Besondere Schwere der Schuld wegen rassistischer Motivation: Mörder von Marwa El-Sherbini zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Rechtsextreme probieren, noch an Jürgen Riegers Erbe zu kommen. Außerdem: Wissenschaftler gegen Extremismusprogramme und Taucher gegen Zerstörungsraub der "Hatecrew Stralsund".
Zusammengestellt von Simone Rafael
Gesellschaft
In Dresden ging der Prozess um den Mord an Marwa El-Sherbini zu Ende: Täter Alex Wiens wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt. Betont wurden als "niederer Beweggrund" besonders der Rassismus des Angeklagten. Der Spätaussiedler hatte die schwangere Ägypterin im Gerichtssaal erstochen, nachdem er wegen einer islamfeindlichen Beschimpfung der jungen Frau verurteilt worden war (Artikel).
Ein Amtsenthebungsverfahren gegen eine der rechtsextremen NPD nahestehende Schöffin am Amtsgericht Riesa ist fehlgeschlagen. Ein Ausschluss der Frau aus dem Ehrenamt sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich, so ein Gerichtssprecher. Zwar gebe es jetzt eine Bundesratsinitiative vom Land Brandenburg, um Extremisten künftig aus Schöffenämtern entfernen zu können, diese käme aber für den konkreten Fall zu spät.
Zehn Wissenschaftler schelten die geplante Umwandlung der Programme gegen Rechtsextremismus durch die Bundesregierung in einer öffentlichen Erklärung als "nicht akzeptabel." (Wortlaut hier).
Taucher haben die vermutlich von Rechtsextremen gestohlene Gedenktafel zur Erinnerung an die zerstörte Synagoge in Stralsund gefunden. Die Feuerwehr fischte die Tafel am Mittwoch aus dem Strelasund. Neonazis der "Hatecrew Stralsund" hatten zuvor ein Video auf Youtube gestellt, auf dem zu sehen war, wie sie die Gedenktafel versenkten. Dazu höhnten Kommentare: "Der Anne-Frank-Spruch, der die Platte zierte, „Geschehene Dinge lassen sich nicht rückgängig machen“ ist damit in diesem Fall wohl Programm. Es sei denn die Stadt gönnt sich den Luxus ein paar Taucher loszuschicken…" Gut, dass sie es getan hat!
Rechtsextreme Szene
Erbe des Neonazi-Anwaltes Jürgen Rieger:
Wie der niedersächsische Verfassungsschutz bestätigte, sind aus dem Testament des rechtsextremen Anwalts und NPD-Vizes Jürgen Rieger Firmenakten der Wilhelm-Tietjen-Stiftung verschwunden. Rieger war alleiniger Gesellschafter der Stiftung. Mitte der Woche präsentierte ein rechtsextremer Anwalt in Pößneck, wo besagter Stiftung das "Schützenhaus" gehört, eine "Vollmacht", die die Geschäfte auf Riegers langjährigen Weggefährten und Kameradschaftskader Thomas Wulff überträgt. Da diese Vollmacht aber weder ins Handelsregister in Deutschland noch in England eingetragen ist, ist sie offenbar juristisch bedeutungslos. Der Bürgermeister von Pößneck lässt jedenfalls das "Schützenhaus" durch das Ordnungsamt versiegelt, um es für die Erben zu bewahren. Dafür kündigt die Nazi-Szene an, am Samstag durch die Stadt zu marschieren. Der für Wunsiedel für die selbe Zeit geplante "Trauermarsch" für Rieger war verboten worden, ebenfalls eine Neonazi-Demonstration im nahen München. Ein Neonazi-Aufmarsch in Halbe (Brandenburg), ebenfalls für Samstag geplant, ist abgesagt worden.
Die NPD hat weiteren Ärger mit Geld: Offenbar hat die rechtsextreme Partei jahrelang zu viele Spenden angegeben, um Zuschüsse aus der Parteienfinanzierung zu kassieren: 270.000 Euro gingen so zu Unrecht an die NPD und müssen nun ersetzt werden.
Rechtsextreme Gewalt
- In der Nacht zum 8. November wird die Synagoge in Dresden antisemitisch beschmiert.
- Halle: Das Auto eines Mitarbeiters des Vereins "Miteinander - Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e. V." brennt in der Nacht zum 9. November aus - vermutet wird ein Brandanschlag.
- Hessen: Ein 17-jähriger Neonazi der Kameradschaft "Freie Kräfte Schwalm-Eder" tritt in der Nacht zum 8. November in Schwalmstadt-Dittershausen einen Polizisten, so dass der mit gebrochenem Jochbein und Kiefer ins Krankenhaus muss.