02.01.2012 ... Nach den Rechten sehen

Kein schönes neues Jahr: Verletzte durch Nazi-Gewalt in der Silvesternacht in Neustadt / Donau +++ Zahlreiche Neonazi-Websites gehackt +++ Untergetauchte Neonazis: Verfassungsschutz war detailliert über Zwickauer Zelle informiert.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Kein schönes neues Jahr: Fünf Verletzte bei Schlägerei zwischen Rechtsextremen und alternativen Kneipenbesuchern
Bei einer Schlägerei zwischen Rechtsextremen und alternativen Kneipenbesuchern in der Neujahrsnacht sind in Neustadt an der Donau fünf Beteiligte verletzt worden. Ein Mann, der die Gruppen trennen wollte, wurde von den Neonazis zusammengeschlagen und noch am Boden liegend mit Stiefeln getreten, wie die Polizei am Sonntag mitteilte. Der 31-Jährige erlitt schwere Verletzungen im Gesicht. Bei der Schlägerei wurden auch vier Personen aus dem linken Spektrum leicht verletzt. Die Gruppen waren gegen 2.30 Uhr in einer Gaststätte aneinandergeraten (t-online-news).

Zahlreiche Neonazi-Websites gehackt
Mehrere rechtsextreme Websites fielen in diesen Tagen der vom Chaos Computer Club organisierten Veranstaltung „28C3“ zum Opfer. NPD-Seiten wurden gehackt, eine Kundendatenbank mit Adressen wurde veröffentlicht. Aber auch Anonymous hat erneut zugeschlagen. Gelistet wurden auf der Seite des „28C3“ vor allem Internetseiten der NPD, für die die Firma „naweko - Agentur für Neue Medien“ verantwortlich zeichnet. Chef des Unternehmens ist Frank Franz, Vorsitzender des NPD-Landesverbandes Saarland und seit einigen Wochen Pressesprecher der Bundes-NPD. Auch gehackt wurde die Website des "Nationalen Versandhauses", Anonymous kümmerte sich um die Websites der NPD-Zeitung "Deutsche Stimme" und den NS-Versand. Ebenfalls nicht mehr zu erreichen ist die Website der rechtsextremen "Informations"-Website "Deutschlandecho" (Endstation rechts, publikative.org, indymedia).

Untergetauchte Neonazis: Verfassungsschutz war detailliert über Zwickauer Zelle informiert
Er wusste Bescheid, aber handelte nicht: Der Verfassungsschutz war wesentlich besser über die Aktivitäten von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund informiert als bislang bekannt. So hatten die Beamten schon im Frühjahr 1999 verlässliche Hinweise, dass sich das Trio in Chemnitz versteckt hielt. Sie wussten auch, dass es bewaffnete Überfälle plante. Das räumt das Bundesamt für Verfassungsschutz in einem amtlich geheimgehaltenen Untersuchungsbericht ein, der dem SPIEGEL vorliegt. Außerdem belastet der Bericht den in Untersuchungshaft sitzenden Ralf Wohlleben schwer - er soll detailliert von den kriminellen Aktivitäten der NSU-Gruppe im Untergrund gewusst haben (taz).

Bald keine Steuergelder mehr für die NPD?
Die CSU macht sich in Berlin für eine rasche Grundgesetzänderung stark, um die NPD von der Parteienfinanzierung auszuschließen. Hierfür soll Artikel 21 geändert werden. Eine Möglichkeit zur Umsetzung sei, den Bundestagspräsidenten in die Lage zu versetzen, bei Parteien, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, Zahlungen auszusetzen. Außerdem solle ermöglicht werden, das Zahlungen auch auszusetzen seien, wenn ein Parteiverbotsverfahren anhängig wäre - das sich im Falle der NPD vermutlich über mehrere Jahre erstrecken würde. Experten halten dies allerdings für schwer möglich (Focus, Presseportal.de, publikative.org).

