06.04.2011 ... Nach den Rechten sehen

Göppingen: Neonazis manipulierten Bremsen an Auto von Linke-Politiker +++ Neonazi-Waffennarr: Verdacht auf Sprengstoffanschlag reicht nicht für Verfahren +++ Prozessbeginn: Russisch Roulette vor der Güstrower Disko.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Göppingen: Stadtrat Christian Stähle ist offenbar ins Visier von Rechtsextremisten geraten. Wie erst jetzt bekannt wurde, war nach einer Parteiveranstaltung im September 2010 im Vereinsheim des TV Jahn in Göppingen der Parkplatz nicht nur mit unzähligen Flugblättern rechtsextremen Inhalts übersät. Unbekannte hatten die Bremsen an Stähles Autos manipuliert. Es war nur Glück, dass niemand zu Schaden kam. Kurz darauf wurde Stähles Briefkasten vor seiner Göppinger Wohnung in Brand gesteckt. Die Polizei konnte keinen Täter ermitteln. Vermutungen gehen in die Richtung, dass es sich um Täter aus dem Umfeld der "Autonomen Nationalisten Göppingen" handeln könnte (Südwest-Presse).

Fatal: Ein Neonazi aus Weil am Rhein besaß bei einer Verhaftung 2009 nicht nur ein Sturmgewehr mit Monition, sondern hatte auch alle Materialien beisammen, um eine Bombe zu bauen. Und zwar mehr davon, als die Polizei je zuvor bei einem Neonazi fand, und dazu ein Handbuch zur Herstellung von Schwarzpulver. Nach Ansicht des Freiburger Landgerichts reicht dies allerdings nicht für ein Verfahren wegen "Vorbereitung eines Explosionsverbrechens" (Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren), weil der Rechtsextreme mit dem Bombenbau nicht begonnen habe und es keine gesicherten Erkenntnisse über Ziel und Zeitpunkt eines möglichen Anschlags gäbe. (Badische Zeitung).

Russisch Roulette vor der Güstrower Diskothek: In einer Oktobernacht 2009 richtete der Rechtsextreme Sebastian R. vor einer Diskothek in Güstrow aus wenigen Metern Entfernung seine scharfe Wehrmachtspistole auf den Kopf eines jungen Mannes und drückte ab. "Ein- bis zweimal", räumt der heute 24-Jährige ein. Gestern begann sein Prozess vor dem Rostocker Landgericht (Nordkurier).

Manfred Rouhs, Mitglied der fünfköpfigen Fraktion der als rechtsextrem eingestuften Formation „pro Köln“ im Kölner Stadtrat hat am heutigen Dienstag offiziell sein Ratsmandat niedergelegt. Rouhs ist Vorsitzender der „pro“-Bewegung auf Bundesebene. Am Dienstag gab dann der Berliner Landesverband bekannt, dass der Kölner zu den kommenden Wahlen zum Abgeordnetenhaus in der Bundeshauptstadt als Spitzenkandidat seiner Gruppierung antreten will. Eigentlich sollte dies der schwedisch-deutsche Unternehmer Patrik Brinkmann tun, der allerdings in der letzten Woche von seiner Zusage zurücktrat (Köln Nachrichten).

Die „Pro-Bewegung“ will sich als „deutsche Rechte ohne Antisemitismus“ darstellen. Aber nicht ohne Feindbild: Das ist „der Islam“ (bnr.de).

Der sächsische Landtag überprüft jetzt die mögliche Wahlkampfbeihilfe der NPD-Fraktion für die Parteikollegen in Sachsen-Anhalt. Sachsens NPD-Fraktion soll mit vom Landtag zur Verfügung gestellten Mitteln unrechtmäßig den Wahlkampf der Parteikollegen in Sachsen-Anhalt unterstützt haben (Freie Presse, MDR).

