Wenn rassistischer Hass auf Flüchtlinge so tief sinkt, dass man - zumindest angeblich - Nachbars Mülltonne durchforstet. Und dabei abgelaufenes Brot findet, und es auf Facebook stellt. Und jetzt gucken Sie mal, wie viele diese billige Hetze geteilt haben.
Screenshot Facebook

Leser_innen-Fundstück: Wann haben Sie das letzte Mal in Nachbars Mülltonne gewühlt?

Täglich beobachten Sie, liebe Leserinnen und Leser, Rechtsextremismus, Rassismus und andere gruppenbezogene Menschenfeindlichkeiten - im Internet und in der realen Welt. Wir werden zukünftig einige Fundstücke in unregelmäßiger Folge mit kurzen Kommentaren veröffentlichen. Heute: Wie kalt Rassismus gegen Flüchtlinge im Internet ist, illustriert ein Posting von Wolfgang D., das aus dem obigen Foto nebst Kommentar besteht.

Dieses Foto, dass Sie oben sehen, hat Wolfgang D. auf Facebook gepostet. Es zeigt: Verpacktes Brot auf einer Mülltonne. Wolfgang D., auf dem Profilbild mit Westerngitarre, Cowboyoutfit, schreibt:

"Das ist der Wahnsinn VOR dem Wahnsinn. Habe ich gerade (27.05.15 - 14:10) beim Nachbarn aus der Mülltonne geholt. Diese Ware ist original verschlossen und ist gespendete Ware. Ihr braucht nicht fragen ob mein Nachbar Asylant ist. Ja ist er und er wird von der CARITAS unterstützt."

Lasse man sich das einmal auf der Zunge zergehen. Herr D. hasst offenbar seinen Nachbarn, den er als "Asylant" abwertet, so sehr, dass er dessen Mülltonne nach "belastendem" Material durchforstet (wobei er das Ganze natürlich auch schlicht selbst drapiert haben könnte). Dann wird er "fündig": er findet Brot. Brot, dass, wie auf den Umverpackungen leicht zu erkennen ist, bereits seit einer Woche das Haltbarkeitsdatum überschritten hat. Dieses Brot neidet er also seinem Nachbarn. So sehr, dass er es

1) fotografiert

2) mit Datum und Uhrzeit versehen

3) auf Facebook einstellt

4) dazu Behauptungen aufstellt, die mit nichts zu belegen sind ("gespendet", "Caritas" - er hat ja wohl kaum seinen Nachbarn gefragt).

Kleinlicher, kleingeistiger, beschämender, kälter, rassistischer geht es kaum.

Was noch trauriger ist?

Das Foto wurde von

25.783 Personen

geteilt (Zeitpunkt des Artikelschreibens, 04.06.2015, 13:06 Uhr, um mal Herrn D. zu imitieren).

25.783 Muttis mit Katzenprofilbildern, normal wirkenden Opas, Päärchen mit Kuss-Profifotos, muskulösen jungen Männern, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, sie sehen aus wie ein Abbild einer Gesellschaft.

Sie scheuen sich nicht, ihren Sozialneid, ihren Rassismus, ihren Hass zu illustrieren durch das Teilen ein solches Foto, garniert mit kotzenden Smileys, Kommentaren wie "Boa... da krieg ich nen Hals", "Typisch Asylant", nach unten zeigenden "Facebook"-Daumen, "Genau so sieht es hier in unserem Land mit den Zuwanderen aus, bekommen hier auh noh Hilfe. Andere Menshen müssen hungern in unserem Land. Es ist eine Shande was hier abgeht." "Wir habens ja.kommt doch immer wieder Neues,ohne was zu tun.", "Warscheinlich alles vom Schwein. - Muuhhaaaaaa", "Hab diesen Beweis auch geteilt,sollte man auf dem RotGrünen Teppich hinleeren !!!!"

Sie sind nicht Willens, vielleicht auch nicht in der Lage, zu erkennen, dass sie hier auf billigste, durch nichts belegte Propaganda hereinfallen, von einem deutlich rassistischen und rechtspopulistischen Profil verteilt und durch nichts "verifiziert" als durch ein vorgebliches Datum und eine Uhrzeit und die Behauptung, man sei ein "Nachbar". 

Kein Wunder, dass es auch in zahlreichen Pegida-Gruppen gepostet wurde. Es ist wirklich kalt in Deutschland.

 

Ergänzung

Zahlreiche Leser_innen auf Facebook haben diesen Text kommentiert. Versionen dieses Posts sind aus verschiedenen Regionen Deutschlands wie auch aus Österreich bekannt. Das heißt erstens:

  • Das Posting ist wirklich komplett gelogen
  • Es wurde - über die verschiedenen Quellen - von noch viel mehr Menschen geteilt
  • Es ist eine klare Strategie von flüchtlingsfeindlichen Ideolog_innen, solche Postings zum Hetzen immer wieder zu verteilen.

Wenn Sie das Posting in Ihrer Timeline entdecken: Bitte klären Sie die Menschen auf, die solche rassistischen Lügen weiter verbreiten. Danke.

 

Eingesandt über E-Mail.
Kommentiert von Redaktion.

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