01.03.2013 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: NSU-Ausschuss: BKA verschlampte Adressliste des Terror-Trios +++ Führungslose V-Mann-Führung +++ NPD-Vize Pastörs legt Revision gegen Urteil ein.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

NSU-Ausschuss: BKA verschlampte Adressliste des Terror-Trios

Überraschung im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags: Völlig unerwartet ist eine zweite Liste mit Adressen und Telefonnummern wieder aufgetaucht. Sie wurde schon 1998 in einer Supermarkttüte entdeckt, aber nie richtig ausgewertet. (Spiegel Online) Nun steht erneut das Bundeskriminalamt in der Kritik, Informationen zu spät weitergeleitet zu haben - es wäre nicht das erste Mal. (Tagesspiegel, Publikative.org) Die Abgeordneten sind "schockiert" über das "Kommunikationsdesaster". (Faz.net)

Führungslose V-Mann-Führung

Staatlich bezahlte Verräter aus der rechtsextremen Szene sind wichtig. Das betonen Sicherheitsexperten in diesen Tagen gern. Sie sind unter Rechtfertigungsdruck, denn das V-Mann-System steht in der Kritik: Trotz regelmäßiger Geldflüsse an gesprächswillige Rechtsextreme blieben drei abgetauchte Nazis aus Thüringen jahrelang unentdeckt: Sie waren die späteren mutmaßlichen Mörder des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Die parlamentarischen Untersuchungsgremien versuchen derzeit alles, um das Versagen der Sicherheitsbehörden aufzuklären. Eines bleibt dennoch nach wie vor schleierhaft: wie genau das System der V-Leute funktioniert. Es ist ja auch geheim. Die Verfassungsschützer geben ihren Informanten Tarnnamen, um deren Identität zu schützen. Oft wussten die Geheimdienstler in der Vergangenheit nicht einmal, welcher Kollege und welche Behörde welchen Rechtsextremen genau als Spitzel angeworben hat. So versickerten bei der Fahndung nach Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe mit den Jahren wichtige Informationen, die zu deren frühzeitiger Ergreifung hätten führen können. (Zeit Online)

NPD-Vize Pastörs legt Revision gegen Urteil ein

Der NPD-Bundesvize und Schweriner Landtagsabgeordnete Udo Pastörs geht erneut gegen das vom Landgericht Saarbrücken verhängte Urteil wegen Volksverhetzung in Revision. Pastörs begründete diesen Schritt am Donnerstag mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit. Der 60-jährige Chef der NPD-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hatte 2009 bei einer Aschermittwochs- Veranstaltung der rechtsextremen Partei in Saarbrücken nach Ansicht der Richter zum Hass auf Teile der Bevölkerung aufgestachelt. (Hamburger Abendblatt, Endstation Rechts)

NSU-Prozess: SPD und Grüne fordern größeren Gerichtssaal

Im April müssen sich die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier weitere Angeklagte vor Gericht verantworten. Doch SPD und Grüne kritisieren die Vorbereitung des Verfahrens: Der Saal sei viel zu klein für einen solchen "Jahrhundertprozess". (Spiegel Online) Die Justiz will "Schauprozesse" vermeiden, doch es geht bei dem Verfahren auch um eine Aufarbeitung der Mordserie. So scheint die Unzufriedenheit programmiert. (Tagesschau.de) Lob vorab gibt es in der Presse indes für den leitenden Richter Manfred Götzl: Dieser sei "akribisch und prinzipientreu". (Berliner Zeitung)

Verfassungsschutz: V-Leute kassieren angeblich Millionen

Nach einem Zeitungsbericht soll das Bundesamt für Verfassungsschutz angeblich mehr als zwei Millionen Euro für V-Leute im Jahr 2013 eingeplant haben. Fachleute zweifeln diese hohe Summe an. Sollte sie zutreffen, würde allein das Bundesamt für Verfassungsschutz mit bis zu 300 V-Leuten arbeiten. (Frankfurter Rundschau)

Gießen: Aussagen von NPD-Burschen als Beweismittel

Seit 2007 wird die Gießener Studentenverbindung Dresdensia Rugia in den Berichten des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz nicht mehr erwähnt. Zwei Mitglieder der Burschenschaft werden nun in der Materialsammlung einer Arbeitsgruppe von Bund und Ländern zur Prüfung eines Verbots der rechtsextremen NPD mehrfach erwähnt. Die dort zitierten Aussagen der beiden sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Jürgen W. Gansel und Arne Schimmer würden damit zu Beweismitteln in einem Verbotsverfahren. (Gießener Allgemeine)

