Nach den Rechten sehen: Mögliche weitere Neonazi-Terrorgruppen: Der Anfangsverdacht ist da +++ Bundesanwalt: Behörden nicht in NSU-Taten verwickelt +++ NSU-Ermittlungen: Opferanwälte wollen mehr Akten.
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Mögliche weitere Neonazi-Terrorgruppen: Der Anfangsverdacht ist da
Neben dem NSU gab es wohl weitere Neonazi-Terroristen. Die Bundesanwaltschaft hat drei weitere Gruppen in den Blick genommen. (taz) Derzeit liefen drei Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft in einer rechtsextremen terroristischen Vereinigung, erklärte Bundesanwalt Rainer Griesbaum am Mittwoch in Karlsruhe. Auf Einzelheiten ging er nicht ein. Er kritisierte zudem, dass die Zwickauer NSU-Zelle jahrelang unerkannt blieb. "Aus heutiger Sicht ist nicht unvorstellbar, dass diese Morde geschahen, sondern vielmehr, dass die Sicherheitsbehörden die Entwicklung nicht rechtzeitig erkannt haben", sagte Griesbaum. (Focus Online, Hamburger Abendblatt)
Bundesanwalt: Behörden nicht in NSU-Taten verwickelt
Die Bundesanwaltschaft hat weiter keine Anhaltspunkte für eine Verwicklung staatlicher Behörden in die Verbrechensserie der Neonazi-Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). "Es gab bei unseren Ermittlungen keine tragfähigen Hinweise auf eine strafrechtlich relevante Verstrickung staatlicher Stellen in die Straftaten des NSU", bekräftigte Generalbundesanwalt Harald Range in Karlsruhe. (Thüringer Allgemeine) Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft dauern derweil an: Nach ihrer Anklage gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier mutmaßliche NSU-Helfer ermittelt sie weiter gegen acht mögliche Unterstützer der Terrorgruppe. Derzeit könne noch nicht abschließend beurteilt werden, ob bei diesen die hier relevante zehnjährige Verjährungsfrist eine Rolle spiele, teilte die Strafverfolgungsbehörde am Mittwoch in Karlsruhe mit. (Der Westen)
NSU-Ermittlungen: Opferanwälte wollen mehr Akten
Die Anwälte der Opfer der NSU-Mordserie beklagen eingeschränkte Akteneinsicht. Zu viele Papiere seien als vertraulich gekennzeichnet und damit unzugänglich. (taz) Unterdessen hat der Anwalt der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe, Wolfgang Heer, nach Informationen der "Mitteldeutschen Zeitung" beim Oberlandesgericht München um ihre Verlegung von Köln nach Gera gebeten. Der Anwalt begründet dies in einem Brief von Ende November mit der Beziehung Zschäpes zu ihrer Großmutter. "Es bedarf keiner näheren Erörterung, dass die genehmigten zwei Telefonate im Monat und schriftliche Korrespondenz, die der hochbetagten Großmutter insbesondere nach ihrer lebensbedrohlichen Erkrankung fast gar nicht mehr möglich ist, nicht geeignet sind, einen persönlichen Kontakt meiner Mandantin mit ihrer Hauptbezugsperson zu ersetzen", heißt es darin. (Mitteldeutsche Zeitung)
Kommentar: Das Jahr der Handtaschennazis
Hilal Sezgin kommentiert in der "taz", wir hätten uns daran gewöhnt, dass die Sicherheitsapparate versagen: "Manche Jahre tragen Signaturen. 1989 zum Beispiel wird für viele Deutsche immer das Jahr des Mauerfalls sein, 2001 für einen Gutteil der Welt das Jahr von 'Nine Eleven'. Und 2012 ist in meiner Zählweise – aber sicher nicht nur in meiner – das Jahr, in dem ich den Glauben an Deutschland als funktionierenden Rechtsstaat verlor." (taz)
Mazyek fordert echte Konsequenzen nach NSU-Terrorserie
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, fordert von den Ermittlern echte Konsequenzen aus dem Terror des rechtsextremen Trios "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU). Der NSU-Terror in Deutschland sei für die Muslime das, was die Terroranschläge vom 11. September 2001 für die USA waren, sagte Mazyek der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Das müssen unsere Staatsschützer in Wort und Tat verinnerlichen, damit die vielen Menschen in diesem Land, die dem Staat jetzt misstrauen, wieder neuen Mut fassen können", sagte er. (Der Westen)
Bundesregierung hält NPD-Antrag beim Bundesverfassungsgericht für unzulässig
Der Antrag der NPD beim Bundesverfassungsgericht, mit dem sich die Partei die Verfassungstreue bescheinigen lassen will, wird von der Bundesregierung als unzulässig erachtet. Offen ist noch, ob sich die Länder und der Bundestag dieser Argumentation anschließen werden. (Tagesspiegel)
Prozess um erschlichene Steuergelder: Millionenstrafe für die NPD
