Nach den Rechten sehen: NSU: Weitere Ermittlungspannen +++ München: Erneut fremdenfeindlicher Übergriff +++ Neuwied: Eintritt nur gegen deutsches Gedicht
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
NSU: Weitere Ermittlungspannen
Der Chefermittler zu den NSU-Morden, Wolfgang Geier, behauptete bisher, keine Hilfe vom Verfassungsschutz bekommen zu haben. Aus geheimen Unterlagen des Bundesamts für Verfassungsschutz geht jetzt hervor: Das war nicht die Wahrheit. Das neue Detail aus den Ermittlungen in der bis November 2011 ungeklärten Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds reiht sich ein in die zahlreichen Irrungen und Wirrungen von Polizei und Geheimdiensten. (taz)
München: Erneut fremdenfeindlicher Übergriff
In der Nacht auf Samstag rempelte ein Kosovare versehentlich einen 53-jährigen Münchner an, der diesen daraufhin mit den Worten „Hau ab, du scheiß Ausländer“, beleidigte. Der Beleidigte, der sich in Begleitung eines Landsmanns befand, giftete zurück und nannte den Münchner „scheiß Nazi“. Daraufhin attackierte der augenscheinlich betrunkene Ausländerfeind sein Opfer mit zwei Faustschlägen oberhalb der rechten Schläfe am Kopf. Noch während die herbeigerufene Polizei eintraf, trat er mit seinen schweren Cowboystiefeln auf dem Geschädigten ein. Die Staatsschutzabteilung im Polizeipräsidium München hat die Ermittlungen wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung mit ausländerfeindlichem Hintergrund aufgenommen. (endstation-rechts.de, Süddeutsche Zeitung)
Neuwied: Eintritt nur gegen deutsches Gedicht
Während des EM-Spiels Deutschland gegen Griechenland sollen sich Mitarbeiter des Sicherheitspersonals, die die Besucher auf das Gelände der VR-Bank-Fanmeile ließen, rassistisch gegenüber mehreren jungen, dunkelhäutigen Personen geäußert haben. Sie sollen zwei schwarze Fußballfans sogar den Zutritt zum Public-Viewing-Bereich verwehrt haben. Bei einem der Vorfälle soll das Sicherheitspersonal darauf bestanden haben, dass der Fußballfan, um eingelassen zu werden, zwei deutsche Gedichte aufsagt. Veranstalter des Public-Viewings auf der VR-Bank-Fanmeile ist die Neuwieder Eventagentur Rheingefeiert, die unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Vorfälle den Kontakt zu der in Koblenz ansässigen Sicherheitsfirma aufgenommen hat. Bei der Koblenzer Sicherheitsfirma weist man die Vorwürfe zurück (Rhein-Zeitung).
Ginnheim: Rechte Demo gegen Islamisierung
Verschiedene Gruppierungen aus dem rechtspopulistischen Spektrum demonstrierten am Wochenende gegen "die Islamisierung Deutschlands" und bezeichneten per Zitat Muslime als "minderbemittelt, grenzdebil und schwachsinnig." Dem Aufruf "Freiheit statt Islam" folgten knapp 40 Menschen, während sich etwa 80 Gegendemonstranten der Demonstration vor der Falah-Moschee entgegenstellten. (Frankfurter Rundschau)
Schwandorf: Hymne der Hitlerjugend im Netz verwendet
Wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen muss ein ehemaliges Vorstandsmitglied der Oberpfälzer NDP für fünf Monate hinter Gitter. Der 25-jährige Daniel W. aus dem Landkreis Schwandorf hatte auf einer von ihm betriebenen Webseite in einem Banner die Titelzeile der Hymne der Hitlerjugend übernommen. Bewährung gab es nach zwei einschlägigen Vorverurteilungen und einer noch laufenden Bewährung nicht mehr. (Mittelbayerische Zeitung, Blick nach Rechts)
