Der italienische Fußballverein Sampedoria trug die letzten Jahre zu den FARE Aktionswochen eine klare Botschaft auf dem Trikot: "Stop Racism".
FARE

"Jede Aktion gegen Ausgrenzung ist ein Gewinn für den Fußball"

Jedes Jahr im Oktober veranstaltet die Fanorganisation "Football Against Racism in Europe" (Fare) Aktionswochen, bei denen dieses Jahr europaweit 2000 Veranstaltungen stattfinden werden, bei denen das Thema Flüchtlinge im Mittelpunkt steht. Wir haben mit den Organisator*innen über Fankultur in Europa, #footballpeople und die Ziele der Aktionswochen gesprochen.

Von Laura Piotrowski

Was sind die Fare Aktionswochen? In wie vielen Ländern finden diese statt?

Die Football People Action Weeks wurden zum ersten Mal im Jahr 2001 als eine eher kleine Serie antidiskriminierender Aktionen in neun Ländern veranstaltet und ist bis heute zur größten Antidiskriminierungskampagne der Welt mit über 2000 Aktivitäten in 59 Ländern angewachsen. Fare ist dank der Action Weeks inzwischen auch in Ländern außerhalb Europas aktiv und arbeitet mit Aktivisten in den Vereinigten Staaten, Südafrika, St. Lucia und Brasilien.

Die Football People Aktionswochen sind eine dezentrale Veranstaltungsreihe, an der jede*r teilhaben kann. Wer sich an den Aktionswochen beteiligen möchte, egal ob Einzelperson, Fanclub, Freizeitteam, NGO oder Ultra-Gruppe, kann dies tun. Aktivitäten können auf unserer Website registriert werden. Fare erstellt aus allen registrierten Aktivitäten eine Landkarte. Die Landkarte und Liste der Aktionen wird auf unserer Homepage zu Beginn der Aktionswochen veröffentlicht.

Warum macht Ihr die Fare Aktionswochen?

Ziel der Fare Aktionswochen ist es, dass alle die sich dem Fußball verbunden fühlen, Fans, Vereine, Verbände, Aktivisten, Menschen die von Ausgrenzung betroffen sind, gemeinsam ein Zeichen gegen Diskriminierung und für mehr Vielfalt setzen. Jeder ist eingeladen sich zu beteiligen und Teil der Europaweiten Aktionswochen zu werden.

Die Fare Aktionswochen sind ein wichtiger Teil der Antidiskriminierungsarbeit von Fare. In den #footballpeople action weeks erreichen wir Menschen überall auf der Welt und bekommen Unterstützung von hunderten Gruppen und Vereinen aus dutzenden Ländern. Das Besondere an den Aktionswochen ist, dass jede*r teilnehmen und sich auf verschiedenste Weisen beteiligen kann. Wir geben nichts vor, stellen keine Bedingungen an Größe und Ausführung oder Themen. Natürlich sollte sich alles im Feld Antidiskriminierung bewegen.

Weiterhin ist es für uns sehr wichtig, dass wir auch kleineren Gruppen und Personen ohne Zugang zu großen finanziellen Mitteln eine Teilnahme ermöglichen und ihnen Handlungsfreiheit schaffen können. Daher vergeben wir jährlich Fördermittel, die sogenannten “Grants”.

Am 09.09. war Antragsfrist für Förderanträge – wie viele Projekte und Aktionen könnt Ihr fördern? Und aus welchen Mitteln?

Wir versuchen so viele Aktionen wie möglich zu fördern und möglichst viele Gruppen zu unterstützen. Ein besonderer Fokus für die Vergabe unserer Fördermittel liegt, wie bereits zuvor angedeutet, auf der Unterstützung von Gruppen und anderen Akteuren, die keine weiteren Fördermöglichkeiten besitzen und die geplanten Aktionen ohne unsere Unterstützung wohl nicht durchführen könnten. Weiterhin versuchen wir eine möglichst flächendeckende Verteilung der Fördermittel über den gesamten Kontinent vorzunehmen und die action weeks somit zu einer heterogenen Veranstaltungsreihe werden zu lassen.

Unserer Meinung nach ist es vorteilhafter, viele verschiedene Veranstaltungen, die über ganz Europa verteilt stattfinden, als einige wenige zentrale Events zu fördern. Daher werden wir in diesem Jahr mehr als 250 Aktionen in über 40 Ländern finanziell unterstützen, sodass auch in diesem Jahr beinahe der gesamte Kontinent seine Stimme gegen Diskriminierung erheben wird.

Was schätzt Du, wie viele Aktionen dieses Jahr bei den FARE Aktionswochen stattfinden?

In diesem Jahr werden insgesamt etwa 2000 Veranstaltungen unter dem Label #footballpeople Aktionswochen stattfinden. Möglicherweise mehr.  Es ist uns jedoch nicht möglich alle Aktionen zu erfassen, da Aktionswochen davon leben und nur dadurch wachsen, dass jede*r mitmachen kann ohne sich anzumelden. Das ist auch gewollt. Ziel ist es, in ganz Europa gemeinsam ein Zeichen zu setzen uns aktiv zu werden.  Jede Aktion gegen Ausgrenzung und für Vielfältigkeit ist ein Gewinn für den Fußball.

Wo seht ihr Defizite in der aktuellen Fußballfankultur, was sollte verbessert werden? Und worauf seid ihr aktuell besonders stolz?

Es gibt leider noch immer zu viele diskriminierende Vorfälle im europäischen Fußball. Viele Menschen haben noch immer rassistische Ressentiments oder handeln homophob, sexistisch oder auf andere Art und Weise diskriminierend. Dies wird momentan wieder in der Diskussion um die Zuwanderung von Flüchtlingen in der Europäischen Union deutlich. Wenn Fanszenen sich durch humanitäre Spenden „genötigt sehen“ ein Spiel ihres Vereines zu boykottieren, wie es in Polen geschah, ist noch eine Menge Arbeit zu leisten.

Natürlich gibt es auch viele positive Signale, es werden immer mehr Mannschaften für Flüchtlinge gegründet, Fans zeigen ihre Solidarität durch Choreografien und Spruchbänder, engagieren sich ehrenamtlich, sammeln und verteilen Spenden oder spielen Fußball mit Geflüchteten. Das stimmt uns auf jeden Fall positiv für die Zukunft.

Wie gestaltet sich Eure Kooperation mit dem europäischen Fußballverband UEFA, seid Ihr für diesen ein Feigenblatt oder habt Ihr echte Mitspracherechte? Wie sieht das mit der FIFA aus?

Fare ist Kooperationspartner der UEFA für Themen rund um Diskriminierung und soziale Inklusion. Wir sind davon überzeugt, dass Probleme von Ausgrenzung und Diskriminierung auch top-down angegangen werden müssen und dass mit Kooperation mehr zu erreichen ist als ohne. Es bedarf vieler Lösungsansätze, um Rassismus und andere Formen der Diskriminierung zu bekämpfen. Die Arbeit mit Verbänden ist einer davon. Die Institutionen müssen genauso in die Pflicht genommen werden und benötigen dabei oft Unterstützung, weil sie keine Expertise in dem Feld haben oder sich der Probleme nicht bewusst sind.

Fare wird Beobachter zu FIFA WM Qualifikationsspielen schicken. Darüber hinaus besteht derzeit jedoch keine Zusammenarbeit.

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