Nach den Rechten sehen: Urteil gegen Rechtsextreme: Neonazi-Verein scheitert mit Klage +++ Nach dem NSU: Militante Neonazis haben weiter Zulauf +++ Anklam: NPD-Diskussion lässt CDU zum Tollhaus werden.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Urteil gegen Rechtsextreme: Neonazi-Verein scheitert mit Klage
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot der Neonazi-Gefangenenhilfe HNG bestätigt. (Sueddeutsche.de, Welt Online) Doch was es bringt, ist fraglich. Denn in der rechtsextremen Szene hat längst eine neue Gruppe die Arbeit der HNG übernommen. Das Bundesinnenministerium hatte die Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG) mit Sitz in Frankfurt im September 2011 verboten. Die Begründung: Die HNG habe sich dem "aktiven Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verschrieben". Unter dem Deckmantel karitativer Arbeit würden inhaftierte Rechtsextremisten in ihren nationalistischen Überzeugungen und im "Kampf gegen das System" bestärkt - und somit nicht resozialisiert, sondern weiter in der Szene gehalten. (Frankfurter Rundschau) Seit dem Verbot sucht die Szene derzeit nach anderen Möglichkeiten, einsitzende "Kameraden" zu unterstützen. (blick nach rechts)
Nach dem NSU: Militante Neonazis haben weiter Zulauf
Die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten ist im letzten Jahr abermals gestiegen. Das will der Tagesspiegel aus Sicherheitskreisen erfahren haben. Zum ersten Mal seit 2007 erreichte die Anzahl wieder die 10.000er-Marke, wenngleich eine exakte Vergleichbarkeit durch eine Änderung der offiziellen Statistik erschwert wird. (Endstation Rechts)
Zwischenbilanz des bayerischen NSU-Ausschuss: Aufklärung "sträflich vernachlässigt"
Die bayerischen Sicherheitsbehörden müssen sich beim Umgang mit den rechtsterroristischen NSU-Morden nach Auffassung der Opposition schwere Versäumnisse ankreiden lassen. Das machten die drei Landtagsfraktionen von SPD, Grünen und Freien Wählern am Mittwoch in einer Zwischenbilanz des bayerischen NSU-Untersuchungsausschusses deutlich. Schon zur Halbzeit der Arbeit sei deutlich geworden, dass die Verfassungsschützer im Freistaat die Aufklärung im rechtsextremen Bereich "sträflich vernachlässigt hätten", sagte Ausschusschef Franz Schindler (SPD). Die Grünen-Vertreterin Susanna Tausendfreund sprach von einer "grundsätzlich verharmlosenden Sicht" des Verfassungsschutzes. (Sueddeutsche.de) Unterdessensieht der frühere Präsident des bayerischen Verfassungsschutzes, Günter Gold, in seiner Amtszeit keine Versäumnisse, auch nicht bei der Beobachtung des Rechtsextremismus. Vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags antwortete er am Mittwoch auf eine entsprechende Frage mit einem klaren "Nein". (Welt Online)
Anklam: NPD-Diskussion lässt CDU zum Tollhaus werden
In der Affäre um den Kaffeeklatsch von CDU und NPD legte CDU-Mann Marco Schulz am Mittwoch kräftig nach. Auf einer Internetseite der CDU verglich er die Ausgrenzung der NPD mit der Judenverfolgung im "Dritten Reich". Später tat ihm das leid. (Nordkurier)
Steter Tropfen: Wie anhaltender Protest einen Szeneladenbetreiber ärgert
Ein wenig schmunzelt Johannes Ratzek vom Bündnis "Glinde bleibt bunt" auch darüber: In einem Brief droht der Anwalt des örtlichen, "Thor Steinar"-Produkte führenden Ladens "Tonsberg" dessen Vermietern juristische Schritte an - wegen der Mahnwachen des Bündnisses. Diese, so wird in dem Schreiben argumentiert, führten zu Einbußen für das Ladengeschäft. "Das ist doch eine positive Auswirkung", sagt Ratzek. Im September 2011 eröffnete der Laden in der schleswig-holsteinischen Kleinstadt - seither findet davor jeden Tag eine Mahnwache statt. Kaum hatte der Vermieter realisiert, dass "Tonsberg" einzig die in der rechtsextremen Szene sehr beliebte Modemarke anbietet, versuchte er den Pachtvertrag zu kündigen - bisher ohne Erfolg. Im Gerichtsverfahren hatte Pächter Uwe M. noch behauptet, seine Geschäfte liefen gut. "Ein interessanter Widerspruch", sagt nun Ratzek vom Protestbündnis. (taz)
