Neonazi-Untersuchungsausschuss im Bundestag: 38 Beweisanträge und zwei Anhörungen beschlossen +++ Thüringen: Rechtsextreme siedeln sich in Crawinkel und Marlishausen an +++ Altötting: Nazis machen Kneipe zum Vereinsheim für "Kunst- und freie Meinungsäußerung".
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Neonazi-Untersuchungsausschuss im Bundestag: 38 Beweisanträge und zwei Anhörungen beschlossen
Im Bundestag kam der Neonazi-Untersuchungsausschuss zur ersten Arbeitssitzung zusammen. Der Ausschuss beschloss 38 Beweisanträge und zwei Anhörungen in den letzten Märzwochen. Sachverständige sollen dann zur Entwicklung des Rechtsextremismus in Deutschland und zu den gegenwärtigen Strukturen der Sicherheitsbehörden Auskunft geben. Zudem wollen die Abgeordneten die Ombudsfrau für die Opfer der rechtsextremen Terrorzelle, die frühere Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John, einladen, um Informationen aus Sicht der Opfer zu erhalten. Nach Ostern will der Ausschuss mit der Beweisaufnahme beginnen (Welt, ntv, tagesschau.de).
Rechtsextremismus "kriecht aus der Mitte"
Initiativen gegen Rechts monieren "Handicaps" des Untersuchungsausschusses zu den Morden der Zwickauer Terrorzelle. Dennoch hofft Anetta Kahane von der Antonio-Stiftung, dass das Gremium Fehlentwicklungen in Behörden aufzeige - zudem müsse klar werden, dass Rechtsextreme bisher nur "mit langen Fingern angefasst" worden seien (Deutschlandradio).
Thüringen: Rechtsextreme siedeln sich in Crawinkel und Marlishausen an
Zwei Immobilienkäufe durch Neonazis in wenigen Monaten in Thüringen: Die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete und jetzige Ausländerbeauftragte des Landes, Petra Heß, vermutet hinter dem Kauf über einen Makler ein ganz gezieltes Vorgehen: "Dahinter steckt eine Strategie." (tlz.de, taz) Die tlz fragt weiter: Wo finden denn Bürgermeister/innen Hilfe, die sich unsicher sind, wer da kaufen möchte?
Altötting: Nazis machen Kneipe zum Vereinsheim für "Kunst- und freie Meinungsäußerung"
Entsetzen in dem kleinen Dorf Halsbach im Landkreis Altötting: Neonazis machen sich in der Gemeinde breit. Um sich ungestört treffen zu können, haben die Rechtsextremen einen Club gegründet und das ehemalige Dorfwirtshaus zum Vereinsheim gemacht. Es heißt nun „Haus der Kunst- und der freien Meinungsäußerung“ und ist gleichzeitig Sitz eines von Rechtsextremen gegründeten Vereins. Künftig können die Neonazis deshalb in Halsbach große Veranstaltungen ungehindert durchführen. Laut Vereinsrecht sind Zusammenkünfte der Mitglieder nämlich nichtöffentliche Veranstaltungen. Die Neonazis müssen Treffen weder anmelden noch genehmigen lassen (Wochenblatt.de, Abendzeitung).
Hameln: Früherer Neonazi-Treff wird vorerst keine Moschee - Rieger-Erben hatten das angeregt
Ein früherer Neonazi-Treffpunkt in Hameln wird vorerst nicht als Moschee genutzt werden. Eine zunächst interessierte islamische Gemeinde hält nach Angaben der Stadt das ehemalige Kino für ungeeignet. Es sei baufällig und könne als Baudenkmal weder Minarette noch eine Kuppel bekommen, sagte ein Stadtsprecher am Donnerstag. Die Erben des 2009 verstorbenen Hamburger Neonazis Jürgen Rieger, die der rechten Szene nicht nahestehen sollen, hatten nach einem Bericht der «Deister- und Weserzeitung» eine Nutzung als islamisches Gotteshaus ins Gespräch gebracht (BILD.de).
Prozess um Neonazi in Essen, der auf Polizisten mit Messer losging, um von ihnen erschossen zu werden
Zum Prozessauftakt sind die beiden im August 2011 mit Messerstichen lebensgefährlich verletzten Polizisten erstmals auf ihren Angreifer getroffen. Geständnis und Entschuldigung des 21-jährigen Markus K. sind von der Kälte eines wahnhaft erkrankten Menschen geprägt: „Ich nahm in Kauf, dass sie sterben.“ Der Neonazi, der seit seinem 16. Lebensjahr NPD-Mitglied ist, hatte vorgegeben, in einen harmlosen Autounfall verwickelt zu sein - um die gerufenen Polizisten auf einem dunklen Parkplatz nieder zu stechen. Erschossen werden wollte er von den Polizisten, sagt er dem Gericht, wollte so Selbstmord begehen. Aber kampflos hätte er nicht abtreten wollen. Wären die Polizisten gestorben, und er hätte überlebt, so erzählt er weiter, wollte er zum Düsseldorfer Landtag fahren, dort auf Politiker schießen, um schließlich von der Polizei getötet zu werden. Gewaltfantasien sind ihm nicht fremd. Gedacht hatte er auch mal daran, das Haus seiner Eltern anzuzünden (DerWesten).