Bei den Finanzen nimmt es die NPD nicht immer so genau - jetzt muss die rechtsextreme Partei wegen eines fehlerhaften Rechenschaftsberichts rund 1,27 Millionen Euro überweisen. Das Bundesverwaltungsgericht halbierte jedoch das ursprüngliche Strafmaß von Bundestagspräsident Lammert. (Spiegel Online, Störungsmelder) Damit gaben die Richter der klageführenden NPD teilweise recht. Zwar weise der Rechenschaftsbericht die vom Präsidenten des Deutschen Bundestages beanstandeten Unrichtigkeiten auf. Allerdings bestünden diese nicht in der im angefochtenen Bescheid festgestellten Höhe, heißt es in der Urteilsbegründung. (DW-Online)
Drogenkonsum: Nazis auf Entzug
Sächsische Neonazis handeln mit Drogen und begehen unter dem Einfluss von Crystal Meth Straftaten. Dabei will die NPD osteuropäischen Drogendealern den Kampf ansagen. (Zeit Online)
Terror gegen Politik in Deutschland
Sie wollen ihren Gegnern Angst machen. Sie kommen meist nachts und schlagen an manchen Orten so oft zu, dass ihre Opfer keine Versicherung mehr finden, die für die Schäden aufkommt: Gewalttäter, die Parteipolitiker attackieren. Über 600 Fälle in 3 Jahren. Jüngstes Beispiel ist der Anschlag auf das Wahlkreisbüro von Sebastian Edathy (SPD), Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag. (taz)
Nienhagen legt sich mit Neonazis an
Der Mann scheint einen Sinn für martialisch anmutende Szenarien zu haben: In seinen Vorgarten in Nienhagen bei Halberstadt hat er sich einen Adler aus Stein gestellt. Auch das, womit der vor einigen Jahren aus Niedersachsen zugezogene Mittdreißiger sein Geld verdient, hat eine martialische Komponente - er organisiert in dem 380-Einwohner-Dorf Rechtsrock-Konzerte. Mehrmals im Jahr strömen Neonazis in Scharen in die "Alte Hopfendarre", ein ehemaliges Lagerhaus am Ortsrand. Bullige Ordner marschieren dann durch das Dorf, auf ihren T-Shirts das Logo des Neonazi-Netzwerks "Honour & Pride" und das Bild einer Handgranate. Doch Nienhagen will nicht länger braun sehen. Das liegt an Hans-Christian Anders und den anderen Männern und Frauen vom "Bürgerbündnis Nienhagen rechtsrockfrei". Sie haben eine Umfrage organisiert, bei der sich vor kurzem 80 Prozent der Einwohner gegen weitere Neonazi-Konzerte in ihrem Heimatdorf ausgesprochen haben. Der Besitzer der "Hopfendarre" will dem Votum folgen und sein Grundstück der braunen Szene nicht mehr zur Verfügung stellen. Für ein Interview ist der Mann nicht erreichbar. (Mitteldeutsche Zeitung)
Sicherheitsdienst im Stadion: Borussia Dortmunds Nazi-Problem
Gestern hat die Liga über das DFL-Sicherheitskonzept entschieden. Darin geht es auch um die Stadionordner. Das ist bitter nötig, wie die Probleme von Borussia Dortmund zeigen. Der Sicherheitsdienst des Meisters ist von Rechtsextremen unterwandert, die rassistische Parolen verbreiten und Gästefans verprügeln. (Spiegel Online)
Antijüdisches Machwerk beim Leevensboom-Versand
Im rechtsextremen Internetshop levensboom.de (Schwerin) des NPD-Landtagsabgeordneten und NPD-Landesvize in Mecklenburg-Vorpommern David Petereit (Jg. 1981) findet sich neuerdings das Buch "Der Jüdische Sonderweg. Der Judaismus als evolutionäre Gruppenstrategie" des umstrittenen US-amerikanischen Evolutionstheoretikers Kevin B. MacDonald (Jg. 1944). MacDonald, Kultautor in antisemitischen Kreisen, wurde bekannt durch seine Behauptung, dass Juden ein Zuchtprogramm entwickelt hätten, um andere "Rassen" zu besiegen. Aufgrund ihrer genetischen Bestimmung müsse das "biologisch homogene Judentum" MacDonald zufolge christliche Gesellschaften mittels Liberalismus und Einwanderung von Nicht-Weißen zerstören. (blick nach rechts)
"Oma, Opa und Hans-Peter": Unbehelligte NS-Täter?
Anfang Dezember fand im niedersächsischen Harsefeld eine Demonstration gegen einen in Italien als NS-Kriegsverbrecher verurteilten 87-jährigen Bewohner des Ortes statt. Die Demonstrierenden wollten auf den ehemaligen Wehrmachtssoldaten, der maßgeblich an Massakern in Norditalien beteiligt gewesen sein soll, aufmerksam machen. Der Fall ist bezeichnend für die "Vergangenheitsbewältigung" hierzulande und die viel zu späte Aufarbeitung der grausamen NS-Verbrechen. (Störungsmelder)
Podiumsdiskussion des Ausländerbeirates in Gießen: "Rassismus nicht nur am rechten Rand"
"Wenn mein Nachbar in seiner Dachstube sitzt und vor sich hin murmelt 'Drecksausländer, verrecken sollen sie alle', dann möge ihm Gott noch 100 Jahre schenken, dass er es immer weitermachen kann", sagte Enis Gülegen. Denn gefährlich werde Rassismus für die Opfer nur in Verbindung mit Macht, so der Diplompädagoge. Im Netanya-Saal hatte der Ausländerbeirat zur Podiumsdiskussion über das "Phänomen Rassismus" geladen. (Gießener Anzeiger)