Für die mittlerweile aufgelösten Aachen Ultras ist die Vereinsführung auf dem rechten Auge blind.
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Mit PFiFF zu mehr Dialog und gegen Rechts im deutschen Fußball?

Auf dem Berliner Fankongress im Januar 2014 kündigt DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig ein neues Projekt zur Förderung der Fußball- und Fankultur im deutschen Fußball an. In Kooperation mit der Neonazi-Aussteigerorganisation EXIT-Deutschland soll die aktive Fanarbeit der Vereine unterstützt werden. Für das Programm, das vor allem auch Projekte gegen Rechtsextremismus fördern soll, stehen in den nächsten 3 Jahren insgesamt 1,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Von Jakob Rödl

Das Verhältnis zwischen DFB, DFL und (zumindest großen Teilen) der Fanszenen ist seit geraumer Zeit angespannt. Die beeindruckende Aktion "12:12" im Rahmen derer zahlreiche Fanszenen bundesligaweit Ende 2012 für die ersten 12 Minuten und 12 Sekunden einer Begegnung per Stimmungsboykott eine gespenstische Atmosphäre in den Stadien schufen und so gegen das neue Sicherheitskonzept der DFL protestierten, machte dies deutlich.

Ein Pool für innovative Fußballkultur

Nun will die DFL einen Schritt auf die Fans zugehen. Mit PFiFF, dem "Pool zur Förderung innovativer Fußball- und Fankultur" sollen Projekte gefördert werden, die zu "Prävention und Sicherheit rund um Fußball beitragen". Weiter heißt es von Seiten der DFL: "Zum Beispiel Dialog-Foren zwischen Fans, Polizei und Klubs. Eine positive Fankultur und die Selbstregulierung der Fanszenen sollen unterstützt werden. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Verhältnis Fans und Polizei". Gerade letzteres dürfte eine äußerst schwierige Aufgabe werden. Die Polizei ist in vielen Fällen zum klassischen Feindbild der Stadiongänger*innen geworden. Mit unverhältnismäßigen Einsätzen, wie etwa der Stürmung des Schalke-Blocks beim Champions League-Spiel gegen Saloniki am 21. August 2013, trägt die Polizei auch immer wieder zur Eskalation bei.

Hauptfokus soll die Bekämpfung des Rechtsextremismus sein

Der Hauptfokus von PFiFF liegt aber auf der Bekämpfung des Rechtsextremismus rund um den Fußball. Auch dies ist bitter nötig. In Braunschweig und Aachen wurden anti-rassistische Ultras von rechtsextremen Fans quasi aus dem Stadion vertrieben. Die spannende Frage in diesen Fällen wird sein, wie man hier die Vereinsführungen in die Anti-Rechtsextremismus-Arbeit einbinden kann. Hatten sie in Braunschweig und Aachen die anti-rassistischen Ultras doch als "Nestbeschmutzer*innen" angesehen, anstatt sie gegen die Rechtsextremen zu unterstützen.

Inhaltliche Unterstützung beim Kampf gegen Rechts holt sich die DFL beim Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Potsdam und bei der Aussteiger-Organisation EXIT-Deutschland. EXIT soll sich inhaltlich mit den geförderten Projekten beschäftigen. Außerdem hat die Organisation bereits Erfahrungen mit Aussteiger*innen aus rechtsextremen Fanszenen. Wenn sich durch die geförderten Projekte neue Ausstiege aus der rechtsextremen Szene ergeben, würden diese über die eigenen Mechanismen der EXIT-Ausstiegsarbeit umgesetzt.

EXIT: Fußball ist wichtiger rechtsextremer Erbauungsraum

Laut EXIT-Geschäftsführer Bernd Wagner spielt der Fußball eine wichtige Rolle für die rechtsextreme Szene: "Der Aktion- und Erlebnisraum Fußball besitzt seit den 1970er Jahren eine elementare Rolle zur Reproduktion der rechtsradikalen Bewegung, insbesondere ihrer militanten Gruppen und Netzwerke". So diene der Fußball den Rechtsextremen als "Erbauungsraum", Raum für ideologische Werbung und auch als Trainingsraum für Militanz. Außerdem stelle "der Aktionsraum Fußball ein politisches Aktionsfeld gegen das demokratische Establishment dar". Überall, wo „Autonome Nationalist*innen“ oder „Freie Kräfte“ stark sind und Fußballklubs bestehen, sei das Problem vorhanden.

Null-Toleranz-Linie gegen Rechtsextreme im Stadion?

Wagner spricht sich für eine Null-Toleranz-Linie der Klubs gegen Rechtsextreme in Stadien aus. Keineswegs sei der Kampf gegen Rechtsextreme beim Fußball nur ein Fall für Sozialarbeiter*innen "als eierlegende Wollmilchsäue". Für den EXIT-Geschäftsführer bedürfte es eines Konzepts, dass Repression durch Polizei und Justiz mit Maßnahmen zur Deradikalisierung verbindet, was es bisher aber noch nicht gäbe. Generell, so Wagner, müssten alle Akteur*innen an ihrer eigenen Moral arbeiten und Gegennarrative geschaffen werden. Auch die Fanszenen müssten an ihrer eigenen Kultur arbeiten: "Außerrechtliches 'Fantum' kann es nicht geben", sagt der ehemalige Kriminalist Wagner in Bezug auf die Pyrotechnik-Debatte.

Das PFiFF-Projekt kann sicherlich ein positives Zeichen setzen. Immerhin scheint die DFL das Problem rechtsextremer Umtriebe in diversen Fankurven erkannt zu haben. Auch die Förderung von Fan-Projekten, quasi die Arbeit "von unten", ist sinnvoll, birgt sie doch mehr Potential als das Verlesen von Anti-Rassismus-Erklärungen durch Mannschafts-Kapitäne vor dem Anstoß oder andere nette PR-Aktionen. Ob es tatsächlich zum echten Dialog zwischen Fans, Klubs und gar der Polizei kommt, bleibt abzuwarten. Wünschenswert wäre es.

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