Nach den Rechten sehen: Holocaust-Denkmal für Sinti und Roma in Berlin +++ NSU-Ausschuss im Bundestag: Edathy empfiehlt Kripo-Chef den Rücktritt +++ NPD-Verbotsverfahren schon 2012 unwahrscheinlich – Unterschiedliche Positionen in den Ländern.
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Holocaust-Denkmal für Sinti und Roma in Berlin
Siebzig Jahre hat es auf sich warten lassen, aber jetzt soll es am Mittwoch eingeweiht werden: In unmittelbarer Nähe des Reichstaggebäudes in Berlin gibt es nun auch ein Denkmal für die Sinti und Roma, die im Holocaust umkamen. Es ist das dritte Denkmal im Berliner Regierungsviertel, das den Opfern des Holocausts gewidmet ist. Die Gedenkstätte wird im Beisein von Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem Vorsitzenden des Zentralrats der Sinti und Roma, Romani Rose, in einem Festakt der Öffentlichkeit übergeben. (Tagesspiegel) Unterdessen bezeichnete Rose die Einweihung des Denkmals als Verpflichtung für Staat und Gesellschaft in Deutschland. Rassismus gegenüber Sinti und Roma müsse "genauso geächtet werden wie Antisemitismus". Dazu gehöre, "auch in tagespolitischen Debatten Verantwortung zu übernehmen". Rose warnte vor einer Verschärfung der Visumspflicht. "Jetzt eine Visumpflicht für Menschen aus Serbien oder Mazedonien einzuführen, wäre das falsche Signal", sagte er den "Ruhr Nachrichten". Die Einreise nach Deutschland dürfe nicht von Hautfarbe oder Herkunft abhängen. (Welt Online)
NSU-Ausschuss im Bundestag: Edathy empfiehlt Kripo-Chef den Rücktritt
Der Vorsitzende des NSU-Ausschusses des Bundestags, Sebastian Edathy (SPD), hat dem Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), André Schulz, den Rücktritt nahegelegt. Edathy sagte der "Mitteldeutschen Zeitung", Schulz scheine ein "gestörtes Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie und zur Kontrollaufgabe von Abgeordneten" zu haben. Er solle "darüber nachdenken, ob er mit seinem absurden Rechtsstaatsverständnis dem Amt noch gewachsen" sei. Schulz hatte die Arbeit des Untersuchungsausschusses wiederholt kritisiert – und das mit ungewöhnlicher Wortwahl: So beklagte er eine überflüssige "postmortale Klugscheißerei" des Gremiums. Nach dem Auftritt des früheren Vizepräsidenten des Verfassungsschutzes und jetzigen Staatssekretärs im Bundesinnenministerium, Klaus-Dieter Fritsche, am Donnerstag, den mehrere Ausschussmitglieder als Provokation empfanden, legte Schulz nach: Er warf Edathy vor, den Eklat selbst provoziert zu haben. (Tagesschau.de, Donaukurier)
NPD-Verbotsverfahren schon 2012 unwahrscheinlich – Unterschiedliche Positionen in den Ländern
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hält den Start eines neuen NPD-Verbotsverfahrens noch in diesem Jahr für unwahrscheinlich. Es müsste noch umfangreiches Material beschafft und Belege geliefert werden, die ein Verbotsverfahren rechtfertigen. (Welt Online) Derweil warnte Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) wenige Wochen vor der entscheidenden Konferenz der Länder-Innenminister in Rostock vor übereilten Schritten. Vor einer abschließenden politischen Entscheidung müssten die Chancen und Risiken eines Verfahrens mit "besonderer Sorgfalt" geprüft werden, sagte Woidke der Nachrichtenagentur dpa. "Ich gönne der NPD keinen erneuten Erfolg in Karlsruhe. Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit." (Welt Online) Dagegen wollen die vier demokratischen Fraktionen im Schweriner Landtag ein klares Signal für ein neues NPD-Verbotsverfahren setzen. Für die Parlamentssitzung am Mittwoch legten SPD, CDU, Linke und Grüne einen gemeinsamen Antrag vor, in dem sie "baldmöglichst" die Verfahrenseinleitung fordern. "Es gibt durchaus noch zwiespältige Meinungen, und der Bundesinnenminister zeigt sich zögerlich. Wir erleben die NPD fast täglich. An ihrem kämpferisch-aggressiven Vorgehen gegen die Demokratie gibt es für uns keinen Zweifel", sagte SPD-Fraktionschef Norbert Nieszery am Montag in Schwerin. (Ostsee Zeitung)