Facebook-Protest gegen "Pro Köln": Den Rechtspopulisten droht Portokosten-Ärger
Auf Facebook formiert sich kreativer Protest gegen eine Aktion der rechtspopulistischen Wählergruppe "Pro Köln". Diese haben Postkarten verteilt, auf der sie Bürger dazu aufrufen, sich an einer Petition gegen die Aufnahme der Türkei in die EU zu beteiligen. Bürger sollen die Petition unterschreiben und die Karte an Pro Köln schicken. Um möglichst viele Menschen zum Mitmachen zu animieren, übernimmt "Pro Köln" als Empfänger die Portogebühren: "Bitte mit 45 ct freimachen falls Marke zur Hand", steht auf der Karte. Nun rufen Aktivist/innen auf Facebook dazu auf, auf die Postkarte eine "nette Botschaft" zu schreiben, sie nicht zu unterschreiben und dann an unfrankriert an ProKöln zurücksenden. Auf diese Weise müsste die Wählergruppe die Portokosten tragen, hätte aber keine weiteren Petitions-Unterstützer gefunden. Laut einem Sprecher der Post führt für Pro Köln kein Weg daran vorbei, das Porto zu übernehmen. Mit dem Teilsatz "falls Marke zur Hand" sei der Empfänger eine "Vorausverfügung" eingegangen (DerWesten, sueddeutsche.de).
Rechtsextreme hetzen Ex-"Altermedia"-Betreiber, der aussteigen will
Die rechtsextreme Szene kennt offenbar keine Skrupel, wenn Abtrünnige bestraft werden sollen: Auf einer einschlägigen Internetseite wird derzeit auf perfide Art ein Ex-Kamerad an den Pranger gestellt. Dazu veröffentlicht die Netz-Plattform auch noch die vollständige Adresse des Betroffenen - geradezu eine Einladung zu Racheakten. Allerdings wird der Betroffene derzeit unter der Adresse nicht zu erreichen sein. Der ehemalige Mit-Administrator einer rechtsextremen Internetseite "Altermedia" sitzt derzeit eine Haftstrafe in Höhe von zwei Jahren und drei Monaten ab. Der 30-Jährige Robert R. wurde vom Landgericht Rostock im Oktober vergangenen Jahres wegen Volksverhetzung, Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, Beleidigung, Aufruf zu Straftaten und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener auf der Internet-Plattfprm Altermedia verurteilt. Schon im Prozess hatte er bekundet, sich Mitte 2010 von Altermedia zurückgezogen zu haben. Robert R. hatte zudem einen Brief an die Staatsanwaltschaft Stralsund geschrieben - der Brief, der jetzt die rechte Szene im Land schäumen lässt. "R. hat sich als Kameradenschwein herausgestellt und sich als Idiot bewiesen", heißt es im Internet. Hintergrund: In dem Schreiben beschuldigt R. ein mutmaßliches Mitglied der "Hatecrew Stralsund", den Briefkasten eines Stralsunder Staatsanwaltes in die Luft gesprengt zu haben (svz.de).
Behörden verhindern Nazi-Planungstreffen in Hamburg
Neonazis planen für Sommer einen Aufmarsch in Hamburg. Am 2. Juni 2012 wollen Rechtsextreme aus dem gesamten Bundesgebiet zum "4. Tag der deutschen Zukunft" (TddZ) durch die Hansestadt ziehen. Führungskräfte der Hamburger Szene bereiten die Demonstration bereits vor. Die Organisation des TddZ liegt vor allem in der Hand des "Kameradenkreises Neonazis in Hamburg" um Tobias Thiessen. Aber auch NPD und die "nationalen Sozialisten" der "Hamburger Nationalkollektiv / Weisse Wölfe Terrorcrew" verlinken den Aufmarsch auf ihrer Webseite. Nach Informationen des Abendblatts wollten sich Neonazis, darunter auch Mitglieder der Hamburger NPD, am 21. Januar zur Planung des TddZ im Vereinshaus eines Hamburger Kleingartenvereins treffen. Dies aber unterbanden die Sicherheitsbehörden, indem sie den Verein über die Hintergründe der Anmietung aufgeklärten, der dann den Mietvertrag mit den Rechtsextremen kündigte (Hamburger Abendblatt).
Frühere Nachbarin von Rechtsterroristin Zschäpe: "Sie hatte so was Unbeschwertes und Lustiges"
Jahrelang lebte Beate Zschäpe mit ihren Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in der Zwickauer Polenzstraße. "Sie hatte so was Unbeschwertes und Lustiges", erzählt eine Nachbarin. Eine Spurensuche in Zwickau (Berliner Zeitung).
