07.10.2010 ... Nach den Rechten sehen

Die Gewaltbereitschaft in der Neonazi-Szene nimmt zu +++ Kritiker sehen bürgerschaftliches Engagement wegen Neuordnung der Extremismusprogramme bedroht +++ Razzia gegen Neonazis wegen Verdacht des Sprengstoffbesitzes

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Die Gewaltbereitschaft in der Neonazi-Szene nimmt zu. NRWs Innenminister Ralf Jäger hat am 06. Oktober 2010 anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für das erste Halbjahr 2010 für Nordrhein-Westfalen gewarnt: „Es gibt eine neue Qualität rechter Gewalt.“ Gleichzeitig stehen zahlreiche Beratungsstellen für Betroffene von Nazi-Gewalt vor einer ungewissen Zukunft (zeit.de/stoerungsmelder).

Kritik kommt von Seiten der Oppositionsparteien zu der Neuordnung der Extremismusprogramme. Mit deren Neuordnung will Kristina Schröder ihre bei Amtsantritt verkündete Absicht, auch den Kampf gegen Linksextremismus und islamischen Extremismus zu fördern, umsetzen. "Die Extremismusverwirrung der Regierung führt dazu, dass linke, antifaschistische Initiativen gegen Nazis kriminalisiert werden", sagt Sven-Christian Kindler, grüner Bundestagsabgeordneter. Monika Lazar, Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion für Strategien gegen Rechtsextremismus, meint, dass die Ministerin Kristina Schröder mit ihren Äußerungen zeige, dass sie von der Praxis bürgerlichen Engagements keine Ahnung hat. Auch Steffen Bockhahn, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, kritisiert das Vorhaben als inakzeptabel: "Das gefährdet das bürgerschaftliche Engagement insgesamt" (taz.de).

In einer Razzia haben knapp 200 Polizisten Wohnungen und Treffs von Rechtsextremen durchsucht. Die Ermittler gingen dem Verdacht nach, dass Mitglieder der Szene sich illegal Sprengstoff beschafft haben. Sprengstoff wurde nicht gefunden, aber die Beamten stellten Computer, Handys, CDs und Festplatten sicher, auf denen sie Anleitungen zum Bau von Sprengkörpern vermuten (nordbayern.de, mdr.de).

Falls ein Vermieter nicht darüber aufgeklärt wird, dass in den vermieteten Räumen überwiegend Kleidung der Marke „Thor Steinar“ verkauft wird, kann einem Urteilsspruch des Bundesgerichtshofs zufolge eine Räumung erzwungen werden. Denn der Verkauf von “Thor Steinar”-Bekleidung könne zur Folge haben, dass ein Mietobjekt in den Ruf gerate, Anlaufstelle für rechtsradikale Konsumenten zu sein. Die mögliche rufschädigende Wirkung sei geeignet, andere Kunden und auch Touristen fernzuhalten (endstation-rechts.de).

Am Mittwoch wurde die 81 Jahre alte Ursula H. vor dem Münchner Landgericht zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten und einer Geldstrafe verurteilt. Der Vorsitzende Richter der zweiten Strafkammer am Landgericht München, Norbert Riedmann, befand die Seniorin der Volksverhetzung für schuldig. In einer angeblich satirischen Weise wurde in einer von ihr verfassten Schrift der Holocaust verharmlost und in Frage gestellt (ad-hoc-news.de).

Sachsen-Anhalts Landessportbund (LSB) prüft ein Ausschlussverfahren gegen den BSC 99 Laucha, weil ein rechtsextremer Trainer offenbar trotz Suspendierung weiter im Verein aktiv ist. LSB-Präsident Andreas Silbersack sagte der "Mitteldeutschen Zeitung", sollte sich bestätigen, dass der Mann noch immer den Nachwuchs trainiert, sei ein Ausschlussverfahren die notwendige Konsequenz (mdr.de).

Über Monate beschäftigte die Ankündigung der NPD, ein Hotel in Aachen zu erwerben und dort ein Schulungszentrum einrichten zu wollen, Kommunalpolitik und lokale Medien. An einen Kauf war tatsächlich aber gar nicht gedacht, plaudern nun Neonazis freimütig aus: Sollte ein höherer Preis für die Immobilie erzielt werden, aus „Angst, die NPD könnte daraus sonst ein nationales Zentrum machen“ (bnr.de)?

Ein Kommentar zur aktuellen Integrationsdebatte beleuchtet die politischen Versäumnisse nach der Wende und fordert zum Handeln auf: „Wer echtes Interesse an Einwandern und Minderheiten (hat), der soll aufhören sie zu missbrauchen, zu labern, auszuweichen, sondern etwas tun (mut-gegen-rechte-gewalt.de).

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