NPD: Politische Psychologie für den Funktionärsnachwuchs
Die rechtsextreme NPD veranstaltet wie in den 1980er und 1990er Jahren wieder Lehrgänge für angehende "Führungskräfte" – diesmal in den französischen Alpen. Geleitet wurde die erste Schulungswoche durch Ronny Zasowk, der im Bundesvorstand der NPD für das Amt Bildung verantwortlich zeichnet. "Künftige Aufgaben in weiteren Landesparlamenten, im Europaparlament und vielleicht eines Tages auch im Bundestag" verlangen seiner Ansicht nach ein "gut ausgebildetes Personal, welches in der Lage ist, auch auf höchster Ebene kompetent die Interessen unseres Volkes zu vertreten". Solche Schulungen für den "Führungsnachwuchs" sollen künftig "mindestens im Halbjahresrhythmus, bei Bedarf auch häufiger" durchgeführt werden, kündigte Zasowk auf einer Internetseite des Parteiorgans "Deutsche Stimme" an. (blick nach rechts)
Körting: Keine Hinweise auf NSU-Helfer
Berlins ehemaliger Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat nach eigenen Angaben nichts von der Affäre um einen V-Mann und NSU-Helfer der Berliner Polizei gewusst. "Nach meiner sicheren Erinnerung ist mir dieser Vorgang nicht vorgelegt worden", sagte Körting am Montag im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Hinweise von V-Leuten blieben in der Regel auf einer "bestimmten Ebene" bei der Polizei und würden auch nicht immer der Behördenleitung vorgelegt. (RBB Online, taz)
NSU: Zschäpe soll Feuerwehr-Einsatz in Zwickau bezahlen
Die mutmaßliche Nazi-Terroristin Beate Zschäpe hat in Zwickau den Schlupfwinkel des Terror-Trios des NSU in Brand gesteckt. Den Feuerwehreinsatz soll sie nun nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" offenbar bezahlen. (Augsburger Allgemeine)
NPD-Mann filmte Schüler*innen für Wahlkampfvideo
Ein illegales NPD-Wahlkampfvideo beschäftigt derzeit das Amtsgericht Schwerin. Hintergrund des Verfahrens ist ein Internetvideo, dass der stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende Frank Schwerdt 2011 im Landtagswahlkampf in Ferdinandshof ohne Genehmigung drehte. Schüler*innen einer 9. Klasse waren damals im Sozialkundeunterricht im Ort unterwegs, wo sie vom NPD-Spitzenkandidaten Udo Pastörs angesprochen, in ein Gespräch verwickelt und dabei einfach gefilmt worden sein sollen. Ein Anwalt ließ die Verbreitung des Videos stoppen und verlangt rund 2.000 Euro Entschädigung für seine Mandanten wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Darüber wird nun vor Gericht gestritten. (Hamburger Abendblatt)
Deutschlands Redaktionen: Reine Monokulturen
Wenn am Mittwoch Staatsministerin Maria Böhmer im Bundeskanzleramt acht Integrationsmedaillen verleiht, klopfen sich wieder einmal viele stolz auf die Brust. Zynisch gesagt scheint das Motto zu gelten "Guck‘ jetzt gibt es auch schon schöne Preise für die Ausländer. Es geht voran!" Tatsächlich aber sind Deutschlands Redaktionsräume allen Integrationsmedaillen, -preisen und -gipfeln zum Trotz nach wie vor reine Monokulturen. So schreibt Marjan Parvand, Mitglied bei den "Neuen Deutschen Medienmachern" und Redakteurin bei "ard-aktuell" auf "Publikative.org": "Das heißt, eine Mehrheit von biodeutschen Kollegen ist hier unter sich und reibt sich jedes Mal verwundert die Augen, wenn es wieder einmal um so ein ‚Ausländerthema’ gehen soll." (Publikative.org)
Radikaler Flügel der NPD-Jugend: Die "Heimattreue Deutsche Jugend"
Völkisch-rassistische Redebeiträge auf der JN-Demonstration in Wismar: Der Nachwuchs aus der verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) gibt den Ton an. Eine Bestandsaufnahme. (blick nach rechts)
Randale beim Dortmund-Schalke-Derby: Polizei ermittelt gegen NPD-Funktionär