Rauswurf bei Werder Bremen: NPD-Funktionär Pühse wehrt sich vor Gericht
Das Landgericht Bremen beschäftigt sich mit dem Rauswurf eines NPD-Funktionärs bei Werder Bremen. Der ehemalige Wahlkampfmanager der rechtsextremistischen Partei war im Juli 2011 wegen seiner politischen Aktivitäten von der Mitgliedschaft im Sportverein ausgeschlossen worden. (Radio Bremen)
Sachsen: "Reichsbürger" spielen Bürgerwehr
Als vor wenigen Wochen ein Gerichtsvollzieher in der Gemeinde Bärwalde (Kreis Meißen) seine Arbeit verrichten wollte, wurde er von herbeigerufenen Männern in blauen Uniformen festgenommen, die sich als Angehörige des Deutschen Polizei-Hilfswerkes ausgaben. Gegen diese dubiosen Hilfssheriffs ermittelt jetzt die Sonderkommission (Soko) Rechtsextremismus der sächsischen Polizei. Die in Bürgerwehr-Manier agierende Gruppe von knapp 20 Männern soll aus dem Umfeld von so genannten "Reichsbürgern" stammen, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen und für die Verbindungen in die rechte Szene kein Hindernis sind. Einige Landesverfassungsschutzbehörden haben diesen speziellen Personenkreis deshalb auch auf ihrem Radar. Zulauf finden die häufig mit wechselnden Namen operierenden Organisationen, die ihren Anhängern eigene Phantasie-Ausweispapiere ausstellen, nicht selten bei Personen, die mit Behörden und Justiz aus unterschiedlichen Gründen im Clinch liegen oder in Verwaltungsgerichtsprozessen unterlegen sind. Ihren gesamten Zorn projizieren sie dann auf die in ihren Augen nicht vorhandene Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik Deutschland, ihre Gesetzgebung, Rechtsprechung und tätigen Organe. (blick nach rechts)
Übung in Bürgernähe: Verfassungsschützer tauchen auf
Der Berliner Verfassungsschutzchef Bernd Palenda übt sich in neuer Bürgernähe - und besucht zum Auftakt den SPD-nahen Jugendverein Falken, der mehrfach von Rechten attackiert wurde. Zweieinhalb Stunden saßen sie zusammen: Bernd Palenda, der neue Interimschef des Berliner Verfassungsschutzes, und ein gutes Dutzend Neuköllner Falken. Der Behördenleiter war eigens nach Britz gekommen, ins Anton-Schmaus-Haus der linken, SPD-nahen Jugendorganisation. Dort ließ er sich schildern, wie die Falken auf die wiederholten rechten Schmierereien an ihrem Haus reagierten, auf die Angriffe, die 2011 zweimal auch mit Brandsätzen erfolgten. Er hörte zu, was der Verein über die rechtsextreme Szene berichtete. "Sehr offen, sehr konstruktiv" sei das Gespräch gewesen, bekundete danach Falken-Koordinatorin Mirjam Blumenthal. Viele im Haus waren von Palenda überrascht, hatten sie die Besuchsanfrage des Geheimdienstlers zuerst doch mit Argwohn aufgenommen. "Er hat sich aber intensiv für unsere Ansichten interessiert", sagt Blumenthal. Sie wertete das Treffen als Dialogauftakt. Nun müsse der Verfassungsschutz zeigen, dass es ihm nicht nur um Imagepolitur gehe. (taz)
Dresden: Geldstrafe für NPD-Stadtrat
"Eine Stadt sagt NEIN. Keine dauerhafte Ansiedlung von Afrikanern in Dresden" – diesen Slogan hatte die Dresdner NPD auf ein Schwarz-Weiß-Foto gedruckt und als Doppelpostkarte von Ende 2011 bis zum Februar dieses Jahres im Stadtgebiet verteilt. Doch die Rechte an dem Motiv, einer in Afrika aufgenommenen Menschenmenge, besaß die Partei nicht. Der in London ansässige Fotograf Christian Sinibaldi machte eine Urheberrechtsverletzung geltend, die NPD zahlte Schadenersatz und übernahm die Anwaltskosten für das Zivilverfahren – es sollen mehr als 2.500 Euro geflossen sein. Gestern musste sich Jens Baur, der den NPD-Kreisverband Dresden leitet und auch im Stadtrat sitzt, als Verantwortlicher dem Strafrichter am Amtsgericht stellen. (Sächsische Zeitung)
