"Wehrsportgruppen"-Hoffmann durfte im NPD-Haus nicht vortragen +++ Neonazi ist Schriftführer in Kasseler CDU +++ Rechtsextremismusexperte Bernd Wagner: "Die Behörden hatten keine Ahnung, mit wem sie es zu tun haben".
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Hoffmann durfte im NPD-Haus nicht vortragen
Der Vortrag des Gründer der “Wehrsportgruppe Hoffmann”, der am Samstag in einem Leipziger NPD-Zentrum geplant war, hat die rechtsextreme Partei vor Beginn abgesagt. "Das im Besitz der NPD befindliche Versammlungslokal in der Odermannstr. 8 steht mir nicht mehr zur Verfügung”, teilte Karl-Heinz Hoffmann mit. “Der JN-Aktivist, mit dem ich die Vereinbarungen zur Nutzung getroffen hatte, wurde vom Parteivorstand gezwungen, sein gegebenes Wort zurückzunehmen.” Weiter hieß es auf Hoffmanns Seite zu den möglichen Gründen: “Die NPD meint, sie könne sich in Anbetracht des durch die Berichterstattung zur ‘Zwickauer Zelle’ ausgelösten antifaschistischen Tsunamis keine Veranstaltung erlauben.” Und dann kommentierte Hoffmann noch in Richtung NPD-Spitze: “Die gemeinsame Argumentationslinie der Apfelmannschaft unterscheidet sich nicht von der des politischen Establishments.” 1000 GegendemonstrantInnen kamen trotzdem und forderten eine Schließung des Leipziger Nazi-Zentrums (publikative.org, Spiegel online)
Neonazi in Kasseler CDU
Nach Recherchen des Landesmagazins "defacto" im hr-fernsehen ist der Schriftführer des CDU-Stadtbezirksverbandes Kassel-Nord, Daniel Budzynski, seit Jahren Mitglied des rechtsextremen und vom Verfassungsschutz beobachteten "Freien Widerstands Kassel". Bei dem Stadtbezirksverband handelt es sich um den Stadtteil, in dem im April 2006 der Internetcafébesitzer Halit Yozgat ermordet wurde – mutmaßlich von der rechtsterroristischen Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund". Wie "defacto" herausfand, verbreitete Budzynski unter dem Decknamen "Daniel Budze" nationalsozialistisches Gedankengut im Internet. So unterhielt er unter diesem Tarnnamen bis zum vergangenen Donnerstag eine Facebook-Seite. Nach Erscheinen des Bekennervideos der Zwickauer Terrorzelle, in dem die Taten des Nazi-Trios mit Zeichentrickszenen von "Paulchen Panther" kombiniert wurden, setzte Budzynski am 17. November die Comicfigur "Paul Panther" als Konterfei auf seine Facebook-Homepage: offensichtlich eine Solidaritätsadresse an die Zwickauer Terrorzelle. (hr-online, Frankfurter Rundschau).
Wie der Opfer gedenken?
Bundespräsident Christian Wulff und Bundestagspräsident Norbert Lammert streiten nach Informationen des SPIEGEL darum, wie an die Opfer der rechtsradikalen Terrorgruppe aus Thüringen erinnert werden soll. Wulff wollte zunächst eine zentrale Gedenkfeier im Parlament, an der Vertreter von Bund und Ländern gemeinsam teilnehmen sollten. Ein Termin Anfang Dezember war ins Auge gefasst. Lammert hielt jedoch die Bundestagsdebatte in der vergangenen Woche bereits für ausreichend. Nun will Wulff, den das Treffen mit den Angehörigen der Neonazi-Opfer am vergangenen Mittwoch tief bewegte, im Februar eine Veranstaltung mit der Bundesregierung durchführen - ohne Lammert.
