08.05.2012 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Anklam: Nazis mit Hassmasken verprügeln Anwohner*innen +++ Angriff auf Pizzeria-Angestellten in Geithain: "Wir machen Dich tot" +++ Pro NRW und die Salafisten: Meinungsfreiheit auch für Spinner*innen.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Heute ist der 8. Mai, Tag der Befreiuung von Krieg und Nazi-Diktatur.

Anklam: Nazis mit Hassmasken verprügeln Anwohner*innen

Neonazis jagten und verletzten am Wochenende Anwohner der Max-Sander- Straße. Drei Männer landeten im Krankenhaus. Seit Wochen kommt es in der Stadt zu gewalttätigen Attacken, Anschlägen und Bedrohungen. Es herrscht ein Klima der Angst. Es ist Freitagabend gegen 21.30 Uhr, da rückten sie an, eine Horde schwarz gekleideter und teils vermummter Neonazis. Sie haben Schlagringe und Knüppel dabei. Die Mädchen sehen nur breite Schultern und Sturmmasken, es sind wütende Beschimpfungen zu hören. Sie haben Todesangst. Schnell retten sich die jungen Frauen hinter eine Stahltür im Keller der Max-Sander-Straße in Anklam vor den Angreifern. Dann Schreie: „Lasst mich rein, lasst mich rein!“ Der 24-Jähriger Freund einer der Frauen liegt blutüberströmt vor der Tür, brutal zusammengeschlagen. Der junge Mann erlitt Kopfverletzungen und liegt noch im Greifswalder Krankenhaus (Nordkurier).

Angriff auf Pizzeria-Angestellten in Geithain: "Wir machen Dich tot"

Große Angst hat Khan Amir in der Nacht zum Sonntag ausgestanden. Der 39-Jährige ist Angestellter der Pizzeria „Bollywood" in der Geithainer Katharinenstraße. Kurz nach Mitternacht habe er plötzlich ungefähr zehn Leute vor dem Geschäft stehen sehen und schnell abgeschlossen, denn sie riefen: „Du bist Ausländer, Du musst hier von Geithain weggehen. Die Pizzeria musst Du zumachen, sonst machen wir Dich tot." Einer der Angreifer habe ein großes Messer in der Hand gehabt. Mit einer Bierflasche sei mehrfach gegen die Scheibe geschlagen worden, sie bekam ein Loch. Durch das sei dann ein Stein geflogen gekommen. Dann haben die Angreifer abgelassen. Aber die Angst ist nicht vorbei. „Ich weiß nicht, wie es weitergeht, wir haben keine Sicherheit mehr in Geithain", sagte Khan Amir (lvz).

Pro NRW und die Salafisten: Meinungsfreiheit auch für Spinner*innen

Ralf Jäger, Innenminister in NRW, will das Zeigen von Mohammed-Karikaturen verbieten lassen. Damit tappt er in die Falle der Extremisten. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf stoppte die Verordnung: Die Karikaturen fallen unter die Meinungsfreiheit - auch wenn die Rechtspopulist*innen von "Pro NRW" sie gezielt nutzen, um zu provozieren (Tagesspiegel). Einen guten Kommentar dazu schreibt Deniz Yücel in der taz. In Münster-Hiltrup blieb es friedlich (wn). Der Zentralrat der Muslime verurteilt die salafistische Gewalt (stern.de).

Schüren Rechtspopulist*innen Hass durch gefälschtes Salafisten-Video?

Nach den schweren Ausschreitungen von Salafisten in Bonn, bei denen mehrere Polizisten schwer verletzt wurden,  versuchen Rechtsextreme offenkundig weiteren Hass zu provozieren. So kursiert in rechtsextremen Kreisen ein Video, das angeblich von radikalen Islamisten erstellt wurde. Eine Fälschung, meint die Expertin Claudia Dantschke (publikative.org).

Fahnder fassen untergetauchten fränkischen Neonazi Gerhard Ittner in Portugal...

Sieben Jahre lang war der Rechtsextreme Neonazi Gerhard Ittner auf der Flucht, nun ist er in Portugal festgenommen worden. Der 53-Jährige galt als radikalste Figur der fränkischen Neonazi-Szene - womöglich hatte er auch Kontakte zur Terrorgruppe NSU (suedeutsche.de).

