Nach den Rechten sehen: Möllner Anschläge: Grünen-Chefs fordert Engagement gegen Rechts +++ NSU-Ermittlungspannen: Ex-NRW-Innenminister räumt fatale Fehler ein +++ Kolat: Bund soll Programme gegen Rechtsextremismus finanzieren.
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Möllner Anschläge: Grünen-Chefs fordern Engagement gegen Rechts
Zum 20. Jahrestag der Brandanschläge von Mölln hat die Bundesparteispitze der Grünen zum Widerstand gegen Rechtsextremismus aufgefordert. "Der feige Mord (...) mahnt uns, mit vollem Engagement gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenhass einzutreten und alten und neuen Nazis keinen Fußbreit Boden in unserer Gesellschaft zu überlassen", erklärten die Parteivorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir am Donnerstag in Berlin. Am 23. November 1992 hatten Neonazis Brandsätze auf zwei Häuser in Mölln geworfen, in denen überwiegend Menschen türkischer Herkunft lebten. Eine Frau (52) und zwei Mädchen (10, 14) wurden getötet. (Frankfurter Rundschau) Ibrahim Arslan überlebte – und kehrt zum 20. Jahrestag der Anschläge zurück an den Ort des Geschehens. (Hamburger Abendblatt)
NSU-Ermittlungspannen: Ex-NRW-Innenminister räumt fatale Fehler ein
Hätten die Behörden schon 2004, nach dem Nagelbombenanschlag in Köln, der NSU auf die Spuren kommen können? Fritz Behrens, der ehemalige Innenminister Nordrhein-Westfalens, spricht selbstkritisch von "Fehlentscheidungen mit verheerenden Folgen" und entschuldigte sich dafür. Allerdings verwahrt er sich gegen den Vorwurf, einen rassistischen Hintergrund der Tat ausgeschlossen zu haben. (Sueddeutsche.de, Faz.net, Frankfurter Rundschau)
Kolat: Bund soll Programme gegen Rechtsextremismus finanzieren
Die Berliner Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) hat an die Bundesregierung appelliert, auch 2014 die Bundesprogramme zur Bekämpfung des Rechtsextremismus fortzuführen. Deren Finanzierung sei bisher nur für das kommende Jahr gesichert, sagte Kolat am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus. Sie sei bisher noch optimistisch, dass der Bund die nötigen Mittel auch für 2014 in den Bundeshaushalt einstellen werde. Dieses sei angesichts neuester Studien dringend notwendig, denen zufolge rechtsextremistische Anschauungen in allen gesellschaftlichen Schichten verbreitet seien. Ansonsten müssten 2014 in Berlin 16 lokale Aktionspläne und 19 Projekte in den Kiezen eingestellt werden. Landesmittel stünden dafür nicht bereit. (Focus Online)
Berliner NSU-Affäre: Henkel ordnet Behörde neu
Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) hat weitere Konsequenzen aus der Affäre um Informationspannen beim Umgang mit der Terrorgruppe NSU angekündigt. So soll als Folge der jüngst bekannt gewordenen Vernichtung von Rechtsextremismusakten künftig beim Berliner Verfassungsschutz ein eigenes Referat ausschließlich für die Beobachtung rechtsextremer Bestrebungen zuständig sein, "um dieses Thema organisatorisch und personell zu stärken", sagte Henkel am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Bislang ist in der Abteilung Verfassungsschutz der Innenverwaltung ein Referat für Links- und Rechtsextremismus sowie Scientology und Spionageabwehr verantwortlich. (Tagesspiegel)
Fragen und Antworten: Darum geht es im Zschäpe-Prozess
Beate Zschäpe ist die einzige Überlebende des NSU. Kann sie Mittäterin sein, wenn sie nicht direkt an den Morden beteiligt war? Was unterscheidet Mittäterschaft und Beihilfe? Zum bevorstehenden Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht gibt es viele juristische Fragen. (tagesschau.de)
Gedenkfeier für Opfer des NSU: Kleiner Trost für tiefe Wunden
Zwei der zehn Morde hat die Terrorgruppe NSU in München verübt. Die Familien der Opfer leiden bis heute, viele wurden selbst von den Ermittlern verdächtigt. Der Ausländerbeirat und die Stadt suchen jetzt nach einer angemessenen Form der Erinnerung. (Sueddeutsche.de)
Hessen: "Die Rechte" gründet Landesverband
Die von dem bekannten Neonazi Christian Worch gegründete Splitterpartei "Die Rechte" treibt ihren Strukturaufbau voran. Am Wochenende riefen Aktivisten in Hessen den zweiten Landesverband ins Leben. Während der zukünftige Landeschef über eine NPD-Vergangenheit verfügt, strebt man gleichzeitig einen Abgrenzungsbeschluss an. (Endstation Rechts, Wetterauer Zeitung)
Hoyerswerda: "Ich dachte, man wird geschützt"
Weil es sich gegen rechts engagiert, wurde ein Pärchen aus Hoyerswerda in ihrer Wohnung von 15 Neonazis bedroht. Anschließend riet die Polizei den beiden, dass es besser wäre, die Stadt zu verlassen. Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ruft nun dazu auf, mit allen "rechtsstaatlichen Mitteln gegen die rechtsextremistische Bedrohung" vorzugehen. (Endstation Rechts) Tillich erklärte im Interview zudem, er nehme den Vorfall sehr ernst. (Zeit Online) "Zeit Online" kommentiert: "Dass ein junges Paar von einer Horde Radikaler aus der eigenen Wohnung vertrieben wird, ist eine neue Dimension." Das klinge wahrlich nach dem Ende des schützenden Staates. (Zeit Online)
