10.09.2012 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Mühlhausen: Neonazi-Übergriff an Berufsschule +++ NSU-Terroristen Beate Zschäpe soll auch wegen des Nagelbombenattentats in Köln angeklagt werden +++ Schlag gegen NS-HipHop - Razzien bei "MaKss Damage" und "King Bock".

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Mühlhausen: Neonazi-Übergriff an Berufsschule

In Mühlhausen malten Schüler einer Berufsschule einem 19-Jährigen ein Hakenkreuz auf die Stirn. Wie Polizeisprecher Thomas Soszynski am Sonntag mitteilte, ereignete sich der Vorfall bereits am Freitag. Er sprach von einer "abscheulichen Tat". Die beiden 16 und 20 Jahre alten Schüler hätten ihr Opfer festgehalten und mit einem Edding-Stift auch einen Hitlerbart angemalt. In der Vernehmung hätten die zwei erklärt, aus Langeweile gehandelt zu haben. Im nahe gelegenen Mühlhausen gelegenen Anrode haben Unbekannte in der Nacht zum Sonnabend ein großes Hakenkreuz in die Motorhaube eines Autos. Der Schaden wurde mit 3.000 Euro angegeben (MDR).

NSU-Terroristen Beate Zschäpe soll auch wegen des Nagelbombenattentats in Köln angeklagt werden

Die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe war offenbar auch an den zwei Nagelbombenanschlägen in Köln beteiligt. Die 37-Jährige half nach FOCUS-Informationen mit, den später an einem Fahrrad fixierten Sprengkörper zu präparieren (Focus online). 

NSU-Ermittlungen I: Thüringer Polizistin gesteht Kontakte in die rechte Szene

Erneut sorgen Kontakte zwischen Sicherheitsbehörden und Rechtsextremen in Thüringen für Aufsehen: Wegen Kontakten in die Neonazi-Szene hat das Landeskriminalamt jahrelang gegen eine Polizistin ermittelt. Wie das LKA am Samstag mitteilte, soll die Beamtin unberechtigt Daten in den polizeilichen Informationssystemen abgefragt und an Dritte - vermutlich Rechte - weiter gegeben haben. Ein Strafverfahren wurde 2011 gegen eine Geldauflage von 500 Euro eingestellt, ab 2011 wirde die Polizistin, die seit 2009 vom Dienst suspendiert war,  wieder eingesetzt. Das LKA bestätigte einen Bericht des „Tagesspiegel“ (Samstagsausgabe), wonach die Frau nun auch im Zuge der Ermittlungen zur Zwickauer NSU-Terrorzelle vom BKA vernommen wurde. Anlass war der Umstand, dass sie die 2007 in Heilbronn vermutlich von der NSU erschossene Polizistin Michèle Kiesewetter gekannt hatte. In ihrer Vernehmung beim BKA räumte die Frau „private und dienstliche Kontakte“ in die rechte Szene ein (mz-web, Tagesspiegel). 

NSU-Ermittlungen II: Polizei versus Verfassungsschutz in Hessen +++ Prominente Politiker vor Ausschuss

Der Fall des Verfassungsschützers Andreas T., der im Internetcafé saß, kurz bevor die Rechtsterrorist*innen der NSU den Besitzer Halit Yozgat erschossen,  zeigt: Die Polizei war in den Ermittlungen gegen Verfassungsschutzbeamte nicht zimperlich - wurde aber innerbehördlich zurückgehalten. Am Dienstag sagt Andreas T. vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages aus (sueddeutsche.dehna.deBerliner Morgenpost).  Auch der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes Helmut Röwer muss erneut vor dem Untersuchungsausschuss erscheinen (Spiegel onlineMDR). Auch die früheren Bundesinnenminister Otto Schily und Wolfgang Schäuble werden wohl schon in wenigen Wochen im NSU-Untersuchungsausschuss Frage und Antwort stehen müssen (n-tv).

NSU: Thüringer Burschenschafter hatten Kontakt zu NSU-Umfeld

Die Thüringer Landesregierung hat bestätigt, dass Burschenschafter der Normannia Jena Kontakt zu Ralf Wohlleben und Andre Kapke (mutmaßliche NSU-Unterstützer) hatten (Publikative.org).

NSU: Strippenzieher im Hintergrund

Der ehemalige Thüringer NPD-Vizechef Ralf Wohlleben sitzt als einziger Helfer des NSU-Trios in U-Haft - von der Neonaziszene gefeiert (taz).

Schlag gegen NS-HipHop - Razzien bei "MaKss Damage" und "King Bock"

Der einschlägig vorbestrafte Neonazi Dieter Riefling hatte es via Facebook als erstes gemeldet: „Razzia bei MaKss Damage!“ Zeitgleich wurde die Wohnung des Bielefelder Rappers „King Bock“ durchsucht. Die Polizei beschlagnahmte dabei die Aufnahmetechnik und Computer der braunen Musiker. Ihnen wird Volksverhetzung in dem gemeinsamen Song „Die Faust geht zum Kopf“ vorgeworfen. Auf Anfrage der NW bestätigte der zuständige Staatsschutz in Bielefeld die Ermittlungen gegen den antisemitischen Gütersloher Rapper Julian Fritsch (MaKss Damage) und gegen den einschlägig vorbestraften Bielefelder NS-HipHopper „King Bock“ (publikative.org).