NSU-Zwischenbericht: Nährboden für Neonazis

Vier Untersuchungsausschüsse versuchen, das Leben der NSU-Terrorzelle im Untergrund und ihre Entstehung aufzuklären. Die Thüringer schlossen nun einen ersten Zwischenbericht ihrer Arbeit ab. Er dokumentiert, wie leicht es die Behörden radikalen Neonazis in den Neunzigern machten. (Spiegel Online) Journalistin Sabine Rennefanz erlebte jene Zeit, den Mauerfall als Jugendliche in der DDR, genau wie die NSU-Terroristen. Ein Gespräch über die stille Wut ihrer Generation und ihr Buch darüber. (Zeit Online)

Berlin: NPD provoziert mit Kundgebung vor Jugendzentrum

NPD-Vertreter machten gegen ein geplantes Asylheim in Neukölln mobil. Die Falken meldeten eine Gegen-Demo an und diskutierten danach mit Raed Saleh über Integration. Es war Raed Salehs erste öffentliche Diskussion zum Thema Integration, seitdem er Fraktionsvorsitzender der SPD im Abgeordnetenhaus ist. Ausgerechnet der Abendtermin fand unter Polizeischutz statt. Das lag nicht an dem 35 Jahre alten Politiker, sondern am Ort. Die Debatte mit Lehrern und Sozialarbeitern fand im Anton-Schmaus-Haus an der Gutschmidtstraße in Britz statt, einer Kinder- und Jugendeinrichtung des Bezirksamtes, die die Falken in freier Trägerschaft betreiben. Die Falken sind ein politischer Jugendverband, der der SPD nahe steht. (Berliner Morgenpost)

Schwulsein in der CSU - ein Leidensbericht

Die CSU inszeniert eine konservative Mama-Papa-Kind-Welt, in der homosexuelle Paare keinen Platz haben. Andreas Möhring, 39, ist schwul und Parteimitglied. Wie geht das? (Stern.de) Vor allem angesichts von Klagen wie der von CSU-Rechtspolitiker Norbert Geis: Der spricht im Streit um die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe von einem großen Einfluss einer “Homosexuellen-Lobby” im Bundestag. Geis sagte der Saarbrücker Zeitung: "Es gibt im Bundestag eine sehr starke Lobby für Homosexuelle. Die trommelt auch viel kräftiger als diejenigen, die anders denken." Mit der CSU werde es "keine volle Gleichstellung geben", betonte Geis. (Publikative.org)

Belgien: Rechtspopulist erzürnt Türken mit Tweet

Die belgischen Rechtspopulisten vom Vlaams Belang beleidigen in einem Tweet Muslime – und der türkische Europaminister ist sauer: Es falle ihm schwer, den Verfasser als Menschen zu bezeichnen. (Welt Online)

Delmenhorst: Rechtsextremer zu Bewährung verurteilt

Der Amtsgerichts-Saal war voll von Journalisten, als am Donnerstag der Richter das Urteil im Fall des Rechtsextremen Mario M. verkündete: Sieben Monate und zwei Wochen Gefängnis wegen gefährlicher Körperverletzung, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Bewährungsfrist ist auf drei Jahre festgesetzt worden. Das ursprünglich von Staatsanwalt und Nebenklage geforderte Schmerzensgeld von 2.000 Euro setzte der Richter auf 1.250 Euro herab. Der Verurteilte muss zudem 60 Arbeitsstunden in einer gemeinnützigen Einrichtung ableisten. Der Richter sah es als erwiesen an, dass der Rechtsextreme am 4. März 2010 auf dem Marktplatz eine Gruppe von vier Jugendlichen angegriffen hat. Dabei hat er einen Totschläger, bestehend aus einem Socken und einem 200 Gramm schweren Metallstück, auf die Stirn eines der vier Jugendlichen geschleudert. (Nordwest Zeitung)

Rechtsextreme im Fußball: Gezielt unterwandert

Die NPD hat versucht, Fans von Rot-Weiß Erfurt und Carl Zeiss Jena zu ködern. Während man in Jena clever reagiert, gibt man sich in Erfurt politisch naiv. (taz)

drucken