Wochenrückblick 04/2010: Im Schatten der möglichen Demonstrationen in Dresden

"Pro" wird reich, DVU wird arm, NPD wird laut. Nazi-Szene und Gegendemonstranten rüsten sich für Dresden, der Staat möchte dort nur Ruhe.

Parteien

Gewinner der Woche unter den Rechtsaußen-Parteien ist die rechtspopulistiche Partei "Pro NRW": Der schwedischer Industrielle Patrik Brinkmann hat angekündigt, ihr 5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen - unter anderem will er ein Zentrum für "Opfer des Islamismus" ins Leben rufen. Noch zudem haben die belgischen Rechtspopulisten von "Vlaams Belang" angekündigt, die "Pro"-Partei in NRW und Berlin unterstützen zu wollen.

Schlechte Nachrichten dagegen für die DVU: Ihr stehen heftige finanzielle Verluste ins Haus. Durch Wahlschlappen des vergangenen Jahres sie verliert rund 25 Prozent der bisherigen Zuwendungen aus der Parteienfinanzierung und muss zudem für 2009 zu hohe Zahlungen in fünfstelliger Höhe an die Staatskasse zurückzahlen. Aber aufgeben will sie nicht und kündigte an, bei der nächsten Wahl zur Bremischen Bürgerschaft im Jahr 2011 anzutreten.

Von der NPD waren in dieser Woche nur Kleinigkeiten zu hören. Der desolate Berliner Landesverband will sich durch eine neue Führung reaktivieren: Uwe Meenen und Eckart Bräuniger, beide eher dem Neonazi-Flügel der Partei zuzurechnen, wollen die Geschäfte vom amtsmüden Sänger Jörg "Hähnchen" Hähnel übernehmen.

Aufregung gab es in Düren bei Köln, wo die NPD offenbar das Angebot hat, eine Kneipe als Schulungsort zu übernehmen - aber unklar ist, ob sie dafür liquide genug ist.

Um in den Medien nicht vergessen zu werden, provozierte zudem Holger Apfel, Fraktionsvorsitzender der NPD Sachsen, am Holocaust-Gedenktag im Landtag, der NPD-MV-Fraktionsvorsitzender Udo Pastörs einen Tag später mit NS-verherrlichender und geschichtsrevisionister Hetze.

Demonstrationen in Dresden

Was passiert am 13. Februar in Dresden? Die Neonazis wollen durch die Stadt marschieren, Gegendemonstranten wollen dies verhindern. Die Stadt entschloss sich in dieser Woche zur folgenden Strategie: Gegner des Nazi-Aufmarsches wegen Plakaten mit Aufruf zur Blockierung desselbigen verhaften, Plakate beschlagnahmen, die Website zur Mobilisierung sperren und damit den Widerstand gegen Demokratiefeinde in einer Art und Weise zu kriminalisieren, dass es fast wie eine falsch angepackte Aufmerksamkeitsmaßnahme wirkt. Aktuellster Stand: Zumindest werden plakatierende Menschen nun nicht mehr verhaftet.

Unterdessen wurden Neonazis wie Gegendemonstranten sämtliche Demonstrationen in der Innenstadt untersagt. Nur noch räumlich feststehende Kundgebungen sollen zugelassen werden - die sind für die Polizei leichter zu trennen. Die Veranstalter des rechten Aufmarsches, die "Junge Landsmannschaft Ostdeutschland", kündigte Klage gegen das Verbot an.

Justiz

Zweites Urteil gegen Mitglieder der Neonazi-Kameradschaft "Freie Kräfte Schwalm-Eder" (FKSE) wegen Gewalttaten: 15-monatige Jugendstrafe für Verletzung eines Polizisten (Frankfurter Rundschau).

Nach einer brutalen Attacke in einem Wuppertaler Bahnhof ist laut Bild.de ein Neonazi zu sechs Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt worden. Der Nazi-Skinhead hatte demnach einem 20-Jährigen den Schädel gebrochen, weil dieser rechte Parolen spöttisch kommentiert hatte (npd-blog.info).

Amtsgericht Neustrelitz: Freiheitsstrafen für vier Neonazis wegen Körperverletzung - aber erst 28 Monate nach der Tat (NPD-Blog.info).

Ursula Haverbeck-Wetzel, frühere Vorsitzende des rechtsextremen "Collegium Humanum", streitet vor dem Verwaltungsgericht Minden um Gegenstände, die bei einer Polizeirazzia beschlagnahmt wurden, aber ihr Privateigentum seien - u.a. antisemitische Hetzschriften, die sie selbst verfasst hat (Mindener Tageblatt).

Berlin: Relativ milde Strafen für Neonazis, die im Sommer nach einem Besuch der Disko "Jeton" den 22-jährigen Studenten Jonas K. brutal zusammenschlugen und u.a. auf seinen Kopf traten ("Bordsteinkick"). Der Haupttäter, ein 26-jähriger Neonazi, wurde zu fünfeinhalb Jahren Haft wegen versuchten Totschlags (nicht versuchten Mordes, wie angeklagt) verurteilt, zwei Mittäter bekommen zwei Jahre Haft auf Bewährung, ein vierter Mittäter wurde freigesprochen. Mildernd kam für die Täter hinzu, dass das Gericht davon ausging, eine Gruppe linker Jugendlicher, zu der vermutlich auch das spätere Opfer Jonas K. gehört habe, hätte die Nazis zuerst angegriffen. Umso erstaunlicher allerdings die richterliche Bewertung der Tatumstände: Es sei "eine fürchterlich niederträchtige Gewalttat" gewesen, und die Angeklagten stammten zwar aus dem "rechtsgerichteten Milieu". Aber ihre politische Gesinnung habe nichts mit der Tat zu tun. (Berliner Morgenpost, taz, Tagesspiegel).

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