Endgültig: Die NPD darf nicht in Günzburg auftreten
Es bleibt dabei: Die NPD darf am Samstag nicht in Günzburg auftreten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München hat am Donnerstagnachmittag die Beschwerde der rechtsextremen Partei gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg zurückgewiesen. Oberbürgermeister Gerhard Jauernig zeigte sich erleichtert: "Das ist eine Rote Karte für die Braunen." Er sei "glücklich", dass die NPD mit ihrer Beschwerde gescheitert sei. Der NPD-Kreisverband Neu-Ulm/Günzburg hatte für den geplanten Landesparteitag im Forum am Hofgarten keine Veranstalter-Haftpflichtversicherung nachweisen können. Deshalb kündigte die Stadt Günzburg den Mietvertrag. (Augsburger Allgemeine)
Rechtsextreme gegen National-Liberale: Burschenschafter im Scheidungskrieg
Duell in Stuttgart: Auf dem Sonder-Burschentag steuert der Streit zwischen rechtsextremen und national-liberalen Burschenschaftern auf seinen Höhepunkt zu. Der Dachverband steht unmittelbar vor der Spaltung - und droht dadurch vollends zum völkischen Kampfbund zu werden. (Spiegel Online) Erst kürzlich war es bei einer Absolventenfeier in Berlin zu einem Eklat in Zusammenhang mit Burschenschaftlern gekommen. (Stoerungsmelder.org)
Anspracheaktion im Rems-Murr-Kreis: Hausbesuch bei Rechtsextremen
"Die Zielgruppe soll davor bewahrt werden, Straftaten zu begehen, und aus dem braunen Sumpf gelöst werden" – so lautet die Zielsetzung einer Anspracheaktion, die die Waiblinger Kriminalpolizei eigenen Angaben zufolge in dieser Woche zusammen mit der Beratungs- und Interventionsgruppe Rechtsextremismus (BIG Rex) des Landeskriminalamtes (LKA) durchgeführt hat. Dabei haben die Beamten im gesamten Rems-Murr-Kreis rund 60 Personen zu Hause aufgesucht, die laut den Erkenntnissen der Polizei der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind. (Stuttgarter Zeitung)
Straftaten von Rechtsextremen: "Auf die Springerstiefel treten"
Rechtsextreme sind nicht nur für ihre politischen Feinde und für Migranten gefährlich. Das ergab eine neue Auswertung der Kriminalstatistik von Nordrhein-Westfalen. "Heute verprügelt ein Neonazi einen Ausländer, morgen stiehlt er einer alten Frau die Handtasche", fasst SPD-Innenminister Ralf Jäger die Untersuchung zusammen. Ende 2011 hatte Jäger einen Acht-Punkte-Plan gegen Rechtsextremismus verkündet. Dazu gehörte gleich als erster Punkt eine Neugestaltung der Kriminalstatistik. Dabei sollten alle Taten von Rechtsextremisten, auch allgemeine Straftaten, gesondert ausgewiesen werden. Jetzt liegt das Ergebnis für das erste Halbjahr 2012 vor. Danach haben Rechtsextreme 1.517 politisch motivierte Straftaten begangen, davon rund 1.200 Propagandadelikte. Hinzu kommen aber noch 616 Delikte der Allgemeinkriminalität, wie Diebstahl und Betrug. Besonders deutlich wird die Gefährlichkeit, wenn man nur die Gewaltdelikte betrachtet: Neben 88 politisch motivierten Taten, überwiegend Körperverletzungen, stehen deutlich mehr unpolitische Taten, nämlich 145. Zu Jägers Vorgaben gehört, dass alle Taten von Rechtsextremen zunächst vom Staatsschutz bearbeitet werden, auch der Handtaschenraub. Dies soll sicherstellen, dass politische Motive, etwa bei Schlägereien, nicht übersehen werden. Doch will Jäger auch die definitiv unpolitischen Delikte nutzen, um den Neonazis "auf die Springerstiefel zu treten". (taz)
Rechts blind, sonst platt: Die Medien und der alltägliche Rechtsextremismus
Die Medien schaffen es nicht, über den NSU-Tellerrand hinaus in die Welt des tagtäglichen Rechtsextremismus zu blicken. Besonders empörend: das Versagen des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Ein Kommentar. (Cicero)
Nazi-Tagungsstätte: Brauchtumspflege und Vorträge
Seit dem Kauf einer Landesimmobilie betreibt der extrem rechte Verein "Gedächtnisstätte" im thüringischen Guthmannshausen eine "Kultur- und Tagungsstätte". Das zweite Halbjahresprogramm 2012 zeigt: Die ehemalige Landesschule im Landkreis Sömmerda ist zu einem Knotenpunkt im rechten Netzwerk geworden. Noch zu Beginn des Jahres hatte der Vorsitzende des "Verein Gedächtnisstätte", Wolfram Schiedewitz, von sich behauptet: "Mit Rechtsextremisten habe ich nichts zu tun", seine Kritiker bezeichnete der Landschaftsarchitekt als "Verleumdungs-Reisekader". Dabei hatte zu diesem Zeitpunkt schon seine Vorgängerin Ursula Haverbeck als Referentin im neuen Domizil des Vereins geredet. Die rechtskräftig verurteilte Holocaust-Leugnerin sprach über "Die Vertragsbrüche der Bundesregierung". (blick nach rechts)