etwa NSU-Unterstützer und NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. Grundlage ist offenbar die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht (Focus).

Journalistenpreis an MDR-THÜRINGEN-Reporter

Die MDR-Reporter Michaela Schenk, Axel Hemmerling, Ludwig Kendzia und Dr. Rainer Erices haben den mit 2.500 Euro dotierten Thüringer Journalistenpreis erhalten. Damit werden sie für ihre Arbeit über das Thüringer Neonazi-Trio geehrt (MDR).

Düsteres Szenario: Rechtsradikale wollen 2013 groß in Wolfsburg aufmarschieren

Rechtsextreme haben für den 1. Juni 2013 einen großen Aufmarsch in der Innenstadt angemeldet – die Stadt und andere demokratische Kräfte haben bereits breiten Widerstand dagegen angekündigt. Eine „Initiative Zukunft statt Überfremdung“ will am 1. Juni 2013 den „5. Tag der deutschen Zukunft“ in Wolfsburg ausrufen (sonntagsblatter.de).

Griechen protestieren gegen Neonazi-Partei

Rund 2.000 Menschen haben gestern Abend in Athen gegen einen möglichen neuerlichen Einzug der Neonazi-Partei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) in das griechische Parlament demonstriert (ORF). Derweil hat deren Abgeordneter, der im TV zwei linke Politikerinnen verprügelte, den Opfern die Schuld dafür gegeben (DiePresse.com, Welt.de).

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