Die zwei Leben des Carsten S.
Vom NSU-Helfer zum Anti-Aids-Aktivisten: Der 13. Verdächtige könnte die Ermittlungen gegen die Zwickauer Zelle entscheidend voranbringen (ZEIT online).
Neonazis in Soest unerfolgreich mit rassistischer Propaganda
In Soest versuchen Neonazis, den eines Abiturienten zu instrumentalisieren, der auf einer Abi-Fete niedergestochen wurde. Doch damit haben die Rechtsextremen vor Ort keinen Erfolg (Soester Anzeiger)
Winterbach-Prozess: Zeugen mauern, Zeuginnen stehen massiv unter Druck
"Sie schwören, dass Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben", gibt Joachim Holzhausen, Vorsitzender Richter der 3. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart, vor. Der 18 Jahre alte Zeuge zögert nicht: "Ich schwöre." Ob er sich damit einen Gefallen getan hat, wird sich weisen. Der Zimmermannslehrling gibt vor, nichts, aber auch gar nichts von dem Brandanschlag auf fünf junge Männer in einer Gartenhütte in Winterbach (Rems-Murr-Kreis) mitbekommen zu haben (Schwarzwald-Bote).
Seit NSU-Enttarnung treten Bayerns Nazi "markiger" auf als zuvor
Seit Entdeckung der rechtsextremen Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) haben die Aktivitäten von Neonazis nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zugenommen. "Wir müssen feststellen, dass die Aufdeckung der Taten des Zwickauer Neonazi-Trios nicht dazu geführt hat, dass sich Mitläufer des rechtsextremen Milieus davon distanzieren", sagte der Minister der "Passauer Neuen Presse". Er habe gehofft, dass sich viele Rechte wegen der Mordserie von der Szene abwenden. Tatsächlich aber gebe es in der Neonazi-Szene eine Solidarisierung. "In manchen Bereichen wird nun eher dreister, noch markiger aufgetreten als zuvor", sagte Herrmann weiter. Tja, da waren die Neonazis offenbar von der mörderischen Gewaltbereitschaft ihrer "Kamerad/innen" weniger überrascht als der Minister (boulevard-baden.de).
Nürnberg: Zoff um Verbot der NPD-Tarnorganisation
Es hätte ein starkes Signal werden können gegen die Rechtsradikalen im Stadtrat. Stattdessen trägt das Ringen um einen gemeinsamen Antrag für ein Verbot der NPD und der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ groteske Züge. Die CSU scheut sich, einen Antrag zu unterschreiben, der auch von der Linken mitgetragen wird (Nordbayern.de).
Dortmund: Neonazis stellen wegen Kindesmissbrauchs Angeklagten bloß
Rund 30 Demonstranten aus der rechtsradikalen Szene haben am Dienstagabend unangemeldet vor der Wohnung eines 50-jährigen Mannes in Eving demonstriert. Das war nicht der erste Fall dieser Art in Dortmund. Der Mann steht vor Gericht wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs seiner drei Pflegekinder. Der Angeklagte wurde durch die Propaganda der Neonazis bloßgestellt. Die Rechtsextremen stellen sich in letzter Zeit in Dortmund als vermeintlich einzige Instanz dar, die die Bevölkerung vor Sexualstraftätern warnt. Die Justiz würde grundsätzlich zu milde Urteile verhängen, heißt es. Bei ihren Demonstrationen fordern sie regelmäßig die „Todesstrafe für Kinderschänder“. Am Dienstag skandierten sie laut Zeugenaussagen weitere Parolen, die deutlich an Lynch- und Selbstjustiz angelehnt sind (Dattelner Morgenpost).
DGB und Arbeitgeber rufen zu Schweigeminute für Neonazi-Opfer auf - am 23. Februar um 12 Uhr
Gewerkschaften und Arbeitgeber haben zu einer Schweigeminute für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt aufgerufen. Das Gedenken soll am 23. Februar um 12.00 Uhr stattfinden, wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Sachsen und die Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft (VSW) am Donnerstag in Dresden erklärten (Freie Presse).
Antisemitismus in der Piratenpartei: Kevin Barth findet "den Juden an sich unsympathisch"
Vor Kurzem twitterte Kevin Barth über "die israelische Kackpolitik" und den "Juden an sich". Nun erntet das Mitglied der Piratenpartei harsche Kritik und zieht Konsequenzen aus seiner antisemitischen Äußerung (Tagesspiegel.de).
Auch nicht schön: US-Marines posieren in Afghanistan mit SS-Flagge
Die taz berichtet, dass sich Scharfschützen der US-Marineinfanterie in Afghanistan vor einer Fahne mit einem Symbol fotografieren lassen, das dem der nationalsozialistischen SS ähnelt - wobei "ähnelt" schon schwer untertrieben ist, wie das Foto zeigt.