Trransparent im Stadion an der Alten Försterei, 1.2.2013
Ian Stenhouse/No Dice Magazine

Eine Frage der Haltung: Homophobie bei Union-Fans?

Ein Transparent trübte am Freitagabend bei so manchem Anhänger des 1. FC Union Berlin die Freude über den 3:1-Heimsieg gegen Sandhausen und die lang ersehnte Einweihung der neuen Haupttribüne. Ein Transparent mit der Aufschrift "Herthatreff am Knabenstrich - alte Liebe rostet nicht!", das auf der Waldseite des Stadions an der Alten Försterei gezeigt wurde, begleitet von dem Schmähgesang "Eure Mütter steh'n am Bahnhof Zoo".

Von Stefanie Barthold, Aktion Libero

Die Botschaft, initiiert von Union-Fans, richtete sich – wen wundert's? – an den ungeliebten Nachbarn Hertha BSC. Zum Hintergrund: Am 11. Februar steigt das Zweitligaderby im Olympiastadion und Fangruppen beider Vereine haben sich etwas ausgedacht. Vor dem Spiel wollen sie sich im Westen der Stadt treffen – die Union-Fans am Breitscheidplatz, die Hertha-Anhänger ein paar Meter weiter am Bahnhof Zoo. Mit entsprechenden Flyern wiesen sie in den vergangenen Tagen darauf hin. Rivalität, Reviermarkierung, legitim und harmlos. Das Banner im Union-Block hingegen ging einen Schritt weiter. Durch die Verbindung zum "Knabenstrich" – einem so bezeichneten Bereich hinter dem Bahnhof Zoo, der zugleich eben geplanter Treffpunkt der Hertha-Fans ist – wurde auf herabwürdigende Weise ein Bezug zu Homosexualität hergestellt. Mit einfacheren Worten: Hertha-Fans = schwul = minderwertig. Hinzu kommt der angedeutete Zusammenhang zu Pädophilie.

"Konkurrenzkampf ja, Entgleisungen nein"

Bei Twitter und Facebook wird seit Freitagabend über den Vorfall diskutiert, Fotos des Spruchbandes werden geteilt, der Tenor der Reaktionen ist nicht immer eindeutig. "Giftiger Konkurrenzkampf ja, verbale Entgleisungen nein", sagen die meisten, doch unabhängig von den Vereinsfarben gibt es auch zahlreiche andere Stimmen: "Stellt euch mal nicht so an, das gehört doch dazu", lautet deren Meinung. Es sollte aber eben nicht dazugehören. Der Text auf dem Banner war nicht Ausdruck einer gesunden Fanrivalität, sondern schlicht homophob.

Natürlich ging die Aktion wie in den meisten solcher Fälle nicht von der gesamten Fanszene aus, sondern von einer einzelnen Gruppe, doch ändert das nichts daran, dass Vorfälle wie dieser – solange sie unkommentiert bleiben – auf das Image des ganzen Vereins und seiner Fans zurückfallen. Umso wichtiger wäre es, dass sich die Klubführung der "Eisernen" klar zu den Geschehnissen äußert und damit eine unmissverständliche Haltung zeigt. Die Aktion als Fehltritt einiger weniger Fans zu entschuldigen und unter den Teppich zu kehren, wäre fahrlässig und kontraproduktiv im Kampf gegen Homophobie. Zudem müsste sich Union Berlin die Frage gefallen lassen, was die Gründe dafür sind, einem so deutlich diskriminierenden Vorfall im eigenen Stadion mit Ignoranz zu begegnen. Denn: Sich selbst stets als toleranter, sozial engagierter Klub mit engem Bezug zu seinen Fans zu positionieren und zugleich bei einem ganz konkreten Anlass wie dem aktuellen zu schweigen, das passt nicht zusammen.

"Aktion Libero" hat den 1. FC Union Berlin um eine Stellungnahme gebeten. Auch bei Facebook wurde der Verein verschiedentlich darauf aufmerksam gemacht.

Update (4. Februar 2013): Union Berlin hat die "Aktion Libero" zu einem Gespräch eingeladen.

Artikelübernahme von Aktion Libero (3.2.2013)

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