Nach den Rechten sehen: Bayerischer Verfassungsschutz soll V-Mann in NSU-Umfeld gehabt haben +++ Friedrich warnt Länder vor Alleingang bei NPD-Verbot +++ Kreuz.net: Spuren zur Hetzseite verdichten sich.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Bayerischer Verfassungsschutz soll V-Mann in NSU-Umfeld gehabt haben
Der bayerische Verfassungsschutz hatte stets abgestritten, einen V-Mann im Umfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gehabt zu haben. Nun vermutet der Untersuchungsausschuss des Landtages Gegenteiliges: So soll ein fränkischer Nazi durchaus nahe des NSU geführt worden sein. Er soll Kontakt zu Uwe Mundlos, Uwe Bönhardt und Beate Zschäpe gehabt haben – zumindest bis zu deren Untertauchen. Das berichteten am Dienstag übereinstimmend das BR-Politikmagazin "Kontrovers" und die Zeitung "Thüringer Allgemeine". Der Untersuchungsausschuss des Landtags zur Nazi-Mordserie beschloss in München, dass der frühere bayerische Verfassungsschutzpräsident Gerhard Forster erneut vor dem Gremium erscheinen muss. Bei seiner ersten Befragung im Landtag in München hatte Forster ausgesagt, der bayerische Verfassungsschutz habe nichts von der Existenz der Terrorgruppe gewusst. Der Untersuchungsausschuss soll herausfinden, ob die bayerischen Sicherheitsbehörden bei der Überwachung des rechten Milieus und den Ermittlungen zu der NSU-Mordserie versagt haben. Die Gruppe hatte in Bayern die Hälfte ihrer bundesweit zehn Morde verübt. (Sueddeutsche.de, Mittelbayerische Zeitung, Thüringer Allgemeine, Merkur Online)
Friedrich warnt Länder vor Alleingang bei NPD-Verbot
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat die Bundesländer vor einem Alleingang bei einem möglichen NPD-Verbotsverfahren gewarnt. "Sollte die Beweislage für ein Verbot nicht ausreichen, wird die Bundesregierung sicher keinen Antrag stellen", sagte Friedrich der "Stuttgarter Zeitung", "dann sollten sich die demokratischen Kräfte nicht auseinanderdividieren lassen". Laut dem Minister belegt das für die Vorbereitung eines Verbotsverfahrens gesammelte Beweismaterial die verfassungsfeindliche Gesinnung der rechtsextremen Partei. Allerdings gebe es noch keine ausreichenden Belege für einen neuerlichen Antrag zu einem Verbot. Ohnehin werde die NPD immer unattraktiver. (Stuttgarter Zeitung, Welt Online)
Kreuz.net: Spuren zur Hetzseite verdichten sich
Die üblen Hetzberichte auf der vermeintlich katholischen Internetseite "kreuz.net" nach dem Tod des Entertainers Dirk Back hatten für Entsetzen gesorgt. Eine Welle der Solidarität formierte sich im Netz. Nun gibt es neue Hinweise auf die Hintermänner jener verfassungsfeindlichen Website, an der sich die Ermittlungsbehörden seit Jahren die Zähne ausbeißen. (Tagesspiegel)
Coburg: Bürger*innen wollen gegen NPD auf die Straße gehen
Am kommenden Samstag wird ein breites gesellschaftliches Bündnis aus Kirchen, Sozialverbänden, Gewerkschaften, Initiativgruppen und Parteien gegen die NPD und ihren vor Kurzem in Rottenbach gegründeten oberfränkischen Stützpunkt der "Jungen Nationalen" (JN) auf die Straße gehen. Unter dem Motto "Coburg ist bunt und stellt sich quer" soll "das friedliche Miteinander von fast einhundert Nationen und verschiedensten Religionen und Konfessionen, das das Leben in Stadt und Landkreis Coburg bestimmt, gefeiert werden". So heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung des Dekanats Coburg, der Partei "Die Linke" und dem Verdi-Ortsverband Coburg. (Neue Presse)
Thierse verlangt Strategie gegen Antisemitismus
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd ein stärkeres Engagement der Bundesregierung im Kampf gegen Antisemitismus gefordert. "Die Bundesregierung sollte eine Strategie gegen Antisemitismus vorlegen und die Programme gegen Rechtsextremismus verstetigen", sagte Thierse vor einer Debatte des Bundestages zum Antisemitismusbericht am Mittwoch in Berlin. Das bisherige Engagement des Bundes reiche nicht aus. "Derzeit ist es so, dass Programme finanziert werden, die nach kurzer Zeit wieder auslaufen", sagte Thierse. "Dann entstehen Lücken, es fällt Engagement wieder zusammen - das darf nicht so bleiben." (Welt Online)
Erfurt: Grüne kritisieren Landrat Reinard Krebs (CDU) nach Besuchserlaubnis für NPDler in Flüchtlingsheim
Reinhard Krebs (CDU) hatte einem NPD-Kreistagsabgeordneten gestattet, das Flüchtlingsheim des Wartburgkreises am Vortag des 9. November zu besuchen. Krebs war im Kreistag mit den anderen Fraktionen übereingekommen, die NPD-Mitglieder zu begleiten. Die Grünen kritisieren diese Besuchserlaubnis einer "rassistischen und menschenverachtenden Partei" und fragen angesichts dessen nach dem Stellenwert des Schutzes von Flüchtlingen in Thüringen. Die Partei kündigte eine Anfrage an die Landesregierung an. (Thüringische Landeszeitung)
