10.12.2012 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Steinbrück: Regierung muss NPD-Verbotsantrag stützen +++ Wie geht es mit dem NPD-Verbot weiter? Kommentare im Überblick +++ "Die Rechte" – Eine neue NPD steht schon bereit.

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Steinbrück: Regierung muss NPD-Verbotsantrag stützen

Ein neues NPD-Verbotsverfahren sollte nach Ansicht der SPD auch von der Regierung mitgetragen werden. "Wir erwarten, dass sich die Bundesregierung der Initiative der Länder zum Verbot der NPD anschließt", sagte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück auf dem Parteitag der SPD. Aus der Partei kam auch Kritik an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der von einem neuen NPD-Verbotsantrag abgeraten hatte. Ein Verbot der NPD alleine reiche nicht, "aber verzichten dürfen wir auf solche rechtlichen Schritte auch nicht", sagte Steinbrück in Hannover. (Stern.de) Auch der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) forderte die Regierung auf, sich dem Antrag der Länder anzuschließen. Für einen zweiten Versuch seien die Voraussetzungen eindeutig besser als beim ersten Anlauf, sagte der Ex-Minister, der für den ersten Verbotsantrag zuständig gewesen war, dem "Spiegel". "Ein Verbot ist eine Frage der demokratischen Hygiene", betonte Schily. (Merkur Online) Unterdessen spaltet das mögliche Verbotsverfahren den Bundestag: Nach Bundestagspräsident Norbert Lammert distanzierte sich auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, von einem Verbotsantrag. Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), glaubt dagegen an eine Zustimmung des Bundestags, auch wenn es berechtigte Zweifel bei einigen gebe, so Kauder im "Spiegel". (taz)

Wie geht es mit dem NPD-Verbot weiter? Kommentare im Überblick

Der "Tagesspiegel" meint, werde die NPD in Deutschland verboten, dann bleibe sie es auch. Daran werde auch Europas Gerichtshof für Menschenrechte nicht ändern. Denn: "Parteiverbote sind nationale Angelegenheiten." (Tagesspiegel) Unterdessen plädiert die "Frankfurter Rundschau" für das NPD-Verbot: Man dürfe sich zwar nicht zu viel von einem Verbot erhoffen – es diene lediglich dazu, die Finanzierung dieser demokratiefeindlichen Partei zu unterbinden und damit auch die Struktur zu zerstören, innerhalb derer sich viele gewaltbereite Neonazis bewegen. Die Gefahr bestünde in der Erstickung zivilgesellschaftlichen Engagements, sollte das NPD-Verbot als Ausrede benutzt werden, entsprechende Projekte nicht mehr zu fördern. Dazu heißt es in dem Kommentar: " Ein NPD-Verbot kann diese Strukturen ins Wanken bringen. Menschenverachtende Einstellungen bekämpfen kann es nicht. Das müssen wir schon selber tun. Nicht nur der Staat ist also gefragt, sondern in erster Linie wir selbst." (Frankfurter Rundschau) Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" nennt das Verbot dagegen eine "Methode von gestern": Heute hätten wir eine mehr oder weniger organisierte rechtsextreme Szene in Deutschland, die von ihrer Dynamik, ihrer Propaganda und ihrer Gewaltbereitschaft nicht weniger, sondern eher mehr Potential habe als die NPD: "Das ist eine Herausforderung für den Staat und für die Gesellschaft. Das Parteiverbot hingegen ist eine ewiggestrige Maßnahme gegen Ewiggestrige." (Faz.net) Die "taz" hat indes acht Experten zu einem möglichen NPD-Verbot befragt. Das Meinungsbild ist gespalten. (taz)

"Die Rechte" – Eine neue NPD steht schon bereit

Die neue rechtsextreme Partei "Die Rechte" will ein Sammelbecken für Nationalisten sein. Nach einem möglichen NPD-Verbot könnten Neonazis hier ihre Kräfte bündeln. (Welt Online, Spiegel Online)

Kommentar: Warum die Reform des Verfassungsschutzes ein Witz ist

Die Innenminister haben sich so auf den NPD-Verbotsantrag konzentriert, dass sie für andere vernünftige Überlegungen keine Zeit hatten. Sie tun so, als wäre ein Verbot der Partei ein Befreiungsgebet gegen den Rechtsextremismus. Das ist natürlich falsch – so ein Kommentar von Heribert Prantl in der "Süddeutschen Zeitung". (Sueddeutsche.de)

Niedersachsen: Zahl rechtsextremer Gewalttaten steigt

Rechtsextreme in Niedersachsen sind nach einer vorläufigen Statistik in diesem Jahr häufiger gewalttätig geworden als 2011. Nach Angaben des Innenministeriums registrierte die Polizei von Januar bis Ende November 91 Gewaltdelikte. Straftaten werden als politisch motivierte Kriminalität von Rechts eingeordnet, wenn sie Bezüge zu völkischem Nationalismus, Rassismus, Sozialdarwinismus oder Nationalsozialismus haben. 2011 waren es im gleichen Zeitraum 76. Insgesamt erfassten die Behörden die Polizei bis einschließlich November rund 1360 Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund. Das geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Linken im Landtag hervor. (Weser Kurier)