Bundesinnenminister Friedrich hat anlässlich eines Jahresempfangs die Arbeit des Bunds der Vertriebenen gewürdigt. Einige Vertriebenen-Verbände stehen aber auch immer wieder in der Kritik, beispielsweise die "Landsmannschaft Schlesien". Denn die ihr nahestehende "Schlesische Jugend" wurde von Rechtsextremen unterwandert (tagesschau.de).

München: Die Staatsanwaltschaft will den Freispruch für einen Nazi-Gegner, der bei der Blockade eines rechtsextremen Aufmarsches mitgewirkt hatte, nicht akzeptieren und legte Berufung gegen das Urteil ein, so dass nun das Landgericht entscheiden muss. Das Amtsgericht hatte einen blockierenden Studenten freigesprochen, da die Polizei versäumt habe, die Nazi-Gegner am 8. Mai 2010 in Fürstenried zur Räumung aufzufordern (Süddeutsche Zeitung).

Die in staatlich geförderten Demokratieprojekten verlangte Abstimmung der Öffentlichkeitsarbeit mit den zuständigen Landeskoordinierungsstellen hält der Leipziger Verwaltungsrechtler Jochen Rozek für eine "unverhältnismäßige Gängelung der Zuwendungsempfänger". Die Regelung sei rechtlich nicht unproblematisch und harmoniere mit der Meinungsäußerungsfreiheit "nicht ohne weiteres", sagte der Staatsrechtsprofessor der dapd (Freie Presse).

Die Holocaust-Leugnerin Sylvia Stolz, Anwältin und Lebensgefährtin von Horst Mahler, soll Meldungen der Neonazi-Szene zufolge am 13. April aus der Haft entlassen werden (bnr).

Lüneburg: Nach einer Schlägerei im rechtsextremen Milieu sind zwei Angeklagte zu Haftstrafen verurteilt worden. Die Männer sollen einen Kameraden im Juni 2010 brutal verprügelt haben - angeblich wegen Schulden. Das Landgericht Lüneburg verurteilte einen 32-Jährigen zu zwei Jahren Haft, seinen mittlerweile 21 Jahre alten Komplizen, lange führendes Mitglied der "Jungen Nationaldemokraten", zu zwei Jahren Jugendstrafe und Unterbringung in einer Entzugsklinik. Das 28 Jahre alte Opfer hat der Neonazi-Szene nach dem Angriff den Rücken gekehrt (taz).

Zwei Bundesparteitage der NPD haben in Bamberg bereits stattgefunden. Einen dritten will die Stadt unbedingt verhindern und ändert die Grundlagen für die Nutzung der Konzerthalle. Der Bamberger Stadtrat hat festgelegt, dass künftig nur noch Parteien mit regional- oder landespolitischen Bezug die städtischen Hallen benutzen dürfen. Die Symphoniker reagieren erleichtert (inFranken.de).

Der "Runde Tisch Gera" ruft am 09. April zu einer Kundgebung gegen Mahnwache der NPD auf. Die will wieder einmal Geschichte verzerren und die Bombardierung Geras am 06. April 1945 nutzen, um Täter-Opfer-Umkehr zu betreiben (dtoday).

Im Demmin (Mecklenburg-Vorpommern) ist zu Protesten für einen am 8. Mai geplanten Aufmarsch von Rechtsextremen aufgerufen worden. Die Stadt, der Landkreis sowie das "Aktionsbündnis 8. Mai" hätten einen Aufruf verabschiedet, der dazu auffordert "Flagge gegen Rechts" zu zeigen, teilte der Demminer Bürgermeister Ernst Wellmer (CDU) gestern mit. Die Stadt plane am gleichen Tag ein Friedensfest mit Vereinen, Verbänden, Kirchen und Sportgruppen, hieß es (Nordkurier, Endstation rechts).

Eine Demokratiebewegung, die sich ernst nimmt, wird die bürgerliche Stube verlassen und sich auf das Abenteuer der Konfrontation mit dem Leben der Anderen einlassen müssen. Eine Rezension (mut-gegen-rechte-gewalt.de).

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