Görlitz – die Landtagswahlen stehen vor der Tür. Eine Plakat-Aktion der NPD ruft auf, die „polnische Invasion“ zu stoppen. Diese erneute Offenbarung der rechtsextremistischen Gesinnung der Partei lassen sich die Görlitzer Bürger nicht bieten. Mit einer spontanen Gegenaktion setzten sie ein Zeichen.
Von Bea Marer
Die Besonderheit der Stadt Görlitz ist ihre Zweigeteiltheit, der deutsche und der polnische Teil sind durch die Neiße voneinander getrennt. Nicht nur durch die Brücken über den Grenzfluss sind die zwei Staaten miteinander verbunden, Görlitz versteht sich als Europastadt und nutzt jede Gelegenheit, um auch in allen Bereichen des Zusammenlebens Brücken zu schlagen.
Der NPD nicht das Feld überlassen
Das friedliche Zusammenleben wurde der NPD offensichtlich zu viel. Derzeit schocken ihre Hetz-Plakate, die sich durch den deutschen Stadtteil ziehen und besonders an den Grenzübergängen zu finden sind. Die NPD wettert darauf kämpferisch „Stoppt die polnische Invasion!“. Klarer Geschichtsrevisionismus – passend zum 70. Jahrestag des Überfalls auf Polen am 1. September und Beginn des 2. Weltkriegs. Die eigene, umgedeutete Version dieses Ereignisses kommt der NPD zur Landtagswahl am 27. September gerade recht.
Die Bürgerinitiative „Aktionskreis für Görlitz e.V.“ hat sich deshalb spontan zu einer Gegenaktion entschieden, um Widerstand zu zeigen.
Am Montag, den 10.08.2009 werden 400 Plakate in der Stadt verteilt, die die Position des breiten Bürgerbündnisses deutlich ausdrücken. „Görlitz sagt NEIN! zur NPD“ wird es dann an 200 Orten der Stadt zu lesen sein.
Sicher, die NPD sei keine verbotene Partei, so der Vorsitzende der Initiative Joachim Rudolph. „Aber die Plakate spiegeln eine Grundhaltung wieder, die den Frieden stören und das bürgerliche Miteinander. Diese Parolen sind stark europafeindlich!“
Wo nicht widerrechtlicher Widerstand möglich ist, müsse daher auch gehandelt werden.
Viele Hände helfen
Initiiert wurde die Aktion vom Vorsitzenden des „Aktionskreises für Görlitz e.V.“, Joachim Rudolph, vom Görlitzer Kulturbürgermeister und Reinhold Meier und dem Geschäftsführer der Druckerei „Maxroi“.
Die Druckerei hat das Layout und den Druck der Plakate der Initiative finanziert. Spontane Unterstützung kam sogar von Bürgern und Bürgerinnen aus Bautzen, sie wollen beim Aufhängen helfen. Denn allein dafür würden rund 1000 Euro Spendengelder benötigt werden.
Die spontane Bürgerinitiative stößt auf breite Resonanz. Joachim Rudolph, ist vom Zuspruch begeistert: „Das ist eine überparteiliche, überkonfessionelle Initiative Görlitzer Bürger jeden Alters.“ Eine Absprache mit Politikern gab es nicht, die Aktion sei völlig unabhängig und spontan. Es sei Rudolph auch wichtig, dass es sich um einen „Aufstand der wachsamen Bevölkerung“ handelt.
Auch dem polnischen Bürgermeister wurden die Plakate gezeigt, das polnische Fernsehen berichtete positiv darüber.
Görlitzer gegen Rechts
Schon im Frühjahr 2009 gab es in Görlitz die Aktion „Görlitzer zeigen Gesicht gegen Rechts“, wobei sich Bürger und Bürgerinnen mit Foto und Anschrift in der Zeitung abdrucken ließen, um so zu zeigen, dass sie sich von Nazis nicht einschüchtern lassen.
Auch sonst gab es immer schon Meinungsäußerungen zum Problem Rechtsextremismus in Görlitz, aber in einer Breite wie die jetzige Aktion sei noch nichts vorher dagewesen.
Rudolph sieht das auch als eindeutiges Zeichen. „Die Rechtsextremen sollen merken, dass sie den Bogen überspannt haben“. Seine Prognose lautet: „Wenn einem der Boden unter den Füßen zu heiß wird, verzieht man sich.“
Leider ist aus Erfahrung bekannt, dass Rechtsextreme ihre Einstellungen selten barfuss umhertragen, zu heiß wird ihnen daher nicht so schnell. Bis es soweit ist, bleibt ein andauernder, konsequenter Widerstand der Stadt nötig. Doch gewiss ist: die plötzliche Gegenaktion hat immerhin ein Loch in die dicken, braunen Schuhsohlen gebrannt.