NPD verhöhnt Opfer der Attentate in Norwegen +++ Rechtspopulisten planen zwei Groß-Events in Berlin +++ Die Islamfeindlichkeit wurde zu lange verharmlost +++ Nordhausen: Neonazi-Aufmarsch am Samstag – keine Gegendemos angemeldet +++ Antiziganismus in Deutschland
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
NPD verhöhnt Opfer der Attentate in Norwegen
Die Anschläge würden genutzt, um die NPD zu verbieten, vermuten die Rechtsextremen. Von Anteilnahme mit den Opfern ist nichts zu lesen. Im Gegenteil, die NPD vergleicht die Tat in Oslo mit dem gescheiterten Attentat an Adolf Hitler am 20. Juli 1944: „die politische Klasse der BRD (hat) erst vor wenigen Tagen den Bombenanschlag vom 20. Juli erneut als legitimes Mittel der Politik gefeiert (…). Auch bei diesem Anschlag kamen Unschuldige zu Tode“, heißt es auf der offiziellen NPD-Internetseite. (Spiegel)
Rechtspopulisten planen zwei Groß-Events in Berlin
Am 27. und 28. August lädt „pro Deutschland“ zum „Anti-Islamisierungs-Kongress“ in die Hauptstadt. Rund 1000 Teilnehmer werden erwartet, darunter ultrarechte Politiker aus Belgien und Österreich. Am Samstagabend findet ein Grillfest an einem – aus Sicherheitsgründen – geheim gehaltenen Ort statt. Sonntags wollen die Rechtspopulisten mit einer großen Demonstration unter dem Motto „Wählen gehen für Thilos Thesen“ durchs Brandenburger Tor marschieren. Eine Woche später, am 3. September kommt der niederländische Rechtspopulist und Islamhasser, Geert Wilders, auf Einladung der Partei „Die Freiheit“ nach Berlin. Breite Gegenproteste sind angekündigt. (taz)
Die Islamfeindlichkeit wurde zu lange verharmlost
Die Zeit veröffentlichte heute ein umfangreiches und lesenswertes Dossier zu den Anschlägen in Oslo und Utoya. Dort heißt es: „Nur wer die allseits hörbare Islamfeindlichkeit, die Wahlerfolge rechtspopulistischer Parteien, die immer ekelhafteren Beschimpfungen von Muslimen in einschlägigen Foren und Blogs im Internet für ungefährlich hielt, kann behaupten, Breivik sei »aus dem Nichts« gekommen. Nur wer den zunehmenden Verfall demokratischer Sitten, die Abnahme des Respekts vor Andersdenkenden, die Zunahme fremdenfeindlicher Ressentiments auch im medialen Mainstream nicht sehen wollte, kann ihn für eine überraschende Erscheinung halten.“ (Zeit)
Nordhausen: Neonazi-Aufmarsch am Samstag – keine Gegendemos angemeldet
Für den kommenden Samstag meldete eine Einzelperson „aus der rechten Szene“ eine Veranstaltung in der Nordhäuser Innenstadt an. Unter dem Motto „Keine Panzer für Nahost“ wollen bis zu 150 Teilnehmer zwischen 12 und 18 Uhr demonstrieren. Gegenveranstaltungen wurden bis jetzt nicht angemeldet. (Thüringer Allgemeine)
Antiziganismus in Deutschland
Der Holocaustüberlebende Wilhelm Reinhardt ist einer von ca. 70.000 Sinti und Roma in Deutschland. In Trier gehören Angriffe und Beschimpfungen für ihn zum Alltag. Nachdem er im April von fünf jungen Leuten mit Glasflaschen beworfen wurde, die dabei „Zigeuner raus!“ brüllten, erstattete er Anzeige. Obwohl die Täter gefasst wurden, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein: wegen Geringfügigkeit. (taz)
Verfassungsschutz: Anders Behring Breivik kein Neonazi