... und einen wegen versuchten Totschlags gesuchten Schweizer Neonazi in Hamburg

Auf den Unterarm hat er sich das Zivilabzeichen der SA tätowieren lassen, auf den Hals einen Totenkopf, auf die Brust angeblich ein Hitler-Porträt: Der Schweizer Neonazi Sebastien N. wurde wegen versuchten Totschlags per internationalem Haftbefehl gesucht - und nun in Hamburg festgenommen. In Hamburg hatten Sebastien N. Kontakt zur «Weissen Wölfe Terrorcrew», einer aggressiv auftretenden und gewaltbereiten Neonazi-Truppe (20min). 

"Reichsbürger*innen": Nicht nur verrückt, sondern gefährlich

Ein knackiger Überblick über die "Reichsbürger-Bewegung" im Berliner Kurier.

Trotz NSU-Morden: Rassismus wird in Deutschland weiter ignoriert

Staat und Gesellschaft haben nur unzureichend auf den Terror der Zwickauer Zelle reagiert. Das sagt die Bundesbeauftragte für die NSU-Opfer, Barbara John. Im Interview fordert sie mehr Geld für Initiativen gegen rechts und erklärt, warum Reformen bei der Polizei dringend nötig sind (Berliner Zeitung).

Alltagsdiskriminierung: "Wie türkisch leben sie denn?"

Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) will Beratungsnetzwerk gegen Diskriminierung verbessern und prüft neues Landesgesetz. Allerdings findet sie, dass das Engagement schon im Alltag selbstverständlich sein sollte - denn dort passieren die vielen kleinen Diskriminierungsfälle, die auf Dauer zermürben (Tagesspiegel).

Bedrohung des Bürgermeisters von Lalendorf: Neonazis freigesprochen

Zwar bedrohten Neonazis  den Lalendorfer Bürgermeister, verteilten Flugblätter auf seinem Grundstück, warfen sie sogar in den Briefkasten des Bürgermeisters ein, befestigten sie an der Kellertür und am Durchgang des Carports. Weder Knaack noch die beiden als Zeugen auftretenden Polizisten konnten einem der Angeklagten nachweisen, tatsächlich auf dem Grundstück gewesen zu sein (NDR, Nordkurier).

Rapper Blumio: Born and raised in Düsseldorf

Blumios Musik macht Spaß, seine Texte zeigen dagegen oft den bitteren Ernst. Blumio widmet sich Themen wie den NSU-Morden und dem Versagen der Behörden - die Botschaft des Düsseldorfer HipHoppers mit japanischen Wurzeln ist trotzdem versöhnlich und positiv (stern.de, Video).

Neuer Preis für Zivilcourage

Im Gedenken an den jüdischen Berliner Kantor Estrongo Nachama hat die Meridian Stiftung einen mit 10.000 Euro dotierten Preis für Toleranz und Zivilcourage ausgeschrieben. Er soll Bürger*innen verliehen werden, die Mut und Hilfsbereitschaft gezeigt haben. Mehr Infos unter www.meridian-stiftung.de, Einsendeschluss ist der 31. 12. 2012 (taz).

Antifa-Aktivist nach Demo gegen NSU-Terror in U-Haft

Die Nürnberger Staatsanwaltschaft will einen 19-jährigen Kurden wegen versuchten Totschlags an zwei Polizisten anklagen. Deniz K. soll bei einer Demonstration Ende März in Nürnberg das spitze Ende einer Fahnenstange aus Holz in Richtung des Kopfes der beiden Beamten gestoßen haben. Die voll uniformierten Polizisten waren bei der Auseinandersetzung nicht verletzt worden. Der Anwalt des Angeklagten spricht von Provokationen durch die Polizei (taz).

NPD in Bayern in der Krise

Durch einen offenen Brief legen drei führende Neonazis des neonazistischen Kameradschaftsdachverband „Freies Netz Süd“ (FNS) ihre Ämter in der bayerischen NPD nieder. Angefangen hat alles 2008. Während die NPD in Bayern miese Wahlergebnisse einfährt und in einer Stadt mit 110.000 EinwohnerInnen nicht mal die benötigten 385 Unterschriften zum Wahlantritt beschaffen kann, kriselt es im bayerischen Landesverband (Störungsmelder).

EM-Boykott: Angemessene Reaktion oder alte Stereotype?

Während hochrangige Politikerinnen und Politiker noch 2008 zu den Olympischen Spielen nach China reisten, sprechen sie sich heute für einen Boykott der Europameisterschaft 2012 aus. Die dabei entlarvten Stereotype und Vorurteile erinnern an die gegenüber Polen (mut-gegen-rechte-gewalt.de).

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