29.01.2013 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Dresden: Linkes Bündnis will Rechtssicherheit für Anti-Nazi-Blockaden +++ NSU-Ermittler rätseln über in Weimar gefundene DVD +++ Forscher bezweifelt Erstarken des Rechtsextremismus.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Dresden: Linkes Bündnis will Rechtssicherheit für Anti-Nazi-Blockaden

Linke Aktivisten aus Dresden sind unsicher, wie weit sie bei ihren Protesten gegen Neonazis gehen können. Daran hätten auch die zahlreichen Prozesse der sächsischen Justiz nichts geändert, kritisierte der Sprecher des Bündnisses "Dresden Nazifrei!", Silvio Lang, am Montag in der Landeshauptstadt. So sei nicht geklärt, ob Blockaden von Nazi-Demonstrationen verboten seien oder die Blockierer auch ein Recht auf Versammlungsfreiheit hätten, sagte Lang. Das Bündnis wende sich entschieden gegen die Kriminalisierung seines Engagements bei den jährlichen Aufmärschen von Rechtsextremisten an der Elbe. (Welt Online) Hintergrund sind die Anklagen der Staatsanwaltschaft gegen Blockierer rund um den 2010 und 2011. Aktuell werde von Seiten der Staatsanwaltschaft in 351 Fällen gegen Verstöße nach Paragraph 21 Versammlungsgesetz ermittelt. Über 200 der Verfahren beziehen sich auf die Blockade an der Fritz-Löffler-Straße vom 19. Februar 2011. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft Dresden sieht das Bündnis Nazifrei die Blockaden durch die im Grundgesetz festgeschriebene Versammlungsfreiheit gedeckt, auch das Oberverwaltungsgericht Münster habe diese Sichtweise kürzlich bestätigt. (Leipziger Volkszeitung) Derweil geben sich die Nazis vor dem Aufmarsch in Dresden ungewohnt zahm: Ihre Aufrufe zum "Bomben-Gedenken" sind verhalten. Immerhin einen "Trauermarsch" hat ein rechtes "Aktionsbündnis gegen das Vergessen" für 18 Uhr am Abend des Aschermittwochs 2013 wieder angemeldet. (taz)

NSU-Ermittler rätseln über in Weimar gefundene DVD

Die DVD sah so aus wie alle anderen, die Beate Zschäpe Anfang November 2011 per Post an verschiedenste Adressaten verschickt hatte - samt der Aufschrift "Nationalsozialistischer Untergrund" und dem grinsenden Rosaroten Panther. Dies sollen Fingerabdrücke auf einem der Umschläge belegen. Der Inhalt der DVD: das Video, in dem sich die Terrorzelle NSU zu zehn Morden und mehreren Bombenanschlägen bekennt. Dennoch ist die Scheibe, die im Büro der Linke-Stadtratsfraktion in Weimar ankam, etwas Besonderes. Zum einen wurde ihre Existenz erst jetzt bekannt. Zum anderen warf sie damals vielleicht nicht ein Postbote ein, denn sie befand sich wohl nicht in einem frankierten Umschlag. So behauptet es jedenfalls die Weimarer Linke. (Thüringer Allgemeine)

Forscher bezweifelt Erstarken des Rechtsextremismus

Wie "rechts" ist Deutschland wirklich? Manche sehen den Rechtsextremismus schon mitten in der Gesellschaft angelangt. Doch diese These ist in der Wissenschaft umstritten. (Sächsische Zeitung) So sieht etwa der Politikwissenschaftler Uwe Backes keine Belege für ein erfolgreiches Vordringen des Rechtsextremismus in die Mitte der Gesellschaft. Eine anderslautende These lasse sich weder an Wahlergebnissen noch an der Mitgliederentwicklung rechtsextremer Parteien begründen, sagte der Professor am Montag auf einer Tagung in Dresden. (Dresdner Neueste Nachrichten)

NSU-Untersuchungsausschuss zu Gast bei Gauck

Bundespräsident Joachim Gauck empfängt heute die Mitglieder des Neonazi-Untersuchungsausschusses im Berliner Schloss Bellevue. Das Staatsoberhaupt will sich aus erster Hand über den bisherigen Stand der Erkenntnisse in dem Gremium informieren. Der Unions-Obmann im Ausschuss, Clemens Binninger (CDU), bezeichnete die Einladung als Zeichen der Wertschätzung. Es zeige auch, wie ernst es Gauck mit dem Kampf gegen den Rechtsextremismus sei. (Focus Online)

Antifaschisten arbeiten an virtuellem Nazi-Atlas

Wo ist der nächste Supermarkt? Der nächste Bäcker? Solche Fragen stellen viele Leute heute nicht mehr anderen Menschen, sondern einer Internet-Suchmaschine. Ähnlich ist das Prinzip einer Online-Karte, an der Ulli Jentsch mitarbeitet – nur dass diese Antworten auf ganz andere Fragen liefern soll. "Wo in meiner Nähe haben Neonazis einen Menschen ermordet?" wäre so eine oder "Gibt es hier ein Geschäft, das sich an Neonazis richtet?" Jentsch sagt: "Wenn unsere Arbeit funktioniert, werden einige Leute über die Vielzahl der Einträge staunen." Rechtesland.de heißt das Projekt, an dem Jentsch beteiligt ist. Getragen wird es vom antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz) – und man kann es sich vorstellen wie einen nahen Verwandten der Anwendung Google Maps. (Hamburger Abendblatt, taz)