Silentmob in Berlin: Einige hundert sind bewegt
Einige hundert Menschen bei Gedenken an Nazi-Opfer in Beriln zum "Silentmob". Sie setzen mit einer Schweigeminute ein Zeichen des Gedenkens an die Opfer der Nazi-Mordserie und gegen Rassismus. Mehrere hundert Menschen beteiligten sich um 13 Uhr an einem "Silentmob" am Brandenburger Tor, wo sie schweigend weiße und rote Rosen niederlegten. Mit der Aktion wolle man für Respekt, Demokratie und Solidarität eintreten, hieß es in einer Veranstaltungsankündigung auf Facebook. Die Farben der Rosen sollten zum einen an die NS-Widerstandsgruppe "Weiße Rose" und zum anderen an die norwegischen Terroropfer erinnern, deren mit roten Rosen gedacht wurde. Viele Teilnehmer nannten die Zeremonie bewegend. Andere waren enttäuscht ob der geringen TeilnehmerInnenzahl (taz). Einen Silentmob gab es auch in Köln (Störungsmelder). Auch in Jena wurde gedacht (otz, nd).
Rechtsextremismusexperte Bernd Wagner: "Die Behörden hatten keine Ahnung, mit wem sie es zu tun haben"
SPIEGEL ONLINE: Herr Wagner, gibt es Ihrer Einschätzung nach noch mehr Terrorzellen wie den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU)?
Wagner: Ich gehe davon aus. Wir müssen jedoch aufhören, dabei immer an die RAF zu denken. So tickt der rechte Terror nicht. (Spiegel online)
“Breivik ist kein einsamer Verrückter”
Der schwedische Gewaltforscher Professor Peter Gill wird von ähnlich strukturierten Tätern bedroht, seit er der norwegischen Tageszeitung Vårt Land ein Interview gegeben hatte. “Es ist falsch, Breivik nur als einen einsamen Verrückten zu sehen”, hatte Gill im Interview gewarnt und erklärt, dass dessen Taten Nachahmer auch auf anderen Gebieten finden könnten. So sei in Norwegen die Zahl der Vergewaltigungen nach dem Massaker stark angestiegen. "Es wird norwegische Männer geben, denen Breivik imponiert – seine Taten können ein Trigger für andere sein, ebenfalls Grenzen zu übertreten", sagte Gill und widersprach damit auch dem in Norwegen vorherrschenden Eindruck, dass die Vergewaltiger fast ausschließlich Migranten seien – derzeit wird zwar ein mittlerweile nach Pakistan geflohener Mann verdächtigt, für einige der Taten verantwortlich zu sein, aber die Mehrzahl der Täter dürften trotzdem gebürtige Norweger sein. Hass mit erfundenen Geschichten über sexuelle Übergriffe zu schüren gehört dabei schon lange zum Repertoire der von Anders Behring Breivik präferierten Blogs und Webseiten (publikative.org).
Hamburg: Soko untersucht potenzielle Morde von Nazis ab 1995 erneut
Die Hamburger Polizei hat erste konkrete Konsequenzen aus der Aufdeckung der von Rechtsradikalen begangenen Mordserie gezogen, der im Jahr 2001 auch ein Hamburger Türke zum Opfer gefallen ist. Im Rahmen der Ermittlungen gegen die rechte Terrorzelle aus Zwickau sind jetzt auch in Hamburg zwei Sonderkommissionen eingerichtet worden. Die Soko "Netz", die nach der Tötung von Gemüsehändler Süleymann T. (31) im Jahr 2001 die Ermittlungen aufnahm, wurde wieder eingesetzt. Gleichzeitig soll die neue Soko "Fokus" in Hamburg vor allem ungeklärte Taten auf einen möglichen rechtsradikalen Hintergrund prüfen. Es sind 31 Tötungsdelikte, 74 Banküberfälle und sechs Sprengstoff-Taten aus den Jahren 1995 bis heute, die die Ermittler der Soko "Fokus" erneut unter die Lupe nehmen sollen. Dabei soll nicht nur geprüft werden, ob die Taten von der Terrorzelle aus Zwickau verübt wurden. Es soll auch nach Hinweisen gesucht werden, die darauf hindeuten, dass andere Rechtsradikale die Tat verübten (Welt).
Mein Nachbar Philippe, der Neonazi
"Da lebt man im friedlichen Städtchen Kempen. Bis man auf die ersten rechtsradikalen Spuren stößt. Und schließlich den Mann trifft, der dahintersteckt." Reportage in der Welt, die gut beschreibt, wie aus einer ersten Ahnung ("sieht aus wie ein Nazi") Gewissheit wird - und wie sich die Nachbarn bemühen, nicht zu sehen, was offen zu sehen ist.
