Auch der jüdische Fußballverein TuS Makkabi Berlin ist häufigen antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt. Mit diesem Banner protestierte die Mannschaft schon 2008 dagegen.
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Köln und Berlin: Fußballer angegriffen, weil sie in jüdischen Vereinen spielen

Der jüdische Verein TuS Makkabi Köln war nach dem Kreisliga-Spiel gegen den ESV Olympia Köln III antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt. Nun wird eine schnelle Reaktion des mittelrheinischen Fußballverbands erhofft. Der Vorfall ereignete sich nur eine Woche nach einem ähnlichen Geschehen in Berlin, bei dem ebenfalls Makkabi-Fußballer beleidigt und angegriffen wurden.

Von Frederik Schindler

"Scheiß Juden" und "Free Palestine" - diese Rufe schallten den Spielern der Herrenfußballmannschaft des jüdischen Sportvereins TuS Makkabi Köln nach einem Spiel in der Kreisliga D am vorgestrigen Sonntag entgegen. Gerufen wurden sie von Spielern der gegnerischen dritten Herrenmannschaft des ESV Olympia Köln, die nach Abpfiff auf die Makkabi-Spieler zuliefen und nur durch andere Olympia-Spieler und -Funktionäre zurückgehalten wurden. Heimische Olympia-Fans heizten die Stimmung zusätzlich an. "Vier gegnerische Spieler waren richtig aggressiv und hätten körperliche Gewalt angewendet, wenn sie nicht gestoppt worden wären", berichtet der Vereinsvorsitzende Wolfgang Krymalowski im Gespräch mit Fussball-gegen-nazis.de. Der Schiedsrichter verwies das Olympia-Team zum Schutz der unter anderem aus Juden, Muslimen und Christen bestehenden Makkabi-Mannschaft in die Kabine. "Wir haben all unser Herzblut in diesen Verein gesteckt mit der Botschaft, dass Fußball verbindet und Politik sowie Fremdenfeindlichkeit auf dem Platz nichts zu suchen haben", erklärte der Verein in einer ersten Stellungnahme. "Mit Entsetzen haben wir heute diesen bitteren Rückschlag für den Kölner und auch für den deutschen Fußball erlebt." Der Olympia-Trainer weist die Vorwürfe allerdings zurück, laut der Jüdischen Allgemeinen behauptet er auf Facebook: "Es ist nie eine solche Beschimpfung gefallen, und das schwöre ich bei Gott!"

Fall geht voraussichtlich vor das Sportgericht
Mittlerweile wurde der Vorfall beim Fußball-Verband Mittelrhein gemeldet, der in dieser Woche über das weitere Vorgehen entscheidet. Da Augenzeugen die Darstellung von Makkabi bestätigen, wird der Fall wohl vor ein Sportgericht gehen und es ist nicht unwahrscheinlich, dass es zu einer Verhandlung kommt. "Es geht uns nicht darum, dem gegnerischen Verein Punkte abzuerkennen, wir wollen solche Situationen lediglich von Beginn an im Keim ersticken, dass so etwas nie wieder passiert", so der Makkabi-Vorsitzende weiter. "Olympia hat das Spiel gewonnen und kann seine Punkte gerne behalten. Wir haben allerdings keine Lust, dass wir unsere Spiele demnächst unter Polizeischutz antreten müssen und erwarten deshalb jetzt ein klares Signal gegen Antisemitismus. Mit dieser Heftigkeit ist uns so etwas noch nicht passiert."

Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck forderte den Fußballverband auf, "für ein Klima zu sorgen, in dem jegliche menschenfeindliche Äußerung sofort geächtet und sanktioniert wird". Er bezeichnete die antisemitischen Anfeindungen gegen die Makkabi-Sportler in einer Pressemitteilung als "Angriff auf die Menschenwürde und die Freiheit unserer gesamten Gesellschaft" und forderte mehr Engagement gegen Antisemitismus, damit "Jüdinnen und Juden ohne Anfeindungen oder Bedrohungen ihren Hobbys nachgehen können". Die Synagogen-Gemeinde Köln, eine der größten jüdischen Gemeinden Deutschlands, schloss sich der Forderung an, "mit aller Härte und den entsprechenden juristischen Möglichkeiten gegen die Verursacher dieser antisemitischen Äußerungen des ESV Olympia Köln vorzugehen und die Spieler zu bestrafen".

Antisemitische Angriffe auf Fußballer bundesweit dokumentiert

Das Ereignis reiht sich in eine Reihe antisemitischer Vorkommnisse gegenüber jüdischen Sportlern ein. So hat die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus vor wenigen Wochen mehrere Vorfälle mit antisemitischem Motiv während der European Maccabi Games 2015 in Berlin bekannt gemacht. Noch kürzer zurück liegt ein Vorfall bei der Fußballabteilung des TuS Makkabi Berlin. Die dritte Herrenmannschaft spielte am 30. August gegen den BFC Meteor 06 III und wurde während dem gesamten Spiel antisemitisch angepöbelt. Die Situation eskalierte in der zweiten Halbzeit, als ein Makkabi-Fan als "Drecksjude" beleidigt und mit Tritten und Schlägen angegriffen wurde. Der Schiedsrichter brach die Partie ab, als der angreifende Meteor-Spieler den Zuschauer mit einer Eckfahne schlagen wollte und dadurch einen Tumult auslöste. Nur mit Polizeischutz konnte die Amateurmannschaft anschließend ihren Spielplatz verlassen. Der entsprechende Spieler wurde mit einer Vorsperre belegt und von seinem Verein ausgeschlossen, der Fußballverband sperrte zudem das Meteor-Team bis zur Sportgerichtsverhandlung am 18. September. Es bleibt zu hoffen, dass solche schnellen Reaktionen den unerträglichen Zustand einschränken können, dass Spieler bis in die untersten Spielklassen angegriffen werden - aus dem einzigen Grund, dass sie Juden sind oder für einen jüdischen Verein spielen.

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