Passau: Neonazis greifen Kneipgengast an
Aggressive Neonazis sollen zu Zechtouren durch Kneipen ziehen, Gäste anpöbeln und Auslöser brutaler Schlägereien sein. In den Fokus gerät dabei ein Irish-Pub in der City. Bereits in der Nacht zum dritten Dezember kam es dort zu einem brutalen Zusammenstoß. Nach einem Wortgefecht ging vor dem Lokal eine ganze Gruppe auf einen 25-jährigen Gast los. Das Opfer wurde mit Händen und Füßen geschlagen. Trotz Verletzungen konnte der dunkelhäutige Student fliehen, wurde aber von einem Teil der Gruppe verfolgt und regelrecht durch die Stadt gejagt. Es gelang ihm schließlich, die Polizei zu alarmieren. Diese stellte zumindest einen der Täter (Am Sonntag).

Wuppertal: Neonazis pöbeln und schlagen in S-Bahn
Ein Neonazi hat am Samstag in Wuppertal in einer S-Bahn einen Fahrgast angegriffen. Wie die Polizei mitteilte, wurde der 25-Jährige zunächst von drei Rechtsextremisten angesprochen. Als der Mann abweisend auf rechtsextremistische Pöbeleien des Trios reagierte, schlug einer der Neonazis dem 25-Jährigen zwei Mal mit der Faust ins Gesicht. Zwei couragierte Fahrgäste stellten sich vor das Opfer. Die Neonazis konnten unerkannt die Bahn verlassen (t-online news).

Gräfenberg: Vandalismus-Anschlag gegen Anti-Nazi-Aktivisten
Der langjährige Sprecher einer Bürgerinitiative gegen Rechtsextremismus im oberfränkischen Gräfenberg ist Opfer einer Vandalismus-Attacke geworden. Unbekannte hätten in der Nacht zum Freitag am Auto des 53-Jährigen die Scheiben eingeschlagen und die Reifen zerstochen, berichtete die Polizei. Außerdem sei eine übelriechende Flüssigkeit in seinen Briefkasten gekippt worden. Das Gräfenberger Bürgerforum soll in wenigen Tagen einen Preis für sein Engagement gegen Rechts erhalten (Abendzeitung München).

Geesthacht: NPD-Chef an Tankstelle attackiert
An der Aral-Tankstelle an der Geesthachter Straße wurden Kay Oelke (52), NPD-Kreistagsabgeordneter, und ein Bekannter (40) nachts von zwei Männern brutal attackiert und schwer verletzt. Die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung. Bisher scheint die Tat keinen politischen Hintergrund zu haben: Zwei Männer wollten sich am Nachtschalter der Tankstelle vordrängeln und verpassten Oelke eine "Kopfnuss", attackierten ihn dann mit Schlägen und Tritten (Lübecker Nachrichten).

Wie Rechtsextreme im Internet Jugendliche ködern...
... wollten die Schülerreporter/innen der "Berliner Morgenpost" von unserem Projekt no-nazi.net wissen und beschreiben Ihre Erkenntnisse ihn diesem Bericht.

Rechtsextreme Szene in Mecklenburg-Vorpommern: Polizei stellt Kriegswaffen sicher
Bei zwei Neonazis aus dem Raum Neustrelitz hat die Polizei am Freitagmorgen mehrere Waffen sichergestellt. Insgesamt wurden 20 Maschinenpistolen und etliche Munition entdeckt – dabei soll es sich um Kriegswaffen aus dem Zweiten Weltkrieg handeln (Endstation rechts).

Raus aus der Neonazi-Szene - aber wie?
Im NPD-Kernland Sachsen ist ein Streit über die Arbeit mit rechtsextremen Aussteigern entbrannt. Die einen kämpfen für die „Resozialisierung“ früherer Neonazis. „Einmal Nazi, immer Nazi“ heißt es bei den anderen. Von den Streitigkeiten profitieren nur die Rechtsextremen (FAS).