In einer Expertise des Bundesamts für Verfassungsschutz, die Mitte dieser Woche an deutsche Sicherheitsbehörden verschickt wurde, wird der Attentäter von Oslo und Utoya nicht als Neonazi eingestuft. Schließlich habe er sich als „Feind der Nazis“ ausgegeben und sei auch nicht „kritisch zu Israel“. Die Behörde stuft ihn als anti-islamischen, fremdenfeindlichen Einzeltäter ein. (Süddeutsche Zeitung)
BND: Kein europäisches Rechtsextremen-Netzwerk
Der Bundesnachrichtendienst hat „keine Erkenntnisse darüber, dass sich eine grenzüberschreitende militante Bewegung oder sogar ein internationaler Rechtsterrorismus entwickelt“. Die deutschen Sicherheitsbehörden seien gegen alle Formen des Extremismus sehr gut aufgestellt. Sie arbeiteten eng verzahnt und erfolgreich. (ZDF heute)
Razzia gegen „Terror Crew Muldental“
Bereits am Mittwoch durchsuchten etwa 150 Einsatzkräfte 31 Gebäude in Sachsen. Neben Computern, Handys, CDs, Foto- und Videomaterial seien auch Präzisionsschleudern, Messer, Pyrotechnik und Sturmhauben sichergestellt worden. Die „Terror Crew Muldental“ wird vom Landesverfassungsschutz schon länger beobachtet und als gewaltbereit eingestuft. Mitglieder der rechtsextremen Vereinigung hatten bspw. im Oktober 2009 Anhänger des Fußballvereins Roter Stern Leipzig angegriffen. Offenbar bereiten Polizei und Staatsanwaltschaft ein Verbot der „Terror Crew“ vor. (MDR)
NPD-Kundgebung in Greifswald geplant
Die NPD meldete eine Veranstaltung mit 50 Teilnehmern für den kommenden Samstag in der Ostrowskistraße an. Einer der beiden Anmelder ist Michael Gielnik, der sich weigerte eine Erklärung zu unterzeichnen, in der er sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennt. Diese ist aber Voraussetzung zur Kandidatur als Landrat. Als Landrat will sich Gielnik, nach eigenen Angaben, „für den Aufbau einer wahren Volksherrschaft in Deutschland einsetzen“. Richtschnur seines Handelns solle „allein das Wohl und der biologische Fortbestand des deutschen Volkes“ sein. Die Landeswahlleitung untersagte Gielnik jetzt die Kandidatur. (Ostsee-Zeitung) (Nordkurier)
Hoffnung für „Nazi-Dorf“ Jamel?
Der Bürgermeister der Gemeinde Gägelow, zu der auch das Dorf Jamel zählt, plant den Neubau von bis zu 13 Häusern in dem Ortsteil der bundesweit Schlagzeilen machte. Von den 37 Jameler Einwohnern gehört mindestens die Hälfte der rechtsextremen Szene an. Mit der Investition in ein neues Wohngebiet hofft Bürgermeister Uwe Wandel auf Veränderung: „Sicherlich haben wir hier Probleme mit rechtsradikal orientierten Leuten. Aber ich denke mal, dass sich das mittelfristig vielleicht auch verändern wird. Zumindest der Ort so gestaltet werden kann, dass es hier auch für jedermann möglich ist, in Frieden zu leben“. (Lübecker Nachrichten)
Wie Rathmannsdorf die NPD stark macht
Im kleinen Dorf der Sächsischen Schweiz erhielt die NPD bei der Gemeinderatswahl 2009 elf Prozent der Stimmen. Weit weniger als in einigen Nachbargemeinden. Für die kommenden Wahlen sind höhere Wahlergebnisse für die NPD zu befürchten. Die 1000-Einwohner-Gemeinde macht ziemlich viel falsch, was man im Umgang mit den Rechtsextremen falsch machen kann. Die Heinrich-Böll-Stiftung sieht Rathmannsdorf als ein mustergültiges Beispiel dafür, wie Kommunalpolitiker die NPD geradezu einladen, sich zu profilieren. Immer wieder liefere die Gemeinde der NPD "Steilvorlagen", heißt es in der gerade veröffentlichten Studie „Nazis in den Parlamenten“. (Zeit)
NPD-Wahlkampf – Thematisch taktieren oder taktisch thematisieren?
Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern – Kreisgebietsreform und Arbeitnehmerfreizügigkeit verdeutlichen Standpunkt und Strategie der NPD im Vergleich zu ihren demokratischen Kontrahenten. (Mut gegen Rechte Gewalt)
„Geistige Brandstifter“ Videobeitrag zum Internetportal „Politically Incorrect“
Das Attentat in Norwegen ist auch Thema in deutschen islamkritischen Internetforen, zum Beispiel bei „Politically Incorrect“. Während die Welt in Trauer und Entsetzen innehält, sind hier viele relativierende, ja rechtfertigende Kommentare zu lesen. Report Mainz informiert. (Sendung vom 25.7.2011)
Rechtsextreme Vernetzungen in Baden-Württemberg
Nach der landesweiten Razzia gegen die rechtsextreme Vereinigung „Standarte Württemberg“ werden die Netzwerke der Neonazis ermittelt. So unterhielt die „Standarte“ offenbar Verbindungen zum tot geglaubten „Heidnischen Sturm Pforzheim“. In Pforzheim galt der „Freundeskreis Ein Herz für Deutschland“ als einzige ernstzunehmende rechtsextreme Größe. (Pforzheimer Zeitung)
Neonazi-Fest in Marktheidenfeld: Gemeinde stellt sich quer
Die Veranstalter aus der süddeutschen Neonazi-Szene haben ein „Familienfest“ mit rund 300 Teilnehmern angemeldet. Die Gemeinde prüft derzeit, wie sie die Veranstaltung im August verhindern kann. (BR)
Gegen Rechtspopulismus in Berlin
Das Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“ lädt zur Pressekonferenz. Themen sind die Anschläge in Norwegen, die Vorstellung der neuen Broschüre „Rechtspopulismus in Berlin“ sowie der Beginn der Kampagne „Zusammen handeln! Gegen rassistische Hetze und soziale Ausgrenzung“. (Mut gegen Rechte Gewalt)
Geras Bürgermeister spricht sich gegen Neonazi-Konzert aus
Am 6. August soll in der thüringischen Stadt das Rechtsrock-Festival „Rock für Deutschland“ stattfinden. Dr. Vornehm, Oberbürgermeister, fürchtet, „dass die Veranstaltung der NPD für den einen oder anderen Anlass sein könnte, Gewalt auszuüben“. Gerade vor dem Hintergrund der Anschläge in Norwegen liege ihm sehr daran, „dass diese Veranstaltung nicht stattfindet.“ Direkte oder indirekte Aufrufe zur Gewalt seien nicht durch das demokratische Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. (Stadt Gera)
Nach Relativierung der Anschläge in Norwegen: FPÖ schließt Abgeordneten aus
Die rechtspopulistische „Freiheitliche Partei Österreichs“ schloss den Abgeordneten Werner Königshofer aus Fraktion und Partei aus. Der 58-jährige Abgeordnete hatte auf seiner Facebook-Seite einen Leitartikler kritisiert, der nach dem Massaker in Norwegen vor der Gefahr des Rechtsextremismus in Österreich gewarnt hatte. Königshofer warf dem Journalisten vor, sich nie zur Gefahr des Islamismus geäußert zu haben, obwohl dieser tausend Mal öfter in Europa zugeschlagen habe. Königshofer war schon häufiger wegen seiner Äußerungen und engen Vernetzung zur Neonazi-Szene kritisiert worden. (N24)
Potentielle Aussteiger besser erreichen
EXIT-Deutschland hilft Menschen, die aus der Neonazi-Szene aussteigen wollen. Heute geht die neue Webseite von EXIT online. Wir sprachen mit zwei MitarbeiterInnen von EXIT-Deutschland über die Entstehung, Neuheiten und Absichten des neugestalteten Internetauftritts. (Mut gegen Rechte Gewalt)