Weser-Stadion: antifaschistische Werder-Ultras
Infamous Youth

Stadionverbote bei Werder Bremen gegen "rechtsorientierte" Borussia-Dortmund-Fans: die Hintergründe

Rückrundenauftakt der Fußball-Bundesliga: Der SV Werder Bremen verhängt mehrere Stadionverbote gegen Anhänger von Borussia Dortmund. Welche Ereignisse haben dazu geführt? Auf welcher Grundlage wurden die Verbote erlassen?

Von Sebastian Schmelzer

Fußball-Bundesligist Werder Bremen erlässt für sein Rückrundenauftaktspiel der Fußball-Bundesliga gegen Borussia Dortmund ein örtliches Stadionverbot gegen acht Anhänger des Deutschen Meisters. Möglich macht dies eine Änderung in der Stadionordnung für das Weser-Stadion, die mit Beginn der laufenden Bundesligasaison in Kraft trat.

Danach kann Personen der Zutritt verweigert werden, wenn erkennbar ist, dass diese rassistisches Gedankengut verbreiten oder verfolgen. Im konkreten Fall der Dortmunder Anhänger greift diese Regelung schon im Vorfeld des Spiels, nachdem Sicherheitsbehörden eine Anzahl von "rechtsorientierten" Personen aus der Dortmunder Anhängerschaft bekannt geworden war. Diese sind laut Polizeiinformationen schon bei mehreren Auswärtsspielen in der aktuellen Saison durch rechtsmotivierte Straftaten aufgefallen. Gegen eine der Personen liegt bereits ein bundesweites Stadionverbot vor und gegen acht weitere Anhänger wurde schon von Dortmunder Seite ein örtliches Verbot verhängt.

Einigkeit in Bremen

Im örtlichen Ausschuss für Sport und Sicherheit (ÖASS), der unter der Leitung des Bremer Innen- und Sportsenators Ulrich Mäurer gemeinsam mit Werder Bremen, dem Bremer Fußball-Verband sowie der Polizei über Sicherheitsmaßnahmen anlässlich dieses Spiels beraten hat, bestand Einigkeit: "Wer rassistisches oder rechtes Gedankengut verbreitet oder sich mit den Vorhaben von solchen Gruppierungen identifiziert, hat in einem Stadion nichts zu suchen. Für solche Menschen kann es daher im Bremer Weser-Stadion nur die 'rote Karte' geben. Ich begrüße daher das entschlossene Vorgehen von Werder Bremen und die gute Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden", so Mäurer.

Dass der Verein bereits im Vorfeld tätig wurde, hat auch damit zu tun, dass bei Spielen der beiden Mannschaften in jüngster Vergangenheit mehrfach Transparente gezeigt wurden, die eindeutig rechtsextreme und homophobe Botschaften transportierten. Zum Auftakt der Saison 2012/13 wurde in einem Block des Dortmunder Stadions ein Transparent mit der Aufschrift "Solidarität mit dem NWDO" (Nationaler Widerstand Dortmund) enthüllt. Der NWDO ist eine rechtsextremistische Vereinigung, die einige Tage zuvor vom Innenministerium Nordrhein-Westfalens verboten worden war.

Homophobe Banner

Ein weiterer Vorfall bei Spielen der beiden Vereine ereignete sich im März 2012, als Dortmunder Fans Transparente mit der Aufschrift "Lieber 'ne Gruppe in der Kritik als Lutschertum und Homofick" enthüllten. Die Mehrheit der Dortmunder Fans verurteilte die homophoben Banner, die Verantwortlichen für die  Transparente wurden vom Verein mit einem dreijährigen Stadionverbot belegt.

Bremen: die alte Ostkurve (quelle: Worum.org)Bremen: die alte Ostkurve (Quelle: Worum.org)

Laut Ronny Blaschke hatten die Transparente ebenfalls eine Vorgeschichte: "Die Bremer Ultra-Gruppen 'Racaille Verte' und 'Infamous Youth' engagieren sich gegen Diskriminierungen. Vor diesem Hintergrund haben sie mehrfach die Dortmunder Ultra-Gruppen 'Desperados '99' und 'The Unity' kritisiert, die nicht als rechtsextrem gelten, sich aber auch nicht eindeutig von Neonazis distanzieren." Hierzu zählt auch die Verharmlosung des Ostkurven-Überfalls im Jahr 2007 durch Teile der Dortmunder Ultra-Gruppierungen sowie das Auftreten einiger Anhänger während des Auswärtsspiels der zweiten Mannschaft bei Rot-Weiß Erfurt am 1. September 2012. Hier fielen mehrere Personen durch rechtsextreme Aktionen auf. Unter anderem wurden schwarz-weiß-rote Fahnen gezeigt.

Ende Dezember 2012 veröffentlichte Borussia Dortmund eine Erklärung zum Vorgehen gegen rechtsextremistische Tendenzen im Umfeld des Vereins. In dieser informiert der BVB, wie und in welcher Form er gegen Rechtsextremismus vorgeht: Der Verantwortliche der NWDO-Plakataktion wurde mit einem bundesweiten Stadionverbot belegt. Nach den Vorkommnissen von Erfurt hat der BVB örtliche Stadionverbote gegenüber acht Personen ausgesprochen. "Gemäß der uns vorliegenden Informationen, handelt es sich exakt um die Personen, die in Erfurt auffällig geworden sind", sagte Werder-Fanbetreuer Till Schüssler nun gegenüber Fussball-gegen-Nazis.de über die acht Personen, die jetzt in Bremen nicht ins Stadion dürfen.

"Sport als verbindendes Element"

Seit Langem betrachten Nazis die Dortmunder Südtribüne wieder als Rekrutierungs- und Agitationsfeld (Fussball-gegen-Nazis.de berichtete), nachdem schon bis in die 90er Jahre hinein die rechtsextreme "Borussenfront" dort das Sagen hatte. Doch auch andere Vereine sind vor rechtsextremen Fans oder Mitgliedern natürlich nicht gefeit und leider bedarf es oft erst einer größeren medialen Aufmerksamkeit, bevor Vereine sich klar positionieren und auch dementsprechend handeln. In der Vereinssatzung von Werder Bremen heißt es inzwischen: "Der Verein fördert die Funktion des Sports als verbindendes Element zwischen Nationalitäten, Kulturen, Religionen und sozialen Schichten. Er bietet Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Hautfarbe, Herkunft, Glauben, sozialer Stellung oder sexueller Identität eine sportliche Heimat." Auf dieser Grundlage wurde im Jahr 2011 der NPD-Funktionär Jens Pühse vom Verein ausgeschlossen. Dieser klagte gegen den Ausschluss. Doch das Landgericht Bremen hält den Rauswurf für rechtmäßig, er sei mit der Vereinsfreiheit zu rechtfertigen.

"Es ist eines der großen Ziele von Werder Bremen, Gewalt sowie rassistisches und extremistisches Gedankengut aus unserem Stadion zu verbannen", sagte Werders Präsident Klaus-Dieter Fischer. Wie der Ausschluss des NPD-Manns Pühse dient auch das Stadionverbot gegen die acht BVB-Fans diesem Ziel.

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