Ver.di-Aktion gegen Rassismus und Diskriminierung
Sie arbeiten vor allem als Reinigungskräfte in Unternehmen und privaten Haushalten, als Verkäufer*innen in kleineren Geschäften, in der Altenpflege oder Gastronomie: Arbeitskräfte ohne gültige Aufenthaltspapiere – so genannte "Illegalisierte" oder auch "Papierlose". Der Ver.di-Arbeitskreis “Undokumentierte Arbeit” hilft betroffenen mit einer kostenlosen Beratung. (Störungsmelder)
Wolgast: Rostock-Lichtenhagen wird sich nicht wiederholen ... hoffentlich
Ein Fernsehbeitrag über das Asylbewerberheim in Wolgast in Mecklenburg-Vorpommern hat der Stadt den Vorwurf des Rechtsextremismus eingebracht. Vergleiche zu Rostock-Lichtenhagen wurden gezogen. Die Stadt wehrt sich gegen diese "verzerrte, wirklichkeitsfremde, falsche und verletzende Darstellung". Tatsächlich hat das Heim zum Teil Ablehnung und Rassismus hervorgerufen. (Mut gegen rechte Gewalt) Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" stellt dagegen fest: Eine Naziszene gibt es in Wolgast nicht. (FAZ)
Wismar: Widerstand gegen Nazi-Aufmarsch
Gegen den geplanten Aufmarsch der Jungen Nationaldemokraten am Samstag formiert sich Widerstand. Die demokratischen Kräfte aus Wismar und der Region rufen zur Gegendemonstration unter dem Motto "Kein Leben ohne Freiheit – NPD und Junge Nationaldemokraten bekämpfen" auf. Für den Aufmarsch der NPD wurden 300 Teilnehmer*innen angemeldet. Die Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz vor. (Lübecker Nachrichten, Ostsee Zeitung)
DFB: Lauterer Fanprojekt mit Preis ausgezeichnet
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat das Fanprojekt des Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern mit dem Julius-Hirsch-Preis ausgezeichnet. Die mit insgesamt 20.000 Euro dotierte Ehrung für besonderes Engagement im Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus vergab eine hochrangig besetzte Jury, in der neben DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, Liga-Präsident Reinhard Rauball und DOSB-Präsident Thomas Bach auch Charlotte Knobloch sitzt, die ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland. Trainer Otto Rehhagel hielt am Dienstag in Berlin die Laudatio. (Focus Online)
Berlin: Pro-Deutschland nutzt Stimmung nach tödlicher Attacke am Alexanderplatz aus
Nach der tödlichen Prügelattacke in der Nähe des Alexanderplatzes, sucht die Polizei dringend nach Zeugen*innen. Eine Belohnung von bis zu 15.000 Euro zur Ergreifung der Täter ist ausgesetzt. Sonntag Nacht war hier der 20-jährige Jonny K. von Unbekannten zu Tode geprügelt worden. Das Motiv ist vollkommen unklar. In der nahe gelegen St. Marienkirche liegt ein Kondolenzbuch aus, zum Gedenken an das Opfer versammelten sich hier zahlreiche Menschen und legten Blumen aus. Ein paar Meter entfernt demonstrierte die rechte Bürgerbewegung Pro Deutschland und eine "Bürgerinitiative Tag der Patrioten" mit Transparenten auf denen stand: "Kriminelle Ausländer raus!". Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei waren die Schläger, die Jonny K. töteten, türkisch oder arabischer Herkunft. (Berliner Zeitung)
Wuppertal: "Pro NRW" plant Aktion gegen Moscheebau
Für den 27. Oktober plant die rechtspopulistische Partei "Pro NRW" eine Demonstration gegen den geplanten Bau einer neuen Moschee. Die Veranstaltung sei ein "landesweites Zeichen gegen Islamisierung", so die Ankündigung der Partei und richte sich gegen die Errichtung einer "protzigen Großmoschee", wie die Rechtspopulisten*innen es nennen. (blick nach rechts)
Nazis über Frei.Wild: "Mit diesen Distanzierungen können wir leben"
Immer wieder wird der Band Frei.Wild vorgeworfen, Nationalismus in ihren Texten zu transportieren. Zu zweideutig seien die Bekenntnisse und zu eindeutig für manche hingegen die Positionierung in den Texten. Der rechtsextreme Internetsender "FSN TV" sieht dies genauso – und bewirbt die neue Frei.Wild-Scheibe öffentlich. (Endstation Rechts)
Potsdam: Die Geschichte vom Aussteiger Martin Z.
Martin Z. ist 14, als er in die rechtsextreme Szene abrutscht. Die Suche nach seinem Platz in der Gesellschaft habe ihn zur rechtsextremen Ideologie geführt, sagt er. Vier Jahre ist er in der Nazi-.Szene aktiv, bevor ihn das Kunstprojekt "Jugendengel" zum Nachdenken bringt. Doch es soll noch bis zu einem Gerichtsprozess gegen ihn dauern, bei dem ihn die Nazi-Kameraden im Stich lassen, bis er den Ausstieg endgültig schafft. Er rutscht in die Drogensucht. Der Sucht entkommt er, als seine Frau schwanger wird – der Entzug gelingt, heute kann er seine Geschichte erzählen. (Märkische Allgemeine)