Rechter Mob verschickt Todesdrohungen an Linke-Politiker in Berlin
Linke-Politiker im Fadenkreuz der Neonazis. Zehn Parteimitglieder, die im September auf der Landesliste oder als Direktkandidaten für das Abgeordnetenhaus gestanden hatten, erhielten Todesdrohungen, berichtet der Berliner Kurier.
Brauner Terror: „Dich kriegen wir auch noch“
1997 erschoss Neonazi Kay D. den Polizisten Stefan Grage. Schon damals war von braunem Terror die Rede. Die Mutter des Opfers lebt in Angst. Nazis bedrohen sie bis heute (Lübecker Nachrichten).
Zossen: Prozessauftakt gegen Nazi-Brandanstifter
Seit dem 24. November steht der 25-jährige Neonazi Daniel T. vor dem Amtsgericht Zossen. Dort muss er sich unter anderem wegen der Anstiftung zum Brand, der in der Nacht vom 22. zum 23. Januar 2010 im „Haus der Demokratie“ entstand, verantworten. (mut-gegen-rechte-gewalt.de).
Reif für den Zeitgeist
Die »Occupy«-Bewegung entspricht voll und ganz dem »postideologischen« Common Sense großer Teile der Gesellschaft. Kein Wunder also, dass sich die krudesten Sekten und Milieus dort wiederfinden (Jungle World).
Bremen: Schlägerei nach Verbot von Neonazi-Konzert
Nach dem Verbot eines Konzertes einer Hooliganband in Bremen hat die Polizei am Sonnabend etwa 100 angereiste Besucher zur Heimreise gedrängt. Es habe die konkrete Gefahr von Rechtsverstößen bestanden, hieß es von der Polizei. „Das hoch konspirative Vorgehen der Konzertveranstalter“ zeige, dass jegliche Kontrolle verhindert werden solle. Zunächst wollte die Gruppe das Konzert daraufhin in Bremerhaven veranstalten, dies wurde von der Verwaltungspolizei untersagt. Wie der „Weser-Kurier“ berichtet, kam es zu einer Schlägerei zwischen Anhängern der rechten und linken Szene (nwzonline).
Saarland: Saarbrücken als Zentrum der Neonazis
Laut Verfassungsschutz stammt ein großer Teil der gewaltbereiten Rechtsextremen im Saarland aus dem Regionalverband. Beobachtern wie dem Grünen-Stadtverordneten Thomas Brück gehen die Bemühungen der Behörden nicht weit genug (Saarbrücker Zeitung).
Nazis missbrauchen Mitglieder der "Weißen Rose"
Wie Rechtsextreme darauf kommen, die Geschwister Scholl für rechtsextreme Werbung zu missbrauchen (sueddeutsche.de).
Rechtsextreme in Bayern
Ermittler schätzen, dass es in Bayern etwa 700 gewaltbereite Neonazis gibt. Immer im Visier der Rechtsextremen: die Jugend. Doch wie reagieren, wenn das eigene Kind beim Frühstück plötzlich den Holocaust leugnet? Experten beraten Eltern, deren Kinder in die rechtsextreme Szene abgerutscht sind (sueddeutsche.de).
Glinde: 500 gegen Nazi-Geschäft
Rund 500 Menschen haben am Sonnabend in Glinde (Kreis Stormarn) erneut gegen ein Geschäft mit Kleidung des bei Rechtsextremen beliebten Labels "Thor Steinar“ protestiert (Hamburger Abendblatt).
Initiative der Regensburger Wirte: Kein Bier für Rassisten
Mehr als 130 Regensburger Gastwirte bedienen in ihrem Lokal keine Rassisten - das haben sie unterschrieben. Neonazis werde so der öffentliche Raum entzogen, sagt einer der Mitstreiter von “Keine Bedienung für Nazis“. Er wünscht sich die Initiative bundesweit (ovb-online).
Unklare Unterstützung zivilgesellschaftlicher Projekte
Bei der Haushaltsdebatte am 24. November im Bundestag ging es um den Etat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die Förderung von Projekten gegen Rechtsextremismus stand dabei zumeist im Mittelpunkt der Debatte. Forderungen nach der Abschaffung der Extremismusklausel und unbürokratischer Unterstützung wird weiterhin nicht nachgekommen (mut-gegen-rechte-gewalt.de).