Nach den Rechten sehen: Immer mehr militante Rechtsextremisten +++ Verfahren gegen braunen Bürgermeister: Hans Püschel droht Amtsenthebung +++ CDU-Grußwort für neurechtes Institut.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Immer mehr militante Rechtsextremisten - 212 Rückzugsorte für die Szene
Die vom militanten Rechtsextremismus ausgehende Gefahr nimmt nach Informationen des "Tagesspiegel" weiter zu. In diesem Jahr sei die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremisten auf über 10.000 gestiegen, teilten Sicherheitskreise mit. Bei einer vorläufigen Erhebung seien bundesweit 10.100 einschlägig aufgefallene Personen festgestellt worden. Im Jahr 2011 waren es noch 9.800. Damit setzt sich der schon länger zu beobachtende Anstieg fort. 2010 hatte der Verfassungsschutz 9.500 gewaltorientierte Rechtsextremisten gemeldet. Die aktuell 10.100 gewaltorientierten Rechtsextremen sind parteiunabhängige Neonazis, aktionsorientierte NPD-Mitglieder sowie von den Sicherheitsbehörden als "subkulturell geprägt" bezeichnete Personen. (Tagesspiegel) Unterdessen berichtet "blick nach recht", das die rechtsextreme Szene zur Zeit bundesweit über 212 Immobilien verfügt. Von denen befinden sich laut internen Behördeninformationen 96 in den westdeutschen und 116 in den ostdeutschen Bundesländern. Die NPD soll von den zur Verfügung stehenden Objekten demnach 71 selbst nutzen, weitere 19 teilt sich die Partei mit dem freien Neonazi-Spektrum. Immobilien dienen als Rückzugsort und Anlaufpunkt insbesondere für regional agierende Neonazi-Gruppen. Das Ziel: Dominanz im Umfeld der Häuser auszuüben. In der "Deutschen Stimme", dem Parteiblatt der NPD, hieß es dazu 2008 auch: "National befreite Zonen" müssten in ihrer bestehenden Infrastruktur "fortwährend ausgebaut, gestärkt und gefestigt werden". (blick nach rechts)
Verfahren gegen braunen Bürgermeister: Hans Püschel droht Amtsenthebung
Hans Püschel, rechtsextremer Bürgermeister des sachsen-anhaltischen Örtchens Krauschwitz, könnte des Amtes enthoben werden. An diesem Dienstag hat der zuständige Burgenlandkreis ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Es bestehe der "Verdacht der Verletzung beamtenrechtlicher Pflichten". Hans Püschel war Mitglied der SPD und kam auf ihrem Ticket 2008 ins Amt. Vor rund zwei Jahren trat er aus der SPD aus und kandidierte im 2011 als parteiloser Landtagskandidat für die NPD. Auf seiner Internetseite verbreitet er regelmäßig rechtsextreme Propaganda. (taz, Mitteldeutsche Zeitung) So rückt er auf seiner Homepage unter anderem die Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) ausgerechnet in die Nähe der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944. In einem anderen Beitrag auf der Seite unter der Überschrift "Auschwitz, Majdanek - wann platzt die nächste Lüge?" relativiert er den Holocaust. (Mitteldeutsche Zeitung)
CDU-Grußwort für neurechtes Institut
Die Brandenburger CDU-Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig sorgt einmal mehr für Aufsehen – und ist offenbar weiterhin auf Kuschelkurs mit der Neuen Rechten. Als vor wenigen Tagen das “Institut für Staatspolitik” (IfS) eine Zweigstelle in Berlin eröffnete, steuerte Ludwig ein Grußwort bei und bezeichnete das Zentrum der Neuen Rechten demnach als einen "Freiheitsraum". (Publikative.org)
Wohlfühlen in Deutschland: Ex-NPD-Vorsitzender vor Gericht
Im Kurort Bad Saarow am Scharmützelsee hat sich ein Vier-Sterne-Hotel dem Wohlfühlen verschrieben. Es wäre kaum in die Schlagzeilen geraten, hätte sein Direktor nicht einem zuvor bereits zweimal beherbergten Gast die Tür gewiesen. Dessen "politische Überzeugung" sei "mit dem Ziel unseres Hauses, jedem Gast ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten, nicht zu vereinbaren". Der Abgewiesene heißt Udo Voigt, war bis 2011 Vorsitzender der NPD und klagte durch drei Instanzen - vergeblich: Die Gefahr, als "Extremistenherberge" wahrgenommen zu werden, müsse man nicht hinnehmen. (Deutschlandfunk-Audio)
Frank-Walter Steinmeier: "NPD ist Scham und Schande für den Rechtsstaat"
Im Interview mit der "Welt" fordert SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier Bundestag und Regierung auf, sich dem Antrag des Bundesrats für ein neues NPD-Verbotsverfahren anzuschließen. Dass die Partei in Parlamenten sitze, sei "unerträglich". (Welt Online) Unterdessen rügte die Initiative "Odenwald gegen Rechts" während einer Preisverleihung für Engagement das Land Hessen, weil es sich im Bundesrat beim Votum zum NPD-Verbotsantrag enthalten hat. (Frankfurter Rundschau)
Sächsischer Verfassungsschutz richtet Internetplattform zu Extremismus ein