Schlechte Noten für Schulprävention gegen Rechtsextremismus und die unsichere Finanzierung von Initiativen
Rechtsextreme Gruppen weiten in Deutschland seit Jahren systematisch ihre Werbung vor allem bei jungen Menschen aus. Doch die Abwehr des Staates zeigt gravierende Schwächen. Bildungsexperten und Rassismusforscher schlagen deswegen Alarm. Sie erteilen der Aufklärungsarbeit an den Schulen schlechte Noten. Zudem bemängeln sie eine unsichere Finanzierung der Initiativen gegen Rechts. "Man muss systematisch wichtige Projekte der Prävention identifizieren und sie nachhaltig finanzieren", fordert etwa der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), Thomas Krüger. "Bund und Länder müssten stärker kooperieren und ihre Programme inhaltlich und finanziell mehr abstimmen." (Greenpeace Magazin)

Brandenburg will gegen "Reichsbürgerbewegung" aktiv werden
Der Verfassungsschutz in Brandenburg will im neuen Jahr verstärkt gegen Aktivitäten einer rechtsextremistischen Organisation - der «Reichsbürgerbewegung» - vorgehen. «Diese ist eine Art rechtsextremistische Sekte», teilte der Sprecher des Innenministeriums, Ingo Decker, am Freitag mit. Die Rechtsextremisten würden die staatliche Autorität der Bundesrepublik und ihre föderalen Strukturen nicht akzeptieren. «Sie empfinden unser staatliches System als Besatzungsmacht.» Deshalb verweigerten sie beispielsweise jedwede Zahlung von Bußgeldern und fertigten sich eigene Ausweise mit Reichsbürger-Identität an. Auch wenn es viele Strömungen innerhalb dieser «Sekte» gebe, stecke ein harter, nicht ungefährlicher, rechtsextremer Kern dahinter, sagte Decker (Berliner Morgenpost).

Neonazis in Leverkusen: Militant und antisemitisch
Auch die Neonazi-Szene in Leverkusen ist zunehmend gewaltbereit – die Aktivitäten richten sich häufig gegen tatsächliche und vermeintliche politische Gegner (bnr.de).

Brinkmann rechnet mit der NPD ab
In einer Mail an „liebe Freunde“ und „liebe Feindes“ hat der schwedische Unternehmer Patrik Brinkmann seinen vor vier Monaten erklärten Rückzug aus der Parteipolitik der extremen Rechten in der Bundesrepublik näher begründet. Im Nachhinein findet er sein Engagement für die NPD falsch, für die Pro-Bewegung aber richtig (bnr.de).

Kosslick: Rechtsterrorismus zentrales Thema der Berlinale
Bei der 62. Berlinale wird aus Sicht von Festival-Chef Kosslick der Rechtsterrorismus eines der zentralen Themen sein. Migration sei nach wie vor ein brennendes Thema für viele Regisseure, sagte Kosslick den "Stuttgarter Nachrichten". Filme aus verschiedenen Ländern beschäftigten sich mit dem Rechtsradikalismus, mit Neonazis und damit, wie rechte Organisationen von staatlichen Stellen gedeckt werden. Das Internationale Berliner Filmfestival findet vom 9. bis 19.Februar statt (dradio).

Offizielle Worte gegen Nazis: Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsiden Wulff sprechen sich gegen Neonazis aus
Bundeskanzlerin Merkel hat dazu aufgerufen, die Werte der offenen und freiheitlichen Gesellschaft entschlossen zu verteidigen. Die Kanzlerin sagte in ihrer Neujahrsansprache, dies sei eine Daueraufgabe, und zwar für die Politik ebenso wie für die Bürger. Hintergrund ist die Serie von rechtsradikal motivierten Morden. Die CDU-Vorsitzende betonte, dabei sei ein unfassbares Maß an Hass und Fremdenfeindlichkeit sichtbar geworden. Merkel entschuldigte sich auch bei den Familien der Opfer (Deutschlandradio, FR). Schon Bundespräsident Christian Wulff hatte in seiner Weihnachtsansprache die Deutschen zur Verteidigung der Demokratie gegenüber Rechtsextremisten aufgerufen (Zeit online).

DGB kritisiert Bauer Medie Group wegen Rechtspostille "Zuerst"
Ist es in Ordnung, dass die Bauer Media Group ein rechtsradikales Magazin vertreibt? Nein, findet der DGB und fordert in einem offenen Brief dazu auf, die Zeitschrift "Zuerst" aus dem Sortiment zu werfen. Bei Bauer jedoch sieht man den Vertriebsdeal durch die Meinungsfreiheit gedeckt (Spiegel online).

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