Berlin: Anwohner für Antisemiten
Die Treitschkestraße in Steglitz wird weiter den Namen eines Antisemiten tragen. Bei einer am Mittwoch ausgezählten Anwohnerbefragung per Briefwahl, an der sich seit Anfang November 305 von 428 Stimmberechtigten beteiligten, sprachen sich 74 Prozent gegen eine Umbenennung aus. Die knapp 900 Meter lange Nebenstraße der Steglitzer Einkaufsmeile Schloßstraße beschäftigt die Bezirkspolitik seit Jahren. Namensgeber Heinrich von Treitschke, gestorben 1896, war Geschichtsprofessor. Wegen der von ihm verfassten Schrift "Die Juden sind unser Unglück" gilt er als Wegbereiter des Nationalsozialismus. SPD und Grüne mühten sich um eine Umbenennung. Die CDU war dagegen - sie sah die 1906 erfolgte Straßenbenennung als eine Art historisches Dokument. (taz)
Dortmund: Neonazi Sven K. sitzt wieder in Haft
Neonazi Sven K. muss wieder in Haft. Die Staatsanwaltschaft hat mit ihrer Beschwerde gegen die Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen den derzeit wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagten 25-Jährigen einen Erfolg erzielt. (Der Westen)
Göppingen: 450 Euro Strafe für Eierwürfe auf Neonazis
Wegen Eierwürfen auf Neonazis musste sich am Dienstag ein 21-Jähriger vor dem Göppinger Amtsgericht verantworten. Er muss 450 Euro Geldstrafe bezahlen. Es war am 7. April dieses Jahres bei einem von mehreren von der Stadt genehmigten Aufmärschen der sogenannten "Autonomen Nationalisten". (Südwest Presse)
Die Neonazis und ihre Kennzeichen
Die rechte Szene hat ihr Erscheinungsbild verändert. Selbst für Experten wird es immer schwerer, Rechtsradikale allein aufgrund von Kleidung und Frisur zu identifizieren. Sie benutzen verschlüsselte Codes, die nur Eingeweihte auf Anhieb verstehen. Auch besondere Autokennzeichen zählen dazu, wie der polizeiliche Staatsschutz bestätigt. Die Neonazis seien in der letzten Zeit von ihrem "brachialen Erscheinungsbild" mit Springerstiefeln, Glatzen und Bomberjacken abgerückt und hätten sich bewusst dem Mainstream mit "modisch-athletischem Erscheinungsbild" angepasst, sagt Carlos Tomé. Ziel sei es, "weniger demonstrativ und eher unauffällig in der Öffentlichkeit aufzutreten" und teilweise mit verdeckten Botschaften zu kommunizieren und dabei vor allem junge Männer in den Bann zu ziehen. Tomé ist Mitarbeiter des Paderborner Kreisjugendamtes. Er hat sich intensiv mit den Markenzeichen, Symbolen und auch mit der Musik der rechten Gruppen beschäftigt. (Neue Westfälische)
Eberswalde: Alltäglichem Rassismus nachgespürt
Was ist Rassismus eigentlich? Bin ich auch davon betroffen? Und wer war Amadeu Antonio überhaupt? Diese Fragen und viele mehr galt es am 28. November im Gymnasium Finow zu klären, denn die Arbeitsgemeinschaft "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" hatte zu Workshops rund um die Themen Alltagsrassismus, Vertragsarbeiter in der DDR und Asylbewerber in Brandenburg geladen. In drei Workshops konnten interessierte Schüler aus allen Jahrgängen ihre Fragen stellen, Erfahrungen austauschen und neue sammeln. (Märkische Oderzeitung)
Konzert der rechtsextremen Gruppe "Ostfront" und weitere Veranstaltung in Leipzig verboten
Am vergangenen Wochenende wurden in Leipzig zwei rechtsextreme Veranstaltungen von der Polizei aufgelöst. Zunächst wurde ein Konzert verboten, weil die Polizei bei einer Durchsuchung Liedtexte mit volksverhetzendem Inhalt fand. Der Leipziger Polizeipräsident Merbitz kündigte an, dass er weiterhin hart gegen Neonazis vorgehen will. (Endstation Rechts)