02.08.2011 ... Nach den Rechten sehen

Neonazi-Aufmarsch in Bielefeld am Wochenende? +++ Bayrische Verfassungsschützer entdecken die sozialen Netzwerke +++ Neonaziübergriffe in Dortmund häufen sich – Verbot der Aufmärsche im September gefordert +++ Die Anschläge von Norwegen werden dem europäischen Rechtspopulismus auf Dauer nicht schaden

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Neonazi-Aufmarsch in Bielefeld am Wochenende?
Ein Rechtsradikaler aus Minden soll eine Demonstration am Samstag von 18 – 23 Uhr angemeldet haben. Zuvor wollen die Neonazis im etwa 80km entfernten Bad Nenndorf zum so genannten „Trauermarsch“ aufmarschieren. (Neue Westfälische Zeitung)

Bayrische Verfassungsschützer entdecken die sozialen Netzwerke
Dass sich Neonazis heute vorwiegend über das Internet, speziell soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder StudiVZ, vernetzen, bereitet dem Bayrischen Verfassungsschutz zunehmend Sorgen. Neben der „Neuregelung“ der Vorratsdatenspeicherung fordert Innenminister Herrmann deshalb auch eine bessere bundesweite Zusammenarbeit gegen Extremismus im Netz. (Süddeutsche Zeitung)

Neonaziübergriffe in Dortmund häufen sich – Verbot der Aufmärsche im September gefordert
In der Nacht zu Freitag griffen vier vermummte Neofaschisten eine fünfköpfige Gruppe linker Jugendlicher mit Baseballschlägern und Messern an und bewarfen diese mit Flaschen und Steinen. Während die gerufene Polizei die Täter nicht dingfest machen konnte, gingen die Beamten hingegen gegen die Opfer der rechtsextremen Gewalttäter vor, denen sie vorwarfen, Plakate mit der Aufschrift „No Nazis“ an einer Bushaltestelle geklebt zu haben. Den Jugendlichen wird Sachbeschädigung vorgeworfen. Die Forderung nach einem Verbot der Neonazi-Aufmärsche am 2. und 3. September wird lauter. Das Bündnis „Dresden stellt sich quer“ ruft zudem zu wirksamen Blockaden der Neonazis auf. (Junge Welt)

Auch in diesem Jahr wird der „Nationale Anti-Kriegstag“ am 3. September in Dortmund, eine der wichtigsten Veranstaltung der bundesdeutschen Neonazi-Szene sein. Bereits am Abend des 2. September wollen die Rechtsextremen demonstrieren, mit Live-Musik szenebekannter Bands. (Blick nach Rechts)

Die Anschläge von Norwegen werden dem europäischen Rechtspopulismus auf Dauer nicht schaden
Die Tat des Anders Behring Breivik sorgt für weltweites Entsetzen und die europäischen Rechtspopulisten bemühen sich nach Kräften um Distanzierung. Christoph Seils erklärt im Tagesspiegel, warum die Anschläge zwar für kurzfristige Einbrüche in den Zustimmungswerten rechtspopulistischer Parteien sorgen könnten, das grundsätzliche Wählerpotential jedoch nicht gefährdet sei. (Tagesspiegel)

Löst die Islamphobie den Antisemitismus der Neuen Rechten ab?
Viele rechtspopulistische Parteien, allen voran die niederländische PVV von Geert Wilders, lösen sich vom Antisemitismus – das neue Feindbild der Ultrarechten ist der Islam. Ob die Rechtspopulisten den Antisemitismus wirklich abgelegt haben oder ob sie nur erkannt haben, dass Judenhass die Wählerstimmen mindert, ist unklar. (Der Standard)