Nach den Ausschreitungen beim Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 ermittelt die Polizei gegen den Kreisvorsitzenden der Dortmunder NPD Matthias Wächter. Die Polizei wirft ihm Landfriedensbruch und schwere Körperverletzung vor. Auf der Internetseite des NPD-Kreisverbandes Dortmund geht Wächter auf die Vorwürfe ein: "Zwar befand ich mich vor dem Spiel in der Nähe des Stadions, habe mir aber keinerlei Fehlverhalten vorzuwerfen. Auch war ich nicht unter den Ultras, die angeblich aus dem Lokal 'Flora' heraus eine vorbeiziehende Gruppe von Schalker Ultras attackiert haben sollen. Auf keinen der über einhundert Bildern der Lokalmedien bin ich zu sehen." Beim Derby am Samstag war es zu schweren Ausschreitungen gekommen. (Welt Online, Der Westen)
Champions League: Kapitäne sollen Anti-Rassismus-Armbänder tragen
Im Zuge einer europaweiten Kampagne sollen die Kapitäne in der Champions League und Europa League in dieser Woche Armbänder mit der Aufschrift "Gemeinsam gegen Rassismus" tragen. Wie die Europäische Fußball-Union (UEFA) am Montag mitteilte, werden zudem die Einlaufkinder T-Shirts mit dem Schriftzug tragen, vor den Spielen werden 30-sekündige Videospots eingespielt. (Focus Online)
Zossen: Nazis scheitern mit "Wortergreifungsstrategie" bei "Kriegerin"-Vorführung
In Zossen halten die Einschüchterungsversuche von Nazis gegen ihre politischen Gegner weiter an. Nachdem in der Region in den letzten Wochen vermehrt rechtsextreme Anschläge festgestellt wurden, tauchten nun zwei Führungskader auf einer Anti-Rechts-Veranstaltung auf, um Präsenz zu zeigen. Ihr Selbstbewusstsein dabei ist kaum zu übersehen. (Endstation Rechts) Unterdessen haben die Bündnisgrünen im Landkreis Teltow-Fläming die Stadt Zossen aufgefordert, eindeutig gegen rechtsextreme Gewalt Position zu beziehen. Bisherige Äußerungen der Bürgermeisterin Michaela Schreiber (Plan B) seien "viel zu schwach und uneindeutig", sagte das Mitglied im Kreisvorstand, Ralf Krause, am Montag. (Lausitzer Rundschau)
NPD-Demo: Aktion in Pritzwalk ohne Resonanz
"Es war alles ruhig." So jedenfalls lautet das Fazit der Prignitzer Polizei nach einer "Mahnwache" der NPD in der Pritzwalker Marktstraße am Sonnabendvormittag. Etwa 15 Rechtsextreme wollten nach Augenzeugenberichten damit gegen die hohen Spritpreise demonstrieren. Die Auflagen seien alle erfüllt worden. Doch schätzte die Polizei die Resonanz auf die Aktion als "gering" ein. So bestätigen es auch Anlieger*innen, die die Szenerie beobachtet hatten. (Märkische Allgemeine)
Nach tödlicher Attacke in Berlin: Diskussion über gewaltsame Übergriffe an öffentlichen Plätzen
Mehr Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen fordert Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nach der tödlichen Attacke auf einen Mann am Berliner Alexanderplatz. Im Interview mit dem "Deutschlandfunk" unterstützt die SPD-Politikerin Eva Högl, Obfrau im NSU-Untersuchungsausschuss, dies prinzipiell für unübersichtliche Plätze - plädiert aber auch für städtebauliche Maßnahmen. (Deutschlandfunk) Unterdessen widmet sich die "taz" der Diskussion um die Frage, ob es rassistisch sei, die Herkunft der mutmaßlichen Täter zu nennen. Sie urteilt: Nein, es handele sich um einen Antirassismus auf "Knigge-Niveau". (taz)
Die Vergiftung der deutschen Integrationsdebatte
Beim Berliner Integrationsforum hielt Jörg Lau einen Vortrag über die so genannte Integrationsdebatte. Diesen Vortrag hat er beim "Störungsmelder" nun veröffentlicht. Seine Kernaussage: Trotz eines grundsätzlichen Optimismus’ beobachtet Lau eine schleichende Vergiftung der Diskussion. (Störungsmelder.org)
Doppelschlag gegen die NPD: Vorschau auf die Landtagswoche Mecklenburg-Vorpommern