EM: Englische Nationalspieler Opfer rassistischer Beleidigungen
Nach dem Viertelfinal-Aus der englischen Nationalmannschaft gegen Italien (2:4 i.E.) hat die Polizei Ermittlungen wegen rassistischer Beleidigung der beiden Fehlschützen Ashley Young und Ashley Cole eingeleitet. Zuvor hatte ein Nutzer abfällige Kommentare über den Offensivspieler von Manchester United und den Verteidiger vom FC Chelsea beim Internet-Kurznachrichtendienst Twitter gemeldet. Die Polizei vermutet den Verursacher in London. (Focus, sport1.de)
EM: Ein Erlebnisbericht aus der Ukraine
Florian Schubert war mit Deutschland-Fans unterwegs in der Ukraine. Dabei erlebte er einige Dinge, über die hierzulande kaum berichtet wird: Nationalismus, Nazi-Kult, Antisemitismus und Rassismus gehören offenbar noch immer zum unguten Ton bei Auswärtsspielen der Nationalmannschaft. (publikative.org)
München: NSU - Gemeinsamer Antrag der Opposition
SPD, Grüne und Freie Wähler werden den geplanten Untersuchungsausschuss zur Neonazi-Mordserie gemeinsam im Bayerischen Landtag beantragen. Darauf verständigten sich die drei Oppositionsfraktionen nun ebenso wie auf einen gemeinsamen 18-seitigen Fragenkatalog. “Dabei geht es vor allem um die rechtsextremistischen Mordanschläge in Bayern und um rechtsextremistische Aktivitäten in Bayern seit dem Jahr 1994“, teilten die Fraktionen am Mittwoch mit. (merkur-online.de)
Nazi-Forum Thiazi.net
Nach der Razzia des BKA gegen das Nazi-Forum Thiazi.net kommen Hintergründe über die Betreiber ans Licht. Es sind Menschen mit ganz gewöhnliche Existenzen und verantwortungsvollen Berufen. Die Neonazis, die hinter Thiazi stehen sollen, haben es offenbar verstanden, ihr bürgerliches Leben und ihr Treiben im Internet gut zu trennen – und doch das eine für das andere zu nutzen. Ihre Arbeitgeber ziehen nun erste Konsequenzen. (Frankfurter Rundschau)
Dortmund: Neonazi nach Randale auf Demo verurteilt
Zu sechs Monaten mit Bewährung verurteilte das Amtsgericht einen Neonazi, der am 3. September 2011 auf dem Friedensfest zum Antikriegstag in Dorstfeld randaliert hatte. Der 26-Jährige muss zudem 800 Euro Geldbuße zahlen. Er hatte herumgepöbelt und sich mit der Polizei angelegt, die Staatsanwaltschaft warf ihm Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, versuchte Körperverletzung, Körperverletzung und Beleidigung vor. (Westdeutsche Allgemeine Zeitung)
Chemnitz: Rechtsrock-Händler zu hoher Geldstrafe verurteilt
Der Chemnitzer Rechtsrock-Händler Yves R. ist zu einer Geldstrafe von insgesamt 14.400 Euro verurteilt worden. In vier tatmehrheitlichen Fällen sprach das Gericht den Betreiber des Rechtsrock-Labels „PC Records“ wegen Volksverhetzung für schuldig. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, könnte die Strafe die braune Szene in Chemnitz zumindest ein wenig schwächen. R. hatte Ende 2010 ein Haus im Stadtteil Markersdorf gekauft und zu einem rechten Schulungs- und Veranstaltungszentrum ausbauen lassen. Darüber hinaus gilt er als eifriger Finanzier verschiedener neonazistischer Gruppierungen in der Stadt. (Blick nach Rechts)
Nürnberg: Geringere Strafe für Neonazi
