26.08.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Rassismus: Erfurter Ausländerbeirat mit dem Messer bedroht +++ Thüringen bittet NSU-Opfer um Entschuldigung +++ Landtagswahl in Sachsen: Die Schrumpfgermanen.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Rassismus: Erfurter Ausländerbeirat mit dem Messer bedroht

Der Vorsitzende des Ausländerbeirats in Erfurt, José Paca, ist auf offener Straße rassistisch beschimpft und bedroht worden. Der Vorfall ereignete sich bereits vergangene Woche in Erfurt-Nord. Der 52-Jährige setzt sich seit vielen Jahren für die Integration und politische Teilhabe der ausländischen Bevölkerung in Erfurt ein. Der gebürtige Angolaner hatte erst im Juli von Bundespräsident Joachim Gauck das Bundesverdienstkreuz erhalten.  "Aber das kann ich mir nicht umhängen, es hätte mich auch nicht geschützt“, sagte Paca der Zeitung. Zwei Männern hätten ihn in der Hans-Sailer-Straße angepöbelt und mit einem Messer und einer Pistole bedroht. In der Straße gibt es eine Flüchtlingsunterkunft. Es sei jedoch niemand in der Nähe gewesen, der ihm hätte helfen können. Er habe anschließend Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Täter wurden bislang nicht gefasst (mdr).

Thüringen bittet NSU-Opfer um Entschuldigung

Das Land Thüringen hat sich bei den Hinterbliebenen des NSU-Terrors entschuldigt. Der Untersuchungsausschuss fordert Konsequenzen aus dem Behördenversagen. Grünen- Chef Özdemir fordert indes einen neuen Untersuchungsausschuss im Bundestag.  Im Erfurter Landtag sagte Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) am Freitag, sie verneige sich vor den Opferangehörigen „mit Scham, Trauer und der Bitte um Vergebung“. Die Demütigungen durch falsche Verdächtigungen hätten den Schmerz der Opfer zusätzlich vergrößert. Zuvor hatte bereits Landtagspräsidentin Birgit Diezel (CDU) die Hinterbliebenen und die teils lebensgefährlich Verletzten der Sprengstoffanschläge in Köln um Verzeihung gebeten. Die Sondersitzung des Parlaments galt dem am Donnerstag veröffentlichten Thüringer Untersuchungsbericht zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU). Darin wirft der Untersuchungsausschuss den Sicherheitsbehörden schwere Versäumnisse bei den Anfang 1998 begonnenen Ermittlungen gegen die Neonazi-Gruppe vor (Migazin). Die Vorsitzende des Thüringer Landtagsausschusses, Dorothea Marx (SPD), erklärte am Donnerstag in Erfurt, es habe Ende der 1990er Jahre "Fehlleistungen in erschreckendem Ausmaß" bei der Fahndung nach den drei Hauptverdächtigen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) gegeben. Sie hätten das Untertauchen der mutmaßlichen Haupttäter 1998 begünstigt. Bei der Vorstellung des offiziellen Abschlussberichts des NSU-Untersuchugsausschusses des Thüringer Landtags sprach sie von einem Desaster und umfassendem Versagen (mesh-web.de).

Landtagswahl in Sachsen: Die Schrumpfgermanen

Die NPD steckt in der Krise, sogar in Sachsen. Jetzt geht’s ums Überleben. Den Ruf der „netten Nachbarn“ hat die Partei verspielt. Der Wahlkampflaster kommt nicht, seit einer halben Stunde schon nicht. „Technische Probleme“, murmelt Holger Szymanski, seine Hände graben sich in die Jeanstaschen. Dann lege man eben so los. Szymanski, Karohemd und graues Jackett, und seine Leute haben sich an diesem Augustnachmittag etwas ausgedacht: „Deutsche helfen Deutschen“. Kostenlose Bratwürste für die Zittauer. Das Problem nur: Die Zittauer interessiert das Grillen wenig (taz). Allerdings könnte die NPD trotzdem am Sonntag über fünf Prozent kommen. Wenn dies so ist, liegt es an ihrem unermütlichen Einsatz von Propagandamaterialien (FAZ).