In der kommenden Sitzungswoche des Schweriner Landtags nehmen die demokratischen Fraktionen die NPD von zwei Seiten in die Zange: Die gemeinsame Forderung eines Verbots der rechtsextremen Partei soll den Druck erhöhen, die Aufhebung der Immunität David Petereits die Maske vom Gesicht der NPD reißen. Die wiederum verliert sich in den bekannten Floskeln. (Endstation Rechts)
Solidarität mit Flüchtlingen: Kundgebung in Aachen
"Solidarität mit den streikenden Flüchtlingen - Kein Mensch ist illegal." Mit dieser Aussage hatten das Flüchtlingsplenum Aachen und die Gruppe QIK Aachen (Quadrat im Kreis) zu einer Solidaritätskundgebung auf den Aachener Markt aufgerufen. Die Mitglieder dieser Gruppe protestierten gegen die Abschiebung von Flüchtlingen und gegen den in ihren Augen praktizierten staatlichen Rassismus. Sie kritisierten den Umgang mit Flüchtlingen, welche in Deutschland ankommen und gezwungen würden, in Sammellagern zu leben, bis ihr Antrag auf Asyl bearbeitet würde. Diese Prozedur dauere in den meisten Fällen Monate oder auch Jahre. (Aachener Zeitung)
Berliner Bühne gibt Mörder Breivik eine Stimme
Provokante Lesung: Der Berliner Theaterdiscounter macht die Erklärung des norwegischen Attentäters Breivik vor Gericht erstmals öffentlich. Am 27. Oktober soll "Breiviks Erklärung" verlesen werden. Die Voraufführung beim szenischen Kongress "Power and Dissent" am Deutschen Nationaltheater Weimar sorgte im Vorfeld für einen Eklat, weil das Theater die Produktion kurzfristig aus den eigenen Räumen verbannte – und es in einem Kino unweit der geplanten Aufführungsstätte doch zeigen ließ. (Berliner Morgenpost)
Medienprojekt in Wuppertal: Polizei wehrt sich gegen die Kritik
Mit deutlicher Kritik reagiert das Wuppertaler Medienprojekt auf die Absage der Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher, an der Tagung "Rechtsextremismus in Wuppertal/Strategien gegen Rechtsextremismus" teilzunehmen. Die Grünen wollten die Tagung am 26. November veranstalten und hatten bereits Zusagen der Polizeipräsidentin und der Staatsanwaltschaft. Nachdem auch Vertreter*innen des Wuppertaler Medienprojekts an der Podiumsdiskussion teilnehmen sollten, habe die Polizeipräsidentin ihre Zusage zurückgezogen. Das Projekt kritisiert: "Wir empfinden das Verhalten der Polizeipräsidentin, in dem sie sich der öffentlichen Diskussion entzieht, als undemokratisch und kontraproduktiv für die Bekämpfung von Rechtsextremismus." Polizeisprecher Detlev Rüter entgegnete, die Absage Radermachers habe nichts mit dem Medienprojekt zu tun. Vielmehr hätten auch der Oberbürgermeister, der Sozialdezernent und der leitende Oberstaatsanwalt abgesagt. Dies sei die geplante Gesprächsebene für die Präsidentin gewesen. (Westdeutsche Zeitung)
"Aktionsorientierte Rechte": Von tanzenden Rassisten und uniformierten Milizen
Ein Reservist der Bundeswehr verkündet im Internet, die "German Defence League" zu einer Miliz ausbilden zu wollen – und bekommt dennoch weniger Aufmerksamkeit als seine tanzenden und grölenden politischen Mitkämpfer. Antimuslimische Rassisten der "Génération Identitaire" besetzten am Samstag medienwirksam das Dach einer Moschee im französischen Poitiers, nachdem zuvor österreichische "Identitäre"mit einer rassistischen Tanzeinlage Wien schockierten. (Publikative.org)
Strafbefehl: Holocaust-Leugner Williamson muss wieder vor Gericht
Der Holocaust-Leugner Bischof Richard Williamson hat gegen den Strafbefehl des Amtsgericht Regensburg Einspruch eingelegt. Darin wird dem Bischof erneut Volksverhetzung vorgeworfen. Das Hauptverfahren werde voraussichtlich im kommenden Jahr in Regensburg stattfinden, sagte ein Gerichtssprecher. Der Fall Williamson hatte die katholische Kirche in eine schwere Krise gestürzt. Der heute 72-jährige Williamson hatte 2008 im Interview mit einem schwedischen Fernsehsender im Priesterseminar der Piusbruderschaft in Zaitzkofen bei Regensburg den Mord an sechs Millionen Juden durch die Nazis und die Existenz von Gaskammern bestritten. (Stern.de)