Mit einem "KommunalWiki gegen Extremismus" will der sächsische Verfassungsschutz seine Aufklärungs- und Informationsarbeit weiter ausbauen. Die Verfassungsschutzbehörden Nordrein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen betreuen das Projekt um extremismusbezogenes Hintergrundwissen inhaltlich. Für die Öffentlichkeit ist die neue Plattform nicht bestimmt. Regelmäßig aktualisierte Informationen zum Extremismus im Freistaat, auch mit kommunalen Bezügen, sowie entsprechende Arbeitsmaterialien, Strategien und Handlungsvorschläge soll das "KommunalWiki" bereithalten. Eine wichtige Rolle wird dem Sächsischen Innenministerium nach der Austausch und die Diskussion unter den Nutzern spielen. Deshalb, und auch um Missbräuche zu vermeiden, sei das "KommunalWiki" ungeeignet für die breite Öffentlichkeit über das Internet und bleibe eine reine Intranet-Plattform. (Leipziger Volkszeitung, Sächsische Zeitung)
Burschen trennen sich: Studentenverbindungen verlassen Dachverband
Die liberalen Studentenverbindungen verlassen nach und nach den umstrittenen Dachverband Deutsche Burschenschaft. Beobachter gehen davon aus, dass in den kommenden Monaten fast alle 26 Mitglieder der liberalen Initiative Burschenschaftliche Zukunft (IBZ) austreten und einen eigenen Verband gründen werden. Mehrere Burschenschaften bestätigen, dass Gespräche laufen. Der liberale Flügel kritisiert seit Jahren die rechtslastige Ausrichtung des Verbandes, der von der ultrakonservativen Burschenschaftlichen Gemeinschaft dominiert wird. (Tagesspiegel)
Kaffeepause mit der NPD in Anklam: Caffier will sich nicht den Mund verbrennen
Dass in Anklam NPD und CDU am selben Tisch sitzen, war gestern Gesprächsstoff im ganzen Land – und sorgte offenbar auch für Ärger bei der CDU: Deren Landeschef Lorenz Caffier gab sich jedenfalls schmallippig. Bei allem politischen Zank bleibt die Frage: Wie geht man mit den Nazis richtig um? (Nordkurier, Endstation Rechts)
Dortmund: Empörung über Nazi-Demo vor Politiker-Wohnungen
Die rechtsextreme Partei "Die Rechte" will am kommenden Sonntag in Dortmund vor den Wohnungen von Politikern von SPD und Grünen Kundgebungen abhalten. Laut einem Aufruf im Internet soll dabei ein Zeichen gesetzt werden, dass es Zeit sei, "das Ruder in unserem Land herumzureißen". Die Demonstrationen sollen in der Nähe der Wohnungen von NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider, Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (beide SPD) und von Daniela Schneckenburger stattfinden – die Politikerin ist Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Düsseldorfer Landtag. "Ich werde mich davon nicht einschüchtern lassen", sagte Schneckenburger. Der Vorgang zeige die Gefährlichkeit der Akteure von "Die Rechte". Nach Einschätzung der Grünen stehen diese in der direkten Nachfolge der von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) verbotenen Neonazi-Kameradschaft in Dortmund. Jäger sollte die Beweislage im Hinblick auf ein Verbot der Partei "Die Rechte" prüfen, verlangte Schneckenburger. (Rheinische Post)
Niemand weiß, ob Polizisten rassistisch sind
Nach den NSU-Morden wünschen Experten eine aktuelle Studie über rassistische Vorurteile von Polizisten. Die letzte stammt von 1996, eine neue ist nicht geplant. (Zeit Online)
Katerstimmung nach Neonazi-Party in Lingen
Der junge Mann mit Glatze trug unauffällige Kleidung. Daran kann sich Günter Hamm noch gut erinnern. Hamm ist Vorsitzender des Schützenvereins Schwedenschanze in Lingen (Landkreis Emsland). Der kahlköpfige Fremde wollte das Vereinsheim der Schützen mieten - kein Problem, sagte Hamm. Doch einige Zeit später sickerte über das soziale Netzwerk Facebook durch: Es handelte sich um eine Veranstaltung einer Gruppe aus der rechten Szene. Neonazis haben im Schützenheim Lingen gefeiert, rechtsextreme Lieder sollen gesungen worden sein. Nun zieht die Geschichte weitere Kreise - bis in die Lingener Kommunalpolitik. Denn das Vereinsheim der Schützen gehört eigentlich der Stadt Lingen. Der Schützenverein ist finanziell offenbar nicht gerade auf Rosen gebettet, zumindest "brauchen wir das Geld aus den Vermietungen", sagte Hamm NDR 1 Niedersachsen. (NDR Online)
"Rassismus in der Politik und Bürokratie": Sinti und Roma in Deutschland und Europa
Sinti und Roma gehören immer noch zu den diskriminierten Minderheiten in Deutschland und Europa. Egal ob Politik oder Medien, antiziganistische Stereotype finden sich überall. Ein Gespräch mit Silvio Peritore vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma über Erinnerungskultur, Medien und rassistische Politik. (Publikative.org)