AfD in Sachsen: Bloß kein Plauderbild mit der NPD

Am Sonntag ist in Sachsen Landtagswahl. Die AfD will groß rauskommen. Als Partei der Mitte. Wenn nur die richtig Rechten nicht dauernd dazwischenkämen. Die verfolgen die AfD regelrecht - um sich in ihrem Licht zu sonnen (FAZ).

Kämpft die AfD Sachsen mit falschen Facebook-Accounts um Wähler?

Am Sonntag ist Landtagswahl in Sachsen. Die FDP dort regt sich jetzt über die AfD und deren Wahlkampfstrategie auf Facebook auf. Die Sachlage: Irgendwer erschafft irgendwo am Montag einen Facebook-Account eines jungen Mannes. Dessen Name: Peter Wolffen. Das Profilbild: ein Foto des französischen Schauspielers Gaspard Ulliel. Die erste und einzige Aktivität des Accounts ist ein Post mit dem folgenden Inhalt auf der Seite der FDP-Sachsen: „Ich habe früher immer die FDP wegen ihrer wirtschaftsliberalen Politik gewählt. Jetzt wähle ich AfD, weil weniger EU und weniger Masseneinwanderung will.“ Die FDP Sachsen hat in den vergangenene Wochen viele solche Trolle auf ihren Seiten erlebt - die sich alle für die AfD aussprechen (Huffington Post).

Donaueschingen: Unbekannte beschmieren Kirchturm mit rechtsextremer Symbolik

Die Gemeinde ist schockiert: Nachdem der Kirchturm frisch gestrichen wurde, haben Unbekannte ihn mit einer rechtsextremen Schmähschrift beschmiert. Die nun anfallenden Sanierungskosten für den Schaden werden auf rund 7000 Euro geschätzt (Südkurier)

NRW: Kooperationen zwischen "Pro NRW", AfD und NPD?

Nach den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen sind in den Stadträten die rechten Parteien auf der Suche nach neuen Partnern. Dabei gehe es auch um die Position der eurokritischen Alternative für Deutschland (AfD), sagt Alexander Häusler vom Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus/Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf. In einigen Kommunalparlamenten hätten bei geheimen Abstimmungen Pro NRW, NPD und AfD offenbar ihre Stimmen gebündelt. Dadurch hätten Pro-NRW-Vertreter die Wahl in Gremien und Ausschüsse geschafft. "Sollte sich das fortsetzen, stellt das für die demokratischen Parteien eine neue Herausforderung dar", so Häusler. Die AfD bestreitet aber, Absprachen mit den rechten Parteien getroffen zu haben (Generalanzeiger Bonn).

Ein Jahr nach den Protesten gegen das Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf

Ein Jahr nach den rechten Protesten gegen Flüchtlinge in Hellersdorf ist die Lage ruhiger, aber nicht entspannt. Gestern startete dort eine Aktionswoche gegen Rassismus. Vor einem Jahr gab es hier im August massive Proteste gegen ein neues Flüchtlingsheim, in das die ersten Bewohner unter Polizeischutz einziehen mussten. Jetzt steht der Stadtteil, kurzzeitig zum Symbol geworden für das, was die einen als Rassismus in der Mitte der Gesellschaft und die anderen als Horrorszenario in einem abgehängten Randviertel beschreiben würden, kaum noch im Fokus der Medien und auch derjenigen, die sich jenseits von Hellersdorf gegen Neonazis und Rassismus engagieren (taz).

Berlin: NPD-Kundgebung gegen Flüchtlingsheim - Gähnende Leere und ein Versuch im Lipsi-Schritt

NPD-Kundgebungen im Bezirk Pankow bleiben, wie die Anti-Flüchtlingsheim-Darbietung am Sonnabend wieder zeigte, eine einsame Angelegenheit. Während die Kund-Geber mit immerhin siebzehn Personen zur Rennbahn-/ Ecke Roelckestraße anreisten, fehlte mit – Ausnahme einiger Pressefotografen – von etwaigen Kund-Nehmern jede Spur (prenzlberger-stimme.de).