Thüringer exportieren Rechtsrock

Die NPD in Thüringen gehört zu den aktivsten Organisatoren von Rechtsrock-Festivals. Immerhin spülen solche Veranstaltungen tausende Euro in die klammen Kassen. Nun planen Thüringer NPD-Funktionäre ein weiteres Rechtsrock-Festival. Diesmal als Export nach Sachsen-Anhalt. (Publikative.org)

Zschäpe-Anwältin fällt bei Vorstandswahl durch

Die Berliner Strafverteidigerin Anja Sturm wird, so viel ist schon abzusehen, von Frühjahr an zu einer der bekanntesten Anwältinnen Deutschlands werden. Das liegt an der Mandantin, die Sturm zusammen mit zwei Kollegen vor dem Münchner Oberlandesgericht vertreten wird: Beate Zschäpe. Der wirft die Bundesanwaltschaft zehnfachen Mord und Mitgliedschaft in der Terrorgruppe NSU vor. Die im US-Bundesstaat New York geborene Anja Sturm steht in keiner Weise im Verdacht, eine Szeneanwältin zu sein. Sie ist Strafverteidigerin mit Leib und Seele. Das Zschäpe-Mandat habe sie übernommen, weil sie ein "rechtsstaatliches Verfahren" gewährleistet sehen möchte, wie die 42-Jährige auf der Homepage ihrer Berliner Kanzlei schreibt - und um sich "jedem Versuch einer Politisierung des Verfahrens von welcher Seite auch immer" entgegenzustellen. Doch innerhalb der Vereinigung Berliner Strafverteidiger gibt es nun eine heftige Debatte. Der 62 Jahre alte, linksliberal ausgerichtete Anwaltszusammenschluss, der sich immer wieder auch in hitzige öffentliche Debatten einmischt, hat am Wochenende hinter verschlossenen Türen einen neuen Vorstand gewählt. Für einen der neun Posten trat Zschäpe-Anwältin Anja Sturm an - und fiel nach einer heißen Diskussion unter den an die 200 Anwesenden knapp durch, wie mehrere Teilnehmer übereinstimmend berichten. (taz)

Kieler Nazi-Laden im Fokus der Behörden

Ein unscheinbarer An- und Verkaufsladen, mitten im Kieler Stadtteil Gaarden: Nach Recherchen von NDR 1 Welle Nord und dem Schleswig-Holstein Magazin sind die Betreiber bekannte Neonazis, die zum Teil gute Kontakte in die Rockerszene haben und auch international vernetzt sind. Im Internet wirbt der Laden mit sogenannten Polenschlüsseln - Werkzeuge, die legal zu kaufen sind, tatsächlich aber zu Einbruchszwecken genutzt werden. Hinter der Ladentheke ziehen vier Neonazis die Strippen: Peter Borchert, Lars B., Alexander H. und Karsten M. Sie sind gewaltbereit, rechtsextrem und sehr gefährlich - das bestätigt der schleswig-holsteinische Verfassungsschutz. (NDR Online)

Antifa: Neonazis in Potsdam weniger gewaltbereit

Neonazis in Potsdam agieren weniger gewaltbereit als noch vor einigen Jahren – fallen aber vermehrt durch unangemeldete Fackelaufmärsche und Propagandaaktivitäten auf. Das ist das Fazit der Chronik neonazistischer Aktivitäten in Potsdam und Umgebung für das Jahr 2012, das die Initiative Antifaschistisches Pressearchiv am Wochenende im Internet veröffentlicht hat. Als Quellen dienen den Angaben nach Presseartikel, der Opferperspektive-Verein, diverse Beobachtungen antifaschistischer Gruppen in Potsdam sowie Berichte, mit denen sich Neonazis im Internet brüsten. (Potsdamer Neueste Nachrichten)

Burschenschaften: Freunde fürs Leben

Burschenschaften haben einen schlechten Ruf. Einer ihrer Dachverbände gilt als rechtsextrem. Es gibt auch Gruppierungen, die sich für unpolitisch halten und von radikalem Gedankengut distanzieren. Ein Besuch bei der "Vereinigten Berliner Burschenschaft Thuringia". (Berliner Zeitung)

Neustadt an der Weinstraße: NPD-Mitglied fliegt zu Recht aus Rechtsausschuss

Ein NPD-Mitglied, das Deutschland als "Bananenrepublik" und "Besatzer-Regime" verunglimpft, hat in einem Rechtsausschuss nichts verloren. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt am Montag in einem Urteil klargestellt. Die Richter gaben damit einer Entscheidung des Kreistages Südwestpfalz Recht. (SWR Online)

Österreich: Schwer bewaffnetes Netzwerk

Die Polizei sprengt eine gefährliche österreichische Neonazi-Truppe – die hat über Jahre ein "mafiöses System" mit Waffen, Sprengstoff-, Drogen- und Menschenhandel aufgebaut. "Das ist die größte Neonazi-Bande mit dem größten kriminellen Potenzial seit Jahrzehnten", sagt Nationalrat Karl Öllinger (Grüne). Bis auf Bundesebene hinauf erschüttert die Causa "Objekt 21" Österreich: Die Kameradschaft aus dem Bundesland Oberösterreich baute über eineinhalb Jahre ein regelrechtes "mafiöses System", so ein Ermittler, auf – zusammen mit deutschen Gesinnungsgenossen. Die Vorwürfe reichen von Schutzgelderpressungen bis hin zu Drogen-, Waffen- und Menschenhandel. Zudem sollen Bekannte gezwungen worden sein, Raubüberfälle und Einbrüche für die Neonazi-Truppe zu verüben. (blick nach rechts)

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