Opfer von Neonazi-Attacke in Oberhausen kritisiert Polizei

Wie konsequent wird rechtsextreme Gewalt in Oberhausen verfolgt? Am vergangenen Sonntag sollen zwei Konzertbesucher am Hauptbahnhof von einer zwölfköpfigen Gruppe Neonazis krankenhausreif geschlagen worden sein. Doch der Polizei und dem inzwischen eingeschalteten Staatsschutz in Essen fehlt offenbar noch jede Spur. Nun wird Kritik laut: Die Polizei habe die Situation verkannt und Streifenbeamten seien sogar nicht ausreichend ausgebildet, politisch motivierte Straftaten zu erkennen. Das bemängeln sowohl die Betroffenen als auch die Dortmunder Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt "Back Up", an die sie sich nun gewandt haben. Ein Rechtsanwalt ist ebenfalls eingeschaltet. (Der Westen)

Besonders radikal: Die NPD in Berlin

Am Freitag wird auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) seinen Arm heben: Dann wollen die Ministerpräsidenten der Länder im Bundesrat ein neues NPD-Verbotsverfahren beschließen. Ihre Innenminister stimmten bereits vergangene Woche einmütig für den Antrag. Schon der rot-schwarze Koalitionsvertrag befürwortete ein "rechtssicheres" Verbot der "verfassungsfeindlichen" Partei. Der Berliner NPD-Verband mit 250 Mitgliedern gilt als einer der radikalsten. Er ist eng mit der Kameradschaftsszene verflochten, an der Spitze steht deren Sprachrohr: Sebastian Schmidtke. Der Landesverband setzt offen auf Fremdenfeindlichkeit, hetzte zuletzt gegen Asylbewerber. Erst kürzlich wurden die Funktionäre Udo Voigt und Uwe Meenen für einen migrantenfeindlichen NPD-Wahlwerbespot zu Bewährungsstrafen verurteilt. (taz)

Sechs Rechtsextreme in Brandenburg besitzen legal Waffen

In Brandenburg besitzen derzeit sechs Rechtsextreme legal eine oder mehrere Waffen. Das geht aus einer Antwort von Innenminister Dietmar Woidke (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage hervor. Demnach haben drei Personen einen Kleinen Waffenschein, der das Mitführen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen erlaubt. Drei weitere Personen haben eine Waffenbesitzkarte. Sie dürfen über scharfe Waffen verfügen, diese aber nicht ständig mit sich führen. Der Verfassungsschutz schätzt in Brandenburg rund 1.150 Personen als rechtsextrem ein. (rbb online)

Rabbiner David Alter im Interview: "Antisemiten werden aggressiver"

Der Rabbiner Daniel Alter wurde im August von antisemitischen Jugendlichen attackiert, der palästinensische Psychologe Ahmad Mansour ist unter anderem Mitglied der Deutschen Islamkonferenz. Im Interview mit dem "Tagesspiegel" sprechen sie über Alltagsrassismus, Muslime und Helden. (Tagesspiegel) Am Sonntag hatte Alter das Integrationsprojekt "Heroes" gewürdigt, das von Mansour geleitet wird. Alter überreichte den zumeist muslimischen Jugendlichen seinen Medienpreis "Bambi", den er im November in der Kategorie "Integration" erhalten hatte. In einer Feierstunde nahm Mansour die Ehrung entgegen. Bei "Heroes" engagieren sich junge Männer aus unterschiedlichen Kulturen für Gleichberechtigung, Demokratie und Menschenrechte. "Berlin kann stolz auf Euch sein", sagte der Beauftragte gegen Antisemitismus der Jüdischen Gemeinde den ehrenamtlichen Streetworkern. (rbb online)

Koblenz: Mammutverfahren gegen Neonazi-Netzwerk

Die Aktivisten um das "Aktionsbüro Mittelrhein" sollen unter anderem die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die Errichtung eines "Neonazi-Staats" zum Ziel gehabt haben – 26 Angeklagte stehen in Koblenz vor Gericht. (blick nach rechts)

Antimuslimischer Rassismus im Blickpunkt

Die DGB-Jugend setzt sich in ihrer aktuellen Broschüre “Blickpunkt” mit Antimuslimischem Rassismus auseinander. Dabei wird deutlich, mit welchen Mitteln Islamfeindliche vorgehen und wie weit verbreitet negative Werturteile gegenüber dem Islam sind. (Störungsmelder)

Karl Richter als Antirassismusbeauftragter der NPD? Selbstdemaskierendes aus München

Für vergangenen Samstag hatte die NPD-Zweigfiliale "Bürgerinitiative Ausländerstopp München" (BIA) - offensichtlich um größere Proteste zu umgehen -, kurzfristig sechs Kundgebungen angemeldet, die unter der mutmaßlichen Anspielung auf die Rolle Münchens als "Hauptstadt der (NS-)Bewegung" mit der sonst unsinnigen Parole "bewegt München – München bewegt" stattgefunden haben. Gerade inhaltlich lohnt es sich, genauer hinzuhören. (Endstation Rechts)

"Hate Poetry": Hasserfüllte Leserbriefe

Bei Hate-Poetry-Lesungen tragen Journalisten ihre schlimmsten Zuschriften vor. Das Spektrum der Leserbriefe reicht von homoerotisch angehauchten Ausfällen bis zur offenen Morddrohung. Ziel der Journalisten ist den Rassismus im medialen Alltag zu thematisieren - und über die Briefe zu lachen. (Deutschlandfunk)

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