Deutscher Student Josef S.: "Ziviler Ungehorsam ist legitim"

Der deutsche Student Josef S. wurde in Wien als Krawalltourist verurteilt, obwohl es keine Sachbeweise gab. Jetzt ist er zurück in Jena und spricht darüber, wie weit Proteste gehen dürfen - und warum er gegen das Urteil vorgeht (Spiegel online).

Verbindungen von NSU-Unterstützern zu Burschenschaften

Die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion ist erst wenige Wochen alt. Die Behörden gingen, so heißt es dort, nur von vereinzelten Kontakten von Burschenschaften zur extremen Rechten aus. Der Abschlussbericht des Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses hingegen zeichnet ein anderes Bild: Einige der zehn genannten Unterstützer der Terrorgruppe verfügen über eine burschenschaftliche Vergangenheit. Erstmals wurde zudem die Mitgliedschaft des Vizechefs des militanten „Thüringer Heimatschutzes“ in einer Bayreuther Verbindung offiziell bestätigt (Endstation rechts).

Rassismus in der Schule: Lass dir nichts gefallen!

Wenn nun die Schule wieder anfängt, erleben einige Kinder ganz besondere Probleme: Sie haben eine dunkle Hautfarbe – und werden gehänselt und beleidigt. Sogar Lehrer verhalten sich nicht immer sensibel. Wie Eltern mit dem alltäglichen Rassismus umgehen (Tagesspiegel).

Rassismus, Korruption, Entlassung – die Karriere des Todesschützen von Ferguson

Der Polizist, der in Ferguson einen schwarzen Teenager erschossen hat, hat eine unrühmliche Vergangenheit: Die brisante Enthüllung kurz vor der Beerdigung seines Opfers (tagesanzeiger.ch).

USA: Der Rassismus ist messbar

Seit 50 Jahren ist die Rassentrennung in den USA offiziell abgeschafft, doch Schwarze bleiben benachteiligt. Vier Grafiken, die ihre Diskriminierung zeigen (ZEIT online).

Interkultureller Rat: 20 Jahre lang Beiträge zur Überwindung von Rassismus

Der Interkulturelle Rat in Deutschland wird 20 Jahre alt. Jürgen Micksch, Vorsitzender und Gründer des Rates, erinnerte in Frankfurt an die Gründung des Rates am 31. August 1994. Mit seinen 50 Mitgliedern und vielen Kooperationspartnern aus allen Bereichen der Gesellschaft bemühe sich der Interkulturelle Rat um Beiträge zur Überwindung von Rassismus. Angesichts des Antisemitismus und der zunehmenden Ablehnung von Roma, Muslimen und Flüchtlingen sei diese Arbeit heute besonders dringlich. Der Interkulturelle Rat hat die Internationalen Wochen gegen Rassismus mit jährlich über 1.000 Veranstaltungen ins Leben gerufen. Er hat Abrahamische Teams aus Juden, Christen und Muslimen gebildet, die inzwischen über 350 Veranstaltungen vor allem an Schulen durchgeführt haben und vom Bundesinnenministerium gefördert werden. Er hat den Kurdisch-Türkisch-Deutschen Dialog aufgebaut sowie Islamforen in Bund, Ländern und Gemeinden, gegen den Optionszwang gekämpft und zahlreiche weitere Modelle gegen Rassismus initiiert (Islamiq.de).

Birgit Lohmeyer: Unser Dorf ist wie ein Freilichtmuseum des Neonazitums

Seit 2004 lebt Birgit Lohmeyer in Jamel in Mecklenburg-Vorpommern, ein Ortsteil, der überwiegend von Neonazis bewohnt wird. Am kommenden Wochenende organisiert sie mit ihrem Mann zum achten Mal das Festival „Jamel rockt den Förster“. Ein Gespräch über das Leben unter Rechtsextremen, Repressalien, die Rolle des Festivals und Auswirkungen eines möglichen NPD-Verbots (Planet-interview.de).

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