US-Betreiber sperrt Neonazi-Seite Altermedia

Der Exodus der Neonazi-Seiten im Netz geht weiter. Nun ist die Hetzseite Altermedia offline. Nach Angaben der Betreiber hat der Anbieter in den USA die Hetzseite gesperrt. Bislang galten die USA als relativ sichere Heimat für deutsche Neonazi-Seiten (publikative.orgStörungsmelder)

Berlin: Neue Proteste gegen rechten, rassistischen Lehrer

Rechtslastiger Unterricht und Beleidigungen: Anders als die Schulverwaltung mitteilte, ist Lehrer Karl-Heinz Sch. in den vergangenen Jahren Eltern und Schülern offenbar immer wieder negativ aufgefallen. Am Sonntag wurden neue Vorwürfe gegen ihn bekannt. Er hatte am vergangenen Montag eine schwarze 16-jährige Schülerin als "Nigger" beschimpft, die ihn daraufhin anzeigte. Karl-Heinz Sch. war bereits im Jahr 2000 vom Dienst suspendiert worden, nachdem er im Geschichtsunterricht die NS-Verbrechen verharmlosend dargestellt hatte. Damals beschied allerdings nach langjährigen Gerichtsverfahren das Gericht, Sch. sei kein Rechtsextremer, seit 2007 ist er wieder im Schuldienst. Eltern und Schüler*innen sehen das seit Jahren anders (Tagesspiegel.deBerliner Morgenpost).

Protest gegen rechtsextremen Verlag in Martensrade: Gemeinschaftshaus nach Geschwistern Scholl benannt

Im schleswig-holsteinischen Martensrade ist ein rechtsextremer Verlag herangewachsen, die "Lesen & Schenken GmbH" des rechtsextremen Verleger Dietmar Munier. Jetzt hat die Gemeinde ihr Gemeinschaftshaus aus Protest gegen die Nazis in ihrer Mitte nue benannt. Der neue Name des Dorfgemeinschaftshauses ist eine politische Botschaft an die rechtsextreme Szene in der kleinen Gemeinde. Seit Sonntag heißt das Gemeinschaftshaus in Martensrade nahe Kiel "Geschwister Scholl Haus". Bei der Feier sagte Innenminister Andreas Breitner (SPD), dass Martensrade als "Vorbild für alle Gemeinden" diene könnte, "die ein Problem mit dem Rechtsextremismus haben". Ein ganzes Dorf handele nach der Devise "Wehre den Anfängen". Über Jahre wuchs in Martensrade die "Lesen & Schenken GmbH" um Dietmar Munier zu einem der größten rechtsextremen Verlagsnetzwerke Deutschlands heran.
Dessen Schwerpunkt: Geschichtsrevisionismus, bei dem gern auf die vermeintlichen Leistungen Deutschlands von 1933 bis 1945 verwiesen wird.  Zum Verlag gehört auch die rechtsextreme Prestigepublikation "Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin". Munier ist als einer der größten Arbeitgeber des 1.000-Einwohner-Ortes (tazKommentar).

BKA warnt vor Nazi-Terror - auch auf Politiker*innen und Prominente

Das Bundeskriminalamt befürchtet offenbar Anschläge gegen Politiker und Prominente: Wiederholt sind in den vergangenen Jahren Listen aufgetaucht, auf denen Neonazi-Gruppen Gegner namentlich und mit Adressen notiert hatten. Der Verfassungsschutz hält einen "unvermittelten Angriff" für möglich. Nun, das tut eigentlich jede*r, der oder die sich mit Rechtsxtremismus auseinandesetzt, aber diesmal ist es das BKA (Spiegel onlinesueddeutsche.de).

Querelen in der Nazi-Parteien-Szene: Christian Worch von NPD-Veranstaltung ausgeladen

Der Neonazi, Kameradschaftsaktivist und Gründer der Mini-Partei "Die Rechte", Christian Worch sollte bei einem NPD-Aufmarsch in Stendal sprechen. Das sorgte beim Parteivorstand offenbar für Bauchschmerzen – und so wurde Worch ausgeladen. Ein Beschluss, der der NPD noch auf die Füße fallen könnte (publikative.org).

Neue Probleme bei NPD-Verbot

Einige Bundesländer haben Material über die rechtsextreme Partei wieder zurückgezogen, weil sie sich nicht sicher sind, wo es her kommt. Noch mehr der ursprünglich 3000 Belege dürfen jetzt nicht mehr wegfallen, wenn ein NPD-Verbotsverfahren gelingen soll (Tagesspiegel).

Mit straffälligen Jugendlichen in Buchenwald

Sie sitzen im Arrest wegen Körperverletzung und Schlägereien. Doch einen Tag lang erhalten sechs Jugendliche Ausgang, um das KZ in Buchenwald zu besuchen. Einige waren schon früher einmal da - und durften wegen rechtsextremer Provokationen nicht blieben. Mit einer kleinen Gruppe aus Betreuern und Pädagogen befassen sie sich jetzt mit den Verbrechen der Nazis - und zeigen Reue bei ihren eigenen Straftaten (Thüringer Allgemeine).

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