Rechtspopulisten auf dem Vormarsch
Die europäischen Rechtspopulisten zeichnen sich natürlich durch ihren ausgeprägten Nationalismus aus, dennoch scheint es „diesen Strömungen im Grunde um eine gemeinsame westeuropäische Identität“ zu gehen, „die Abgrenzung zu nicht-europäischen Kulturen wie dem Islam." Der Populismusforscher und Politikprofessor Frank Decker nennt drei Dimensionen, die den wachsenden Erfolg und Zulauf von europäischen Rechtspopulisten erklären. Dass es in Deutschland noch keine rechtspopulistische Partei geschafft habe, auf Bundesebene erfolgreich zu sein, sei verwunderlich, aber aufgrund der historischen Stigmatisierung logisch. (Das Parlament)

„Pädophilen-Jäger“ aus Rendsburg: von der Presse gerühmt, von der Antifa enttarnt
Die Schleswig-Holsteinische Landeszeitung lobte bereits im Juni die Arbeit des 26jährigen Dennis Grube, der via Facebook „Jagd auf Pädophile“ macht. Die lokale Antifa wies die Zeitung darauf hin, dass Grube eindeutig der rechtsextremen Szene zuzuordnen ist. Die Redaktion nahm den Artikel jedoch nicht von ihrer Website. Auf Facebook wurde derweil der „Medien-Coup“ gefeiert: von Neonazis. Mittlerweile warnt sogar der schleswig-holsteinische Verfassungsschutz vor dem Internetauftritt der Neonazis auf Facebook. (taz) (Antifa Rendsburg) (Blick nach Rechts)

Bayern: Verfassungsschutz fürchtet Neonazi-Netzwerk im Landkreis Erding
Im April 2011 fanden zwei Treffen der Neonaziszene im Landkreis Erding statt, beide offenbar organisiert vom „Rechts-Terroristen“ Martin Wiese. Wiese hatte 2003 einen Bombenanschlag auf die Grundsteinlegung des Jüdischen Kulturzentrums in München vorbereitet und wurde 2005 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Laut Verfassungsschutz habe Wiese seit seiner Haftentlassung 2010 eine Schlüsselrolle beim Wiederaufbau der zersplitterten regionalen Neonaziszene inne. (Süddeutsche Zeitung)

NPD-Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern: „Mehr Krampf als Kampf“
Norbert Nieszery, SPD-Fraktionsvorsitzender im Schweriner Landtag, setzt eine Flasche edelsten Rotwein darauf, dass die NPD bei den Landtagswahlen Anfang September nicht ins Parlament einziehen wird. Ob das ein mutiger Einsatz ist, sei dahingestellt, tatsächlich wird es die NPD, die bei den Landtagswahlen 2006 7,3% der Stimmen erhielt, dieses Mal schwer haben, die 5-Prozent-Hürde zu knacken. Nach der neuesten Umfrage liegt die NPD bei vier Prozent. Vor den Wahlen 2006 lagen die Rechtsextremen jedoch auch nicht höher. (Berliner Zeitung)

Vielfältiger Widerstand gegen Neonazi-Konzert in Gera
Auch in diesem Jahr veranstaltet die NPD das „Rock für Deutschland“ Konzert im thüringischen Gera. Für den 6. August wurden zahlreiche Gegenveranstaltungen angemeldet. (Mut gegen rechte Gewalt)

Verschwörungstheoretiker „analysieren“ den Massenmord in Norwegen
In Wirklichkeit sei Anders Behring Breivik ein Freimaurer gewesen, andere behaupten, die Tat sei von Geheimdiensten geplant. Wieder andere sind überzeugt, dass die Anschläge logische Konsequenz von „Masseneinwanderung und Multikulturalismus“ seien. Einig ist man sich nur darüber, dass das, was Medien, Politik und Öffentlichkeit über die Taten verbreiten unwahr sei und „die Wahrheit“ mit allen Mitteln unterdrückt werden. (haGalil.com)