In der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wurde das Strafmaß aus dem erstinstanzlichen Urteil des Fürther Amtsgerichts vom Mai 2011 um zwei Monate reduziert. Der 25-Jährige Neonazi Kai Z. muss nun für insgesamt ein Jahr und einen Monat ins Gefängnis. in den frühen Morgenstunden des 21. März letzten Jahres jagte er mit Gleichgesinnten drei junge Männer aus der linken Szene durch die Fürther Altstadt. Einer der Gejagten wurde von den Neonazis mit einem Schlag und einem Tritt zu Boden gebracht und dort weiter mit Tritten traktiert. Als Einzelstrafe für diesen Fall verhängte das Gericht zehn Monate. Die Gesamtstrafe von einem Jahr und einem Monat ergibt sich durch die Einbeziehung von zwei vorangegangenen Urteilen gegen den Fürther Neonazi wegen versuchter Nötigung und Beleidigung. (Nürnberger Zeitung)
Venlo: Stein für jüdischen Gelehrten
Erstmals hat der Kölner Künstler Gunter Demnig in Venlo einen Stolperstein verlegt, der an ein Opfer der NS-Herrschaft, Julius Obermeyer, erinnert. Obermeyer, der ein unnachgiebiger Kritiker der Nationalsozialisten war, wurde im Mai 1940, nur zwei Wochen nach der Besetzung der Niederlande durch Nazi-Deutschland, verhaftet und verschleppt. Er starb zwei Jahre später vermutlich im KZ Izbica im Süden Polens. (Rheinische Post)
Hannover: 300 Menschen folgen Demo-Aufruf der Niedersächsischen Flüchtlingsinitiative
Am Samstag demonstrierten rund 300 Menschen in Hannover für gleiche Rechte für Flüchtlinge. Die Niedersächsische Flüchtlingsinitiative hatte unter dem Motto „Break Isolation! Refugee’s Rights, Right Here, Right Now!“ dazu aufgerufen. Asylsuchende aus ganz Niedersachsen und auch aus anderen Bundesländern forderten eine Abschaffung der Sondergesetze, die Flüchtlinge entrechten und gesellschaftlich ausgrenzen. (Flüchtlingsrat Niedersachsen)
Radio-Tipp: Gefährliche Recherche am rechten Rand
Pöbelnde Nazis, NPD und die "Zwickauer Zelle" – das Thema Rechtsextremismus ist in Deutschland immer aktuell. Doch es gibt nur etwa ein Dutzend Journalisten, die kontinuierlich im rechtsextremen Milieu recherchieren. Das Arbeiten ist aufwändig, kosten- und zeitintensiv und sie ist gefährlich. Journalisten werden immer wieder bedroht, manchmal auch verprügelt. DRadio Wissen spricht mit Andrea Röpke, eine der Journalistinnen in Deutschland, die seit Jahren undercover in der Neo-Nazi-Szene recherchiert. Für ihre Insider-Reportagen aus dem braunen Milieu wurde sie mehrfach ausgezeichnet. (Dradio Wissen)
Buch-Tipp: Himmlers Hirn heißt Heydrich
Noch heute streiten sich Historiker, wie sehr sich der NS-Polizeichef Heinrich Himmler von seiner rechten Hand, Reinhard Heydrich, lenken ließ. Heydrich stellte seine mörderische Effizienz nicht nur als Gestapo-Chef unter Beweis. Als Organisator der Wannsee-Konferenz ersann Heydrich die Logistik der „Endlösung“. 1942 starb er in einem Prager Krankenhaus an den Folgen eines Attentats. Als „Operation Anthropoid“ wurde der Anschlag von der tschechoslowakischen Exilregierung von London aus vorbereitet, verübt haben ihn die Soldaten Jan Kubis und Josef Gabcik. Laurent Binet hat es sich mit „Himmlers Hirn heißt Heydrich“ zum erklärten Anliegen gemacht, einen Roman über das einzig erfolgreiche Attentat auf einen nationalsozialistischen Hauptfunktionär zu schreiben, ohne die historisch-moralische Dimension des Geschehens der Eigengesetzlichkeit der Literatur zu opfern. (Tagesspiegel).