Neonazis in Jamel: NPD-Wahlkampf und „Hammerskin-Party“
Ein geheimes „Hammerskin-Konzert“ lockte am Wochenende über 200 Besucher aus dem gesamten Bundesgebiet in den kleinen Ort in Mecklenburg-Vorpommern. Offenbar war das Fest eine Solidaritäts-Veranstaltung für den ehemaligen NPD-Kommunalpolitiker Sven Krüger, der sich zurzeit wegen gewerbsmäßiger Hehlerei und Waffenbesitz vor Gericht verantworten muss. In Mecklenburg-Vorpommern ist der NPD-Wahlkampf in vollem Gange. Am 4. September wollen die Rechtsextremen erneut in den Landtag einziehen. (Blick nach Rechts)

Rassistische Gewalt in Russland
In Umfragen gaben mehr als die Hälfte der Russen an, sie hätten gerne bestimmte ethnische Minderheiten ganz des Landes verwiesen. Rassistische Schimpfwörter gehören auf den Straßen längst zum geläufigen Wortschatz. Im vergangenen Jahrzehnt hat sich die rassistische Gewalt als fester Bestandteil des russischen Lebens etabliert. Im Jahr 2008 wurden in Russland durchschnittlich neun Menschen pro Monat bei rassistischen Gewaltakten getötet. In einem umfangreichen und lesenswerten Artikel stellt Autor Konrad Putzier die aktuelle Situation in Russland dar. (Die Welt)

„Haudegen“ bei Rock gegen Rechts Konzert in Jamel
Am kommenden Wochenende findet zum fünften Mal das Musikfestival „Jamel rockt den Förster“ statt. „Der Festivalbesuch bietet allen die Chance, mit der eigenen Anwesenheit zu dokumentieren, dass Mecklenburg bunt bleibt – in Jamel und überall.“ Die Veranstalter, das Künstlerpaar Birgit und Horst Lohmeyer, freuen sich in diesem Jahr besonders über den Auftritt der Band „Haudegen“, die „Senkrechtstarterband in Sachen Deutschrock“. (Endstation Rechts) (forstrock.de)

Proteste gegen Neonazi-Aufmarsch in Bad Nenndorf
Der Rat der Samtgemeinde Rodenberg hat eine Resolution gegen den Neonazi-Aufmarsch am 6. August in Bad Nenndorf verabschiedet. In der Erklärung fordern die Politiker: „Zeigen Sie dann Zivilcourage, wenn andere die Werte der Demokratie, insbesondere der Unantastbarkeit der Würde des Menschen, bei einem sogenannten Trauermarsch mit Füßen treten und in den Dreck ziehen wollen.“ Eine friedliche Gegendemonstration soll am Samstag zwischen 8 und 11 Uhr stattfinden. Im Anschluss daran können sich die Teilnehmer/innen an weiteren Gegenprotesten beteiligen. (Schaumburger Nachrichten)

Bayern: Rechtsextremes Gedankengut in den Reihen der Jungen Union
Gerade wählte die Junge Union München einen neuen Vorstand, da tauchen Facebook-Postings ihrer Mitglieder auf, die martialisches bis rechtsextremes Gedankengut verbreiten. Der Hauptinitiator Thomas S. ist in der Jugendorganisation der CSU kein Unbekannter. Viele Angehörige der Jungen Union sind schockiert. (Münchner Merkur)

Berliner Bündnis gegen Rechtspopulismus
Das Bündnis stellte vergangene Woche eine Infobroschüre zu Rechtspopulismus in Berlin und die Rolle von Rassismus als Bindeglied zwischen der "Mitte" der Gesellschaft und Neonazismus vor. Die Kampagne „Zusammen handeln!“ möchte Thematik und Gefahren des Rechtspopulismus vor den Abgeordnetenhauswahlen im September noch einmal offensiv in die Öffentlichkeit tragen. (taz)

Wie halte ich Neonazis von meiner Veranstaltung fern?
Mut gegen rechte Gewalt gibt Tipps, wie man sich auf ungebetene Gäste vorbereitet und Neonazis von der eigenen Veranstaltung fernhält. Ob Podiumsdiskussion, Gedenkfeier oder Konzert. (Mut